Das Solarspitzengesetz 2025 – Wichtige Änderungen für Erneuerbare-Energie-Anlagen

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​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 19. Februar 2025


 

 

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes „zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen“ (kurz: Solarspitzengesetz) beginnt voraussichtlich am 1. März 2025 eine neue Ära insbesondere für Betreiber von Photovoltaik und Wind-an-Land-Anlagen in Deutschland. Das Gesetz bringt weitreichende Änderungen mit sich, die darauf abzielen, die Netzstabilität zu erhöhen und temporäre Erzeugungsüberschüsse zu vermeiden.

Die installierte Leistung von PV- und Windenergieanlagen in Deutschland steigt stetig. Ende des Jahres 2024 stieg die installierte Nettoleistung bei PV-Anlagen auf 99,2 GW und bei Windenergieanlagen auf 72,8 GW. Mit dem steigenden Zubau ging in Summe auch eine Erhöhung der Stromerzeugung aus diesen Technologien einher, welche sich durch eine hohe Volatilität und Wetterabhängigkeit in der Stromproduktion auszeichnen.1  Im Kontext des Erneuerbaren-Energien-Ausbaus (EE-Ausbau) wurde zuletzt auch der vermehrte Auftritt von Stunden mit negativen Preisen diskutiert. Für das Jahr 2024 meldete die Bundesnetzagentur 457 Stunden mit negativen Großhandelspreisen.2  Negative Strompreise treten auf, wenn das Stromangebot größer ist als die Stromnachfrage. Anlagenbetreiber müssen in diesen Zeiten für die Stromeinspeisung Geld bezahlen. 

Die Auswertung der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) zeigt, dass die vergangene Zunahme an negativen Preisen insbesondere auch auf die PV-Technologie zurückzuführen ist (vgl. auch Abbildung 1). Eine Ursache für den Auftritt negativer Preise bzw. das Nicht-Abregeln der Anlage zu Zeiten von negativen Preisen liegt in der bisherigen EEG-Förderstruktur begründet. So erhalten nach Analyse der FfE 70,2 GW (75,4 Prozent) der PV-Anlagen und 47,7 GW (66,5 Prozent) der Windenergieanlagen eine Förderung nach dem EEG unabhängig vom Auftritt negativer Preise (Stand: Oktober 2024). Diese Anlagenbetreiber werden nicht oder nur eingeschränkt mit den Preissignalen am Strommarkt konfrontiert und haben folglich keinen bzw. einen geringeren Anreiz ihr Verhalten an die aktuelle Marktsituation anzupassen.3

 

 

 
Abbildung 1: Anteil der PV- und Windstromerzeugung an der öffentlichen Nettostromerzeugung zu Zeiten von negativen Preisen

​Basierend auf der geschilderten Thematik hat der Bundestag am 31. Januar 2025 das sogenannte Solarspitzengesetz verabschiedet, welches das Ziel verfolgt, die Netzstabilität zu erhöhen und temporäre Erzeugungsüberschüsse zu vermeiden. Das Gesetz hat mittlerweile auch den Bundesrat passiert, damit tritt es voraussichtlich zum 1. März 2025 in Kraft.
 

Neuregelungen beim Auftritt von negativen Strompreisen

Ein wichtiger Punkt betrifft die Anpassung der Förderung bei negativen Strompreisen nach dem Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG). Betreiber von neuen EE-Anlagen erhalten keine Vergütung mehr, wenn sie Strom ins Netz einspeisen, während der Strompreis negativ ist. Die Maßnahme soll dazu beitragen, das Netz vor einer Destabilisierung durch überschüssigen Strom zu schützen. Derzeit auf Anlagen mit einer Leistung über 400 kW ​​begrenzt, werden zukünftig auch Anlagen bis zu einer minimalen Leistung von 2 kW erfasst (zwischen 2 und 100 kW allerdings erst dann, wenn ein intelligentes Messsystem installiert ist). Für Anlagen unter 2 kW wird auf eine noch zu erlassende BNetzA-Festlegung verwiesen. Die nicht vergütungsfähigen Zeiträume sollen weiterhin an das Ende der 20-jährigen Förderzeit „angehängt“ werden können. Für Solaranlagen im Besonderen wird eine neue Methodik zur Berechnung in diesem Kontext eingeführt, welche berücksichtigt, zu welcher Jahreszeit die Förderzeitraumverlängerung stattfindet.

