Auswirkungen der BFH-Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Behandlung des KWK-Zuschlags für nicht eingespeisten Strom aus Sicht der Anlagenbetreiber

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veröffentlicht am 11. Juli 2023

 

Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 29.11.2022 (Az. IX R 1/21) festgestellt, dass der für den selbst erzeugten und dezentral verbrauchten Strom gezahlte KWK-Zuschlag nicht zu einem Leistungsaustausch führt. In der Folge ist die Zahlung dieses KWK-Zuschlags nicht umsatzsteuerbar. Die Anlagenbetreiber haben daher in der Vergangenheit zu Unrecht Umsatzsteuer auf den KWK-Zuschlag an den zuständigen Netzbetreiber gezahlt. Auf Basis der Rechtsprechung des BFH kann diese Umsatzsteuer nunmehr nach unserer Auffassung vom Netzbetreiber auf der Grundlage einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden. Im Hinblick auf die Verjährung kann nach unserer Auffassung auf die zehnjährige kenntnisunabhängige Verjährungsfrist abgestellt werden.

 

Die Finanzverwaltung hat bisher auf Basis des BMF-Schreibens vom 14. September 2014 im Hinblick auf den selbst erzeugten und selbst verbrauchten Strom eine Lieferkette fingiert. Dieser Lieferkette lag die Fiktion einer Volleinspeisung in das Netz der allgemeinen Versorgung zugrunde. Erst anschließend (nach der Einspeisung) wurde dann der tatsächlich selbst verbrauchte Strom „zurückgeliefert”. Diese fingierte Lieferkette führte dazu, auch die Zahlung eines KWK-Zuschlags unter diese Lieferkette subsumiert wurde, weshalb die Zahlung dessen, soweit Sie sich auf den selbst erzeugte und selbst verbrauchte Strom nur unter Ausweis der Umsatzsteuer erfolgen konnte.

 

Dieser Lieferfiktion tritt der BFH nunmehr jedoch unter Bezug auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie entgegen (Az. XI R 18/21).

 

Der umsatzsteuerliche Begriff der Lieferung geht zwar weiter als die bloße Verschaffung von Eigentum an einer Sache. Jedoch geht der umsatzsteuerliche Begriff der Leistung dabei nicht so weit, dass auch ein zu zahlender Zuschlag für nicht eingespeisten und dezentral verbrauchten Strom erfasst wird. Der BFH sieht hierbei in § 4 Abs. 3a KWKG keine Regelung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG, wonach eine Lieferfiktion unterstellt wird. Die Verpflichtung zur Zahlung des Zuschlags traf den Betreiber eines Netzes für die allgemeine Versorgung, mit dessen Netz die in § 4 Abs. 3a Satz 1 KWKG genannte KWK-Anlage unmittelbar oder mittelbar verbunden war (§ 4 Abs. 3a Satz 2 KWKG). Der BFH weist auch zutreffend darauf hin, dass es sich bei der Zahlung des KWK-Zuschlags für selbst erzeugten und dezentral verbrauchten Strom auch nicht um eine sonstige Leistung iSd § 3 Abs. 9 UStG handelt, da der Netzbetreiber diesbezüglich keinen verbrauchsfähigen Vorteil erlangt. Insofern führt die Zahlung des KWK-Zuschlags für selbst erzeugten und dezentral verbrauchten zu keinem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch. Es handelt sich somit um eine nicht umsatzsteuerbare Zahlung.

 

Zivilrechtlich führt die Entscheidung des BFH nach unserer Auffassung dazu, dass die entsprechenden Anlagenbetreiber zu Unrecht Umsatzsteuer an die jeweiligen Netzbetreiber gezahlt haben. Es handelt sich daher um einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Die Netzbetreiber können hierbei wohl nicht entgegenhalten, dass es sich bei der zuvor zitierten Entscheidung lediglich um eine nicht veröffentlichte Entscheidung und damit nur um einen Einzelfall handelt. Die Regelungen des § 4 Abs. 3a KWKG 2009 sind mit denen des § 6 Absatz 4 KWKG 2016 heruntergebrochen auf den Regelungsgehalt identisch, sodass die zuvor zitierte Entscheidung des BFH auch über den Einzelfall hinaus Anwendung findet.

 

Im Hinblick auf die Frage, für welchen Zeitraum der vorstehende Anspruch geltend gemacht werden kann, sind wir der Auffassung, dass hierbei im Einzelfall die zehnjährige kenntnisunabhängige Verjährung des § 199 Abs. 3 BGB greifen sollte. Beginn der Verjährungsfrist ist hierbei die Entstehung des Anspruchs, sodass es konkret auf die Übersendung der jeweiligen Rechnung ankommt. Auch bei Anwendung der Regelverjährung würde nach unserem Dafürhalten die Grenze der zehnjährigen kenntnisunabhängigen Verjährung den Rückforderungszeitraum begrenzen, sodass die zehn Jahre als Höchstgrenze zu sehen sind.

 

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