Vergleichbarkeit von Fernwärmepreisen - Transparenzplattform und Fernwärme Benchmarking

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veröffentlicht am 10. Juli 2024

 

Am 17. Juni 2024 fand im Rahmen des Netzwerks Wärmewende von Rödl & Partner eine Veranstaltung zum Thema „Transparenzregister und Fernwärme Benchmarking“ statt. Über 90 Anmeldungen zeigen wie groß das Interesse an den Fragestellungen rund um Preistransparenz und Vergleichbarkeit von Fernwärmeversorgern derzeit ist.


Intransparenz im Fernwärmemarkt – Ein Anstoß für die Preistransparenzplattform des AGFW
Der Ukraine-Krieg hat nicht nur geopolitische Auswirkungen, sondern auch den Energiemarkt nachhaltig beeinflusst. Die in ganz Europa stark gestiegenen Energiekosten haben auch Wärmeversorger und Haushalte mit erheblichen Preissteigerungen konfrontiert. Gleichzeitig hat die Bundesregierung das Ziel, die Fernwärme deutlich auszubauen, um so die Dekarbonisierung des Wärmesektors voranzutreiben. Diese Faktoren haben dazu geführt, dass die Fernwärmebranche in den Fokus von Gesellschaft, Politik, Verbraucherschützern und Aufsichtsbehörden gerückt ist. Einer der Hauptkritikpunkte ist dabei, dass Fernwärmepreise aufgrund der lokalen Versorgungsstrukturen und langfristigen Vertragslaufzeiten intransparent und kaum nachvollziehbar seien. Um diesen Kritikpunkten zu begegnen, haben der AGFW, der BDEW und der VKU in Kooperation die Wärmetransparenzplattform konzeptioniert und am 01.04.2024 veröffentlicht. Ziel dieser Plattform ist es, über Fernwärmepreise aufzuklären und so das Vertrauen der Verbraucher zu stärken sowie die Markttransparenz zu erhöhen.


Vorstellung der Preistransparenzplattform

Die Plattform enthält Fernwärmepreise und weitere Netzstrukturdaten von Fernwärmenetzen aus ganz Deutschland. Neben den Mischpreisen unterschiedlicher Abnahmefälle (Einfamilienhaus, Mehrfamilienhaus, Gewerbe/Industrie) werden verschiedene Strukturdaten wie Netzgröße und eingebundene Wärmequellen erfasst. Zahlreiche Stadtwerke und Energieversorger unterstützen die Plattform, indem sie ihre Preisdaten regelmäßig und freiwillig zur Verfügung stellen. Die Datenerhebung soll zweimal im Jahr auf Basis von standardisierten Fragebögen erfolgen. Diese werden anschließend administriert, auf Plausibilität geprüft und aufbereitet. Während der Datenerhebung werden zahlreiche Konstellationen berücksichtigt, um ein ganzheitliches Bild des vielfältigen deutschen Wärmemarkts zu zeichnen. Hierdurch versucht die Preistransparenzplattform eine umfassende Übersicht über die Fernwärmepreise in den verschiedenen Regionen Deutschlands zu geben. Nutzer können in der Datenbank gezielt nach Informationen zu spezifischen Stadtwerken oder Versorgungsgebieten suchen. Dabei können neben den aktuellen Preisen auch vergangene Preise abgefragt werden, was eine Betrachtung der zeitlichen Preisentwicklungen ermöglicht.

 

Einblicke in die Preistransparenzplattform

Bei der Auswertung und näheren Betrachtung der Preistransparenzplattform fällt die große Diversität der erfassten Wärmenetze auf. Dies spiegelt die Vielseitigkeit des deutschen Fernwärmemarktes eindrucksvoll wider und verdeutlicht die komplexen Strukturen und verschiedenen Rahmenbedingungen. Hierbei ist auffällig, dass sich die Wärmepreise mit steigender Anschlussleistung verringern, wie auch in Abbildung 1 dargestellt ist. Zudem variieren die durchschnittlichen Wärmepreise über die verschiedenen Bundesländer hinweg.

 

 

Abbildung 1: Datenauswertung - Durchschnittliche Mischpreise nach Bundesländern (Daten von 2023)


Eine weitere Auswertung der erhobenen Daten zur Wärmeerzeugung zeigt die hohe Diversität der Fernwärmeerzeugung auf. Obgleich Erdgas hier der dominierende Energieträger ist (siehe Abbildung 2), wird ein breites Spektrum an weiteren Energieträgern bei der Wärmeerzeugung eingesetzt. Diese treten in unterschiedlicher Anzahl und Kombination auf. Darüber hinaus ist zu betonen, dass aus den Daten bisweilen nicht eindeutig hervorgeht, wie hoch der Anteil ist, den der jeweilige Energieträger zur Bereitstellung der benötigten Wärmemenge beiträgt. Da dies die Preisgestaltung jedoch ebenfalls maßgeblich beeinflusst, sind die Preise der jeweiligen Netze stets individuell zu betrachten.

 

 

 

Abbildung 2 & 3: Datenauswertung - Verteilung der Energieträger auf die Netze (Daten von 2023)


Trotz der Vielfalt an Energieträgern zeigt sich die stark dominierende Verwendung von Erdgas auch darin, dass über die Hälfte der Netze lediglich einen Anteil erneuerbarer und klimaneutraler Energieträger (EE-Anteil) von bis zu 4,9 Prozent aufweisen. Dies verdeutlicht, dass der Großteil der Fernwärmeversorger noch einen großen Handlungsbedarf aufweist, um die von der Bundesrepublik angestrebten Dekarbonisierungsziele und damit verbundenen gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Auf der anderen Seite ist der Anteil der Netze, die bereits zu einem hohen Grad auf erneuerbare Energien umgestellt wurden, relativ hoch. Gemäß den Daten aus der Preistransparenzplattform weisen schon 14,7 Prozent der betrachteten Netze einen Anteil von 75 Prozent oder mehr an erneuerbaren Energien auf. Bemerkenswert ist dabei insbesondere, dass nach den Kleinstnetzen (bis 4,9 MW Anschlussleistung) die zweitgrößte Netzkategorie (20 bis 200 MW) die meisten Netze mit besonders hohem Anteil an Erneuerbaren Energien aufweist.