Betreiber von Bestandsanlagen, die freiwillig zu den neuen Regelungen wechseln und bisher keine verringerte Vergütung bei negativen Strompreisen hinnehmen mussten, erhalten eine Erhöhung der EEG-Vergütung um 0,6 ct/kWh. Diese Erhöhung steht jedoch einmal mehr unter einem EU-beihilferechtlichen Genehmigungsvorbehalt und wird bis dahin nicht gewährt. 

Zusätzlich wurde im Rahmen des Solarspitzengesetzes eine Umstellung von Stunden- in Viertelstundenkontrakten am Day-Ahead-Markt beschlossen.

Sowohl für Bestands- als auch für Neuanlagen kann bzw. wird somit das Solarspitzengesetz eine Auswirkung auf die Erlösstruktur haben.

Im Kontext von Neuanlagen war bisher im EEG 2023 vorgesehen, dass EE-Projekte, die im Jahr 2025 bzw. 2026 in Betrieb gehen, erst ab drei bzw. zwei aufeinanderfolgenden Stunden mit negativen Preisen keine Förderungen mehr erhalten. Erst ab 2027 sollte die „1-Stunden-Regelung“ (keine Förderung ab der ersten Stunde mit negativen Preisen) gelten. Die Neuregelung hat somit einen Einfluss auf den Business Case von EE-Anlagen, die sich aktuell in Planung befinden.
Abbildung 2 zeigt auf, wie viele negative Preise in der Vergangenheit aufgetreten sind (Balken) und wie viele negative Preise davon auf aufeinanderfolgenden Stunden waren (verschiedene Linien für unterschiedlich viele aufeinanderfolgende Stunden).

 

 

 
Abbildung 2: Anzahl von Stunden mit aufeinanderfolgenden negativen Preisen

 Die Grafik veranschaulicht, dass negative Preise in der Vergangenheit meist nicht nur in einer Stunde aufgetreten sind. So waren mindestens 90 Prozent der insgesamt in einem Jahr aufgetretenen negativen Preise über eine Zeitdauer von zwei bis drei Stunden lang kleiner null. Nichtsdestotrotz führt die Verschärfung der negativen-Preis-Regelungen im Kontext von Neuanlagen grundsätzlich dazu, dass im Vergleich zur ursprünglichen Gesetzgebung weniger Erlöse im 20-Jahres-Förderzeitraum erzielt werden können. Zwar sieht das Solarspitzengesetz weiterhin eine Verlängerung des Förderzeitraums vor, wenn es zu einem Entfall der Förderung im Zuge negativer Preise kommt. Jedoch fällt der entsprechende Erlösstrom erst später in Zukunft an, während ggf. zu einem früheren Zeitpunkt Kapitaldienste erfüllt und Anforderungen des Finanzierungsinstituts (z. B. an den DSCR) einzuhalten sind. Somit sollte die neue Regelung bei sich aktuell in Planung befindenden Projekten beim Cashflow Modelling und den Finanzierungsrahmenbedingungen entsprechend berücksichtigt werden.

Im Gegensatz zu Neuanlagen stellt sich bei Bestandsanlagen die Frage, ob ein freiwilliger Wechsel in die neue negative-Preis-Regelung bei gleichzeitiger Erhöhung des anzulegenden Wertes um 0,6 ct/kWh sinnvoll ist. Grundsätzlich ist ein Wechsel dann zu empfehlen, wenn der zusätzliche Erlös durch den Anstieg der Förderung höher ist als der Verlust aufgrund des Nicht-Erhalts einer Förderung beim Auftritt negativer Strompreise. Bei dieser Optimierung haben verschiedene Faktoren einen Einfluss, wie z. B. die Erzeugungstechnologie, der aktuelle anzulegende Wert, die Entwicklung der zukünftigen Strompreise oder wie oft negative Preise in der Zukunft auftreten werden.
 

Weitere Regelungen im Kontext des Solarspitzengesetzes

Eine weitere zentrale Neuerung ist die Einführung von Smart Metern und Steuerboxen für neue EE-Anlagen auch dann, wenn diese nur in der Einspeisevergütung oder dem Mieterstrommodell betrieben werden. Diese Technologie ermöglicht eine präzisere Messung und Steuerung der Einspeiseleistung, um Überlastungen des Stromnetzes zu verhindern. 

