Nachhaltigkeitsberichte: ESRS-Standards – ESRS 1 – Wertschöpfungskette und weitere Angaben

PrintMailRate-it

​​​In der heutigen Fortsetzung unserer Artikelserie zu den Europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards erweitern wir das Thema des ersten Querschnittsstandards ESRS 1. 


Radim Botek, Rödl & Partner Prag

Sorgfaltspflicht

Die ESRC-Standards sind mit anderen gesetzlichen Vorschriften eng verknüpft. Ein Beispiel ist die Sorgfaltspflicht, die primär durch UN- und OECD-Richtlinien, jedoch auch durch die neue EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit („CSDDD“) geregelt ist, deren wichtiger Vorläufer das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz („LkSG“) ist. Und es ist die Sorgfaltspflicht, von der zahlreiche, vor allem nach dem ESRS 2 offenlegungspflichtige Angaben ausgehen - zum Beispiel die Einbeziehung der Sorgfaltspflicht in die Unternehmensleitung und -steuerung, die Einbeziehung von Interessengruppen oder die Ergreifung von erforderlichen Maßnahmen.


Wertschöpfungskette  

Neben der doppelten Wesentlichkeit (siehe die letzte Ausgabe unseres Newsletters) gehört zu den wichtigen allgemeinen Themen der ESRS-Standards die Wertschöpfungskette („value chain“, die nicht auf die Lieferkette verengt werden sollte)..In den Nachhaltigkeitsberichten sollten stets alle relevanten und wesentlichen Informationen über Auswirkungen, Risiken und Chancen stehen, die sich nicht nur aus dem eigenen Geschäftsbetrieb, sondern auch aus (direkten und indirekten) Geschäftsbeziehungen innerhalb der Wertschöpfungskette ergeben. Die Wertschöpfungskette besteht de facto aus zwei Bereichen: der vorgelagerten Wertschöpfungskette („upstream“), zu der die Materiallieferanten, Lieferanten von Komponenten und Dienstleister gehören, und der nachgelagerten Wertschöpfungskette („downstream“), zu der Abnehmer, Endverbraucher, jedoch auch Entsorgungsunternehmen zählen.  

Die Wertschöpfungskette ist eines der vielen Themen, durch die sich die nichtfinanzielle Berichterstattung von der uns allen bekannten Jahresabschlüssen unterscheidet, da die Jahresabschlüsse, egal, ob Einzel- oder Konzernabschlüsse, ausschließlich über den Geschäftsbetrieb von Gesellschaften oder Konzernen informieren. 

Der ESRS-Standard soll sicherstellen, dass sich die Nachhaltigkeitsinformationen nicht nur auf die eigene Geschäftstätigkeit beschränken, sondern auch einen breiten Kontext betreffen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass zahlreiche Nachhaltigkeitsrisiken und -auswirkungen, nicht nur umweltbezogene Angaben, bei den außerhalb der EU tätigen Unternehmen drohen und eintreten. 

So kann beispielsweise von Textilimporteuren und -einzelhändlern in Tschechien erwartet werden, dass sie alle Rechte von Arbeitnehmern (einschließlich einer gerechten Vergütung) und Abnehmern beachten und strenge Umweltgrundsätze einhalten.  Im Gegensatz dazu ist das Risiko erheblicher negativer Auswirkungen auf Arbeitnehmer und Umwelt bei einem Textillieferanten/-hersteller, z. B. aus Asien, wesentlich höher. Um die Anforderungen des ESRS E1 zu erfüllen, sind die Angaben über die Wertschöpfungskette von entscheidender Bedeutung - insbesondere bei der Berichterstattung über die Treibhausgasemissionen nach dem Rahmenwerk 3.

In den ersten Jahren wird es sehr kompliziert sein, von Geschäftspartnern - insbesondere von Unternehmen aus dem Drittland und kleinen und mittelgroßen Unternehmen – die für die Nachhaltigkeitsberichte erforderlichen Informationen zu beschaffen. Deshalb bietet der ESRB auch die Möglichkeit, sektorale Durchschnittswerte zu verwenden. Die entscheidende Übergangsbestimmung 10.2 zu Kapitel 5 Wertschöpfungskette führt einen Dreijahreszeitraum ein, für den Folgendes gilt: „In den ersten drei Jahren der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach ESRS, in denen nicht alle erforderlichen Informationen über die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette bekannt sind, ist zu erläutern, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um die erforderlichen Informationen über die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette zu erhalten, aus welchen Gründen es nicht möglich war, alle erforderlichen Informationen zu gewinnen, und welche Pläne das Unternehmen hat, um die erforderlichen Informationen in Zukunft zu erhalten.“ Ab dem vierten Jahr ist die Berichterstattung über die gesamte Wertschöpfungskette schon verpflichtend.