 

 

 

 

 

Abbildung 4 & 5: Datenauswertung - Anteil erneuerbarer und klimaneutraler Energieträger (EE & KN)


Insgesamt lässt sich bei genauer Betrachtung der Preistransparenzplattform schlussfolgern, dass die betrachteten Netze des deutschen Fernwärmemarkts in ihrer Struktur äußerst heterogen sind. Dies hat zur Folge, dass auch die Rahmenbedingungen für auskömmliche Fernwärmepreise stark variieren und somit unterschiedlichste Preisniveaus in den verschiedenen Netzen zu beobachten sind. Einen fundierten Vergleich der veröffentlichten Fernwärmepreise oder eine genaue Identifizierung der Ursachen dieser Preisunterschiede kann die Preistransparenzplattform daher nicht leisten.


Auswirkungen der Preistransparenzplattform auf Fernwärmeversorger

Obwohl auch der AGFW betont, dass die Preistransparenzplattform nicht für direkte Preisvergleiche gedacht ist und dabei ebenfalls auf die starke Heterogenität der Fernwärmeversorgung hinweist, wird sie (vermutlich) dennoch von vielen Verbrauchern genau dafür genutzt. Diese Praxis birgt potenzielle Herausforderungen für die Versorgungsunternehmen. Vermehrte Anfragen sowie Beschwerden an Stadtwerke und Energieversorger aufgrund vermeintlich überhöhter Preise können die Folge sein. Ein reiner Preisvergleich ohne Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen ist jedoch wenig aussagekräftig. Die Versorger sehen sich so womöglich in der Situation, Aufklärungsarbeit leisten zu müssen und auf regionale Unterschiede in den Preisen aufgrund verschiedener Faktoren wie lokaler Netzstrukturen oder unterschiedlicher Energiekosten hinzuweisen.


Nutzen des Rödl & Partner Fernwärme Benchmarkings

Fernwärmeversorger sollten daher eine Argumentationsgrundlage schaffen und in Vorbereitung auf etwaige Anfragen seitens Kunden, Verbraucherschützern oder Aufsichtsbehörden einen ganzheitlichen Vergleich der eigenen Fernwärmenetze anstoßen. Dadurch kann einerseits auf Grundlage einer konkreten Zahlenbasis gegenüber externen Stakeholdern argumentiert werden, sollten Wärmepreise als „zu hoch“ angegriffen werden. Andererseits kann ein Vergleich als Anstoß für die Identifikation von Optimierungspotenzialen und das Ableiten konkreter Verbesserungsmaßnahmen dienen.


Das von Rödl & Partner regelmäßig durchgeführte Fernwärme Benchmarking geht genau diesen Schritt und analysiert umfassendere Leistungskennzahlen. Es ermöglicht Energieversorgern, sich in allen Bereichen der Fernwärmeversorgung systematisch mit anderen Versorgern zu vergleichen. Dabei werden im Rahmen des Benchmarkings Kennzahlen aus den Bereichen „Erzeugung“, „Netz“, „Controlling bzw. Betriebswirtschaft“ und rechtliche Aspekte ermittelt und untersucht. Außerdem wird ein besonderes Augenmerk auf die anstehende Dekarbonisierung der Wärmenetze gelegt. Durch das Zusammenspiel der technisch-betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und die ganzheitliche Betrachtungsweise können spezifische Optimierungspotenziale identifiziert und gezielte Verbesserungsmaßnahmen entwickelt werden.

 

 

 

Abbildung 6: Nutzen des Fernwärme Benchmarkings


Das von Rödl & Partner umgesetzte Benchmarking unterstützt somit nicht nur die Steigerung der internen Effizienz und die Optimierung der Kostenstrukturen, sondern trägt auch zur Erhöhung der Servicequalität und Kundenzufriedenheit bei. Langfristig fördert es die Wettbewerbsfähigkeit der Energieversorger und unterstützt deren strategische Weiterentwicklung. Gerade auch im Hinblick auf die aktuellen Fälle, in denen das Bundeskartellamt verschiedene Fernwärmeversorger einer genauen Untersuchung unterzieht, wird die Notwendigkeit von umfassenden Vergleichsanalysen, die über reine Preisvergleiche hinausgehen und tatsächliche Leistungskennzahlen berücksichtigen, ersichtlich. So wurden im November 2023 Pilotverfahren gegen sechs Fernwärmeversorger wegen des Verdachts auf missbräuchlich überhöhte Preissteigerungen eingeleitet. Es wird beispielsweise geprüft, ob durch die Auswahl der Preisindizes die tatsächliche Entwicklung der Kosten nicht angemessen abgebildet, sondern deutlich überzeichnet wurde. Der aktuelle Bundeskartellamt-Bericht unterstreicht durch diese Fälle die Notwendigkeit nach mehr Wettbewerb und Transparenz im deutschen Fernwärmemarkt. Fernwärmeversorger können sich darauf proaktiv vorbereiten, indem sie am Rödl & Partner-Fernwärme-Benchmarking teilnehmen und etwaige Risiken und Optimierungspotenziale proaktiv identifizieren.

 

Kommen Sie gerne auf uns zu, wenn Sie weitere Informationen zum Thema Preistransparenz und einer Teilnahme am Fernwärme Benchmarking wünschen.

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