 
Betreiber von neuen EE-Anlagen, die nicht mit dieser Technologie ausgestattet sind, müssen ihre Einspeiseleistung auf 60 Prozent der maximalen PV-Leistung drosseln. Dies kann zu einer Reduzierung der Einnahmen aus der staatlichen EEG-Vergütung führen. Der BSW Solar weist jedoch auch darauf hin, dass inzwischen viele PV-Anlagen in diesem Leistungssegment mit intelligent betriebenen Speichern errichtet werden. Bei Vorhandensein eines Speichers ist aufgrund der Lastverschiebung und der damit einhergehenden höheren Eigenverbrauchsquote mit geringen Einbußen im Zuge dieser Regelung zu rechnen.4

Das Gesetz sieht zudem einen flexibleren Einsatz von Batteriespeichern vor. Im Rahmen der Direktvermarktung soll es nun auch möglich sein, Strom aus dem Netz zu laden und später gewinnbringend zu vermarkten. Dies ermöglicht den Betreibern zum einen zusätzliche Einnahmemöglichkeiten und zum anderen trägt die Maßnahmen dazu bei, zu Zeiten von Erzeugungsüberschüssen einen Beitrag zur Netzstabilität zu leisten. Dies spiegelt die Forderungen der EU, des BMWK sowie der Bundesnetzagentur wider, eine möglichst hohe Flexibilität in einem von erneuerbaren Energien dominierten Stromnetz zu erreichen.
 

Fazit

Insgesamt zielt das Solarspitzengesetz darauf ab, die volatilen Erzeuger (insbesondere PV) besser in das Stromsystem zu integrieren und Netzstabilität zu gewährleisten. Betreiber werden durch die neue Regulierung mit den Marktsignalen auf dem Strommarkt direkt konfrontiert und haben folglich einen Anreiz, ihr Verhalten an die aktuelle Marktsituation anzupassen.  Die neuen Regelungen markieren somit einen wichtigen Schritt in Richtung einer zukunftsfähigen und klimaneutralen Stromversorgung in Deutschland.

Für Errichter neuer Anlagen impliziert das Solarspitzengesetz eine Verschärfung der aktuellen negativen-Preis-Regelung. Die entsprechende Auswirkung auf die Erlösstruktur sollte bei der weiteren Planung berücksichtigt werden. Betreiber von Bestandsanlagen stehen demgegenüber vor der Entscheidung, ob Sie freiwillig in die neue Regelung wechseln sollen. Durch die Wechseloption kann sich je nach Projekt ein neues Optimierungspotential ergeben, welches analysiert werden sollte. Zu beachten ist, dass diese Regelung noch von der EU genehmigt werden muss. Gerne halten wir Sie in diesem Kontext auf dem Laufenden.

Der neue rechtliche Rahmen geht somit sowohl mit Herausforderungen als auch mit Chancen für Betreiber von EE-Anlagen einher. Wir stehen Ihnen gerne zur Seite, um Sie umfassend zu den rechtlichen Aspekten und Auswirkungen, sowie zu den wirtschaftlichen Implikationen dieses Gesetzes zu beraten.

 
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1 Vgl. Installierte Leistung | Energy-Charts (Letzter Zugriff am 14.02.2025) und Säulendiagramme zur Stromerzeugung | Energy-Charts (Letzter Zugriff am 14.02.2025).

2 Vgl. Bundesnetzagentur - Presse - Bundesnetzagentur veröffentlicht Daten zum Strommarkt 2024 (Letzter Zugriff am 17.02.2025).

3 Vgl. Negative Strompreise - Wie​ viele Anlagen erneuerbarer Energien fahren durch? - FfE (Letzter Zugriff am 14.02.2025).

4 Vgl. Bundestag glättet Solarstrom-Spitzen | Bundesverband Solarwirtschaft (Letzter Zugriff am 17.02.2025).

Abbildung 1: Erweiterte Darstellung nach Negative Strompreise - Wie viele Anlagen erneuerbarer Energien fahren durch? – FfE und linkedin | Lion Hirth | Achtung Stromüberschuss auf Basis von Daten von Stromproduktion | Energy-Charts (Letzter Zugriff am 14.02.2025).

Abbildung 2: Eigene Darstellung mit Daten von Börsenstrompreise | Energy-Charts (Letzter Zugriff am 13.02.2025).

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