Die Wiederbelebung der Windkraft

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veröffentlicht am 19. Juli 2022

 

Mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz und Änderungen des Baugesetzbuches sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen schnelleren Ausbau der Windenergie geschaffen werden, insbesondere sollen zügig neue Flächen für Windkraftanlagen zur Verfügung stehen. Die Bundesländer sind hier erheblich in der Pflicht.

 

Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll vor dem Hintergrund der geopolitischen Lage einschließlich des Klimawandels beschleunigt werden. Teil dessen ist auch der Ausbau der Stromerzeugung aus Windkraft.


Das Windenergieflächenbedarfsgesetz


Um dieses Ziel voranzubringen, sind zwei Prozent der Bundesfläche für die Windenergie an Land auszuweisen. Derzeit sind nur rund 0,8 Prozent der Bundesfläche für die Windenergie an Land ausgewiesen, tatsächlich verfügbar sind lediglich 0,5 Prozent. Zudem sind die Flächenausweisungen für Windenergieanlagen im Bundesgebiet sehr ungleich verteilt.


Derzeit dauert die Ausweisung von Flächen für die Windkraft fünf bis zehn Jahre. Die aktuelle „Subtanzrechtsprechung“ soll gewährleisten, dass der Windenergie an Land substanziell Raum verschafft wird. Die Planungsverfahren sind praktisch, schwierig, langsam und führen zu Rechtsunsicherheiten.
Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen nunmehr erheblich beschleunigt werden. Dies betrifft die Flächenausweisungen und insbesondere auch die Vereinbarkeit von Windenergie und Artenschutz.
Ein wesentliches Hemmnis für den Windkraftausbau ist die fehlende Flächenverfügbarkeit. Mit dem Gesetz zur Festlegung von Flächen für Windenergieanlagen an Land (Windenergieflächenbedarfsgesetz, WindBG) soll der Windenergieausbau an Land beschleunigt werden, indem die Flächenausweisung gefördert wird. Das Gesetz gibt den Ländern verbindliche Flächenziele (Flächen-Beitragswerte) vor. In jedem Bundesland ist ein prozentualer Anteil der Landesfläche für die Windenergie an Land auszuweisen, gestaffelt für den Zeitraum bis zum 31.12.2026 und bis zum 31.12.2032. So müssen z. B. von der gesamten Landesfläche in Bayern (70.541,57 km²) bis zum 31.12.2026 1,1 % und bis zum 31.12.2032 1,8 % für Windenenergie ausgewiesen werden. Die gleichen Flächenbeitragswerte von 1,1 % und 1,8 % gelten für Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und das Saarland. Für Thüringen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Brandenburg sind die Flächenbeitragswerte von 1,8 % zum 31.12.2026 und 2,2 % zum 31.12.2032 festgesetzt. Für die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg gelten 0,25 % und 0,5 %.


Entsprechende Flächen für Windkraftanlagen können in Raumordnungsplänen ausgewiesen werden. Regionale und kommunale Planungsträger können ihre Planungsinstrumente ebenso nutzen, wobei jedes Land regionale oder kommunale Teilflächenziele bestimmen kann. Die Länder müssen bis zum 31.05.2024 die entsprechenden Nachweise zur Umsetzung erbringen.


Änderungen im Baugesetzbuch und in weiteren Gesetzen


Im Zuge der Neuregelungen wird auch das Baugesetzbuch (BauGB) geändert. Um die Aufstellung von Bauleitplänen rechtssicherer zu gestalten, sollen die Anforderungen an die Berücksichtigung artenschutzrechtlicher Belange in einer Verordnung konkretisiert werden (§ 9a BauGB).


Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, sollen weiter-hin im planungsrechtlichen Außenbereich gemäß § 35 Absatz 1 Nummer 5 BauGB privilegiert zulässig sein. Diese Privilegierung wird durch die Sonderregelungen in § 249 BauGB eine besondere Ausgestaltung erfahren, indem eine Anknüpfung an die neuen Zielvorgaben (Flächenbeitragswerte, Teilflächenziele) im WindBG erfolgt.


Weiterhin können die Länder gesetzliche Regelungen zu den erforderlichen Abstandsflächen zur Wohnbebauung treffen. Diese dürfen aber höchstens 1.000 Meter bis zur nächsten Wohnsiedlung betragen.
Um die Flächenziele zur erreichen, sind die zuständigen Planungsträger an entgegenstehende Ziele der Raumordnung oder entgegenstehende Darstellungen in Flächennutzungsplänen nicht mehr gebunden. Dies gilt auch in den entsprechