Ladesäulen zum Aufladen von Elektromobilen – Errichtung von Verkehrsanlagen zum Zwecke der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs

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​​​​​VGH München, Beschl. v. 13. Juli 2018 – 8 CE 18.1071

Ladesäulen zum Aufladen von Elektromobilen auf öffentlichem Straßengrund stellen regelmäßig Verkehrsanlagen dar, die der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dienen, und sind damit Zubehör einer öffentlichen Straße. Die Errichtung solcher öffentlich zugänglicher Ladesäulen als Bestandteile des öffentlichen Straßenkörpers unterfallen damit weder dem Bauordnungs- noch dem Bauplanungsrecht. Einer bauordnungsrechtlichen Genehmigung bedarf es nicht.

 

1. Ausgangssituation

Der Antragsteller ist Eigentümer einer Wohnung im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Er wendet sich mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Errichtung von zwei Ladestationen (sog. Ladesäulen) mit insgesamt vier öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektromobile vor diesem Wohnhaus und gegen die damit einhergehende Nutzung von vier diesen zugeordneten Parkplätzen. Mit Beschluss vom 2. Mai 2018 lehnte das Verwaltungsgericht München diesen Antrag auf Unterlassung der Errichtung ab. Im Wesentlichen vertrat das Gericht die Auffassung, dass Ladepunkte i.S.d. § 2 Nr. 9 und 10 der Verordnung über technische Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektromobile vom 9. März 2016 (BGBl. I S. 457), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 1. Juni 2017 (BGBl. I S. 1520) (Ladesäulenverordnung – LSV), handle es sich um die Errichtung von Zubehör einer öffentlichen Gemeindestraße im Sinn des Art. 2 Nr. 3 BayStrWG. Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof München ein und führte im Wesentlichen aus, dass die Zubehöreigenschaft im Sinne des Art. 2 Nr. 3 BayStrWG zu verneinen sei und es für die Errichtung von Ladesäulen einer baurechtlichen Genehmigung bedürfe.


2. Wesentliche Argumente des Gerichts

Das Gericht vertrat die Auffassung, dass neben dem Straßenkörper (Nr. 1), dem Luftraum über dem Straßenkörper (Nr. 2) und den Nebenanlagen (Nr. 4) auch das Zubehör (Nr. 3) zu den Straßen gem. Art. 2 BayStrWG gehört. Zum Zubehör zählen die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und die Verkehrsanlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung.

 

Die hier streitgegenständlichen, auf öffentlichen Straßengrund zu errichtenden Ladepunkte in Form von zwei Ladesäulen in der Größe herkömmlicher Parkscheinautomaten als Verkehrsanlagen dem Zubehör zuzurechnen sind. Der Zubehörbegriff ist nach Auffassung des Senats weit auszulegen. Erfasst werden dabei Verkehrsanlagen „aller Art”. Es handelt sich demnach um einen Sammelbegriff für Einrichtungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Straße stehen und nicht bereits zum Straßenkörper zählen, weil es sich um weniger massive Eingriffe an der Straße handelt und sie relativ leicht wieder beseitigt werden können. Voraussetzung ist lediglich, dass diese Anlagen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs (oder dem Schutz der Anlieger) dienen. Die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs haben zum Ziel, dass kein Verkehrsteilnehmer gefährdet (Aspekt Sicherheit) oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird (Aspekt der Leichtigkeit). Die Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs beziehen sich dabei nicht nur auf bestimmte Verkehrsarten (etwa nur den Verkehr mit herkömmlichen Kraftfahrzeugen) oder auf bestimmte Verkehrsvorgänge (etwa nur den fließenden Verkehr).


Mithin handelt es sich bei Ladesäulen in der Größenordnung herkömmlicher Parkscheinautomaten um Verkehrsanlagen. Diese stellen Hilfseinrichtungen für Verkehrsteilnehmer dar, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Straße stehen und die der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dienen.


Bei Anwendbarkeit des Art. 2 Nr. 3 BayStrWG stellt sich nicht die Frage nach der Erforderlichkeit bauordnungsrechtlicher Genehmigungen. Denn nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayBO gilt die Bauordnung nicht für Anlagen des öffentlichen Verkehrs sowie ihre Nebenanlagen und Nebenbetriebe.


3. Bedeutung für die Praxis

Der flächendeckende Aufbau eines Ladenetzes ist Voraussetzung und von maßgeblicher Bedeutung für die „Bekämpfung” etwaig bestehender Reichweitenprobleme im Zusammenhang mit der Elektromobilität. Das Urteil des VGH München ist ein weiterer Schritt zu Gunsten der Elektromobilität.

 

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Michael Rogoll

M.Sc. Engineering

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