BNetzA-Beschluss zur Verkürzung der kalkulatorischen Nutzungsdauern von Erdgasleitungsinfrastrukturen („KANU”): Differenzierung der Nutzungsdauern für Neuinvestitionen möglich

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veröffentlicht am 22. November 2022

 

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat am 8. November 2022 (BK9-22/614) beschlossen, dass Anlagegüter, die im Jahr 2023 im Bereich der Erdgasinfrastruktur in Betrieb genommen werden, so abgeschrieben werden dürfen, dass eine vollständige Refinanzierung im Jahr 2045 realisiert wird. Die Ausrichtung auf 2045 folgt den Klimaschutzvorgaben der Bundesregierung, wonach bis dahin eine Treibhausgasneutralität erreicht werden soll. Eine Anpassung der Nutzungsdauer ist allerdings nicht für Anlagegüter möglich, die in den Vorjahren aktiviert wurden. Zudem wird bestimmt, dass nunmehr auch „LNG-Anbidundungsanlagen” als neue Anlagengruppe in Anlage 1 der GasNEV vorgesehen sind.

 

1. Was regelt die „KANU”?

 

Für Fertiganlagen, die ab dem Jahr 2023 aktiviert werden, besteht die Möglichkeit die Nutzungsdauern (abweichend von Anlage 1 der GasNEV) zu verkürzen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass bis zum geplanten Gasausstieg alle „neuen” Investitionen über die Erlösobergrenze refinanziert werden können. Die Regelung greift allerdings nicht bei Verwaltungsgebäuden und Vermögensgegenständen wie z.B. Software, die ohnehin ein sehr kurze Nutzungsdauer haben. Die notwendige Anpassung der Gasbezüge auch auf Flüssiggaslieferungen wird in Ziffer 3.3 beschrieben. Um die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zur reduzieren, werden LNG-Anlagen als betriebsnotwendiger Bestandteil von Fernleitungsnetzen qualifiziert. Den Anlagenbetreibern räumt die BNetzA ein, dass die kalkulatorischen Nutzungsdauern nach eigener Einschätzung, aber mindestens fünf Jahre, bestimmt werden können.

 

2. Welche Kritik-Punkte aus dem Konsultationsverfahren wurden angepasst?

 

Der wichtigste Kritikpunkt, die Nutzungsdauern auch bei Fertigungsanlagen, die bereits vor 2023 aktiviert wurden zu verkürzen, fand keine Berücksichtigung. Die Anmerkungen zu negativen Effizienzeffekten bei Reduzierung der Nutzungsdauern, wurden ebenfalls nicht aufgegriffen. Klargestellt wurde jedoch, dass eine differenzierte Bewertung von einzelnen Vermögensgegenständen möglich ist. In Ziffer 3.2 wird dazu ausgeführt, dass „ein Netzbetreiber innerhalb einer bestimmten Anlagengruppe und innerhalb eines bestimmten Anschaffungsjahres für bestimmte einzelne Anlagegüter eine verkürzte Nutzungsdauer und für andere Güter die bisherigen längeren Dauern ansetzen möchte...” ansetzen kann. Die Bundesnetzagentur geht auch davon aus, dass sich „zukünftig häufiger Anlässe für eine begründete und ggf. sogar mehrfache nachträgliche Korrektur von Abschreibungspfaden ergeben werden”.

 

3. Was haben Netzbetreiber zu beachten?

 

Kurzfristig besteht kein operativer Handlungsbedarf, da die in den Anträgen zum Kapitalkostenaufschlag 2023 angesetzten Nutzungsdauern nicht bindend sind. Die Entscheidung, ob bereits für Investitionen des Jahres 2023 eine kürzere Nutzungsdauer angesetzt werden soll, wird somit auf den Kapitalkosten-Antrag 2024 bzw. auf das Regulierungskonto 2023 verschoben.

 

Ob die Nutzungsdauerverkürzungen für welche Neuinvestitionen zum Ansatz kommen sollen, ist eine weitreichende unternehmerische Entscheidung, die einer Chancen-Risiko-Abwägung mit Langfristperspektive bedarf. Auch die Auswirkungen auf die handelsrechtliche Ebene sollten nicht vernachlässigt werden. Sofern angenommen werden kann, dass die Leitungen später zur Wasserstoff- bzw. Biomethanverteilung genutzt werden können, dürfte eine Verkürzung der Nutzungsdauern eher nachteilig sein, da die Möglichkeiten der regulatorischen Gewinnerzielung sich deutlich reduzieren. Zudem sollte in die Überlegungen einfließen, inwieweit es technisch „überhaupt möglich ist”, bis zum Jahr 2045 vollständig auf Erdgas zu verzichten. Wesentlich ist dabei auch, welche Mengenentwicklung für das Gasnetz in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu erwarten ist. Wenn von keiner langfristigen Nutzung der Gasnetzanlagen ausgegangen werden kann, spricht vieles dafür, dass die verkürzten Nutzungsdauern Anwendung finden.

 

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