Die Bedeutung dieses Themas spiegelt sich unter anderem in einem der beiden verfügbaren Leitfäden wider, die EFRAG bisher veröffentlicht hat - EFRAG IG 2 Value Chain. Dieser Leitfaden soll offene Punkte über die Wertschöpfungskette verdeutlichen und den Gesellschaften ermöglichen, diese Punkte bei Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten zu berücksichtigen. 

Andere Bestandteile des ESRS 1 decken die folgenden Bereiche ab, die für angemessene Nachhaltigkeitsberichte erforderlich sind: 

Zeithorizonte (Berichtszeitraum)

Die Nachhaltigkeitsberichte sind für das Geschäftsjahr zu erstatten. Die Berichte haben rückwirkende Informationen, Informationen für das aktuellen Geschäftsjahr, jedoch auch zukunftsorientierte Informationen zu enthalten. Die Festlegung eines Bezugszeitraums für zahlreiche berichtspflichtige Informationen wird von entscheidender Bedeutung sein. 

Ein wesentlicher Teil der offenzulegenden Informationen wird drei Zeithorizonte betreffen - kurzfristigen, mittelfristigen (zwei bis fünf Jahre) und langfristigen Zeithorizont (mehr als fünf Jahre). In begründeten Fällen kann von diesen Zeithorizont abgewichen werden, wobei die Abweichungen zu erläutern sind.

Erstellung und Offenlegung der Nachhaltigkeitsthemen  

Nach den ESRB-Standards sind Vergleichsinformationen - nicht nur für quantitative Kennzahlen, sondern auch für Textteile - erforderlich. Eine weitere wichtige Übergangsbestimmung - 10.3 Übergangsvorschrift zu Abschnitt 7.1 Darstellung von Vergleichsinformationen – schreibt vor, dass im ersten Jahr, in dem der Nachhaltigkeitsbericht erstellt wird, keine Vergleichsinformationen erforderlich sind.

Wenn die Informationen in den Nachhaltigkeitsberichten auf Schätzungen - nicht nur ausgewählter Kennzahlen, sondern auch künftiger Ereignisse - beruhen, sind die den Schätzungen zugrunde liegenden Annahmen und die Quellen der Unsicherheit zu erläutern. Des Weiteren ist sicherzustellen, dass die Schätzungen mit den bei Erstellung des Jahresabschlusses ausgeübten Ermessensspielräumen übereinstimmen.

Der ESRS 1 beschreibt in diesem Teil auch eventuelle Änderungen bei Erstellung der Nachhaltigkeitsberichte, Berichtigungen von Fehlern, die (Nicht-)Offenlegung vertraulicher und sensibler Informationen über geistiges Eigentum sowie eine mögliche Konsolidierung von Konzerndaten.   

Aufbau der Nachhaltigkeitserklärung, Verknüpfungen mit anderen Teilen der Unternehmensberichterstattung  

Die Nachhaltigkeitsberichte müssen die in Artikel 8 der EU-Taxonomie erforderlichen Informationen enthalten. Die Berichte sollten in vier Kapitel unterteilt werden - allgemeine Informationen, Umwelt, Soziales, Unternehmenspolitik. Der ESRB erlaubt Querverweise auf andere Berichtsteile oder den Jahresabschluss, jedoch nur, wenn darin die Pflichtangaben enthalten sind.

ESRS 1 enthält zahlreiche nützliche Anlagen, die wir in früheren Artikeln erörtert haben. Dazu gehören Anforderungen an die Informationsqualität, neu eingeführte Pflichtangaben oder ein Musteraufbau für Nachhaltigkeitsberichte.

Im nächsten Artikel werden wir auf den Querschnittsstandard ESRS 2 - Allgemeine Informationen - eingehen, der für die Nachhaltigkeitsberichte ebenso wichtig ist. 


Kontakt

Contact Person Picture

Ing. Radim Botek

Auditor (Tschechische Rep.)

Partner

+420 236 1633 05

Anfrage senden

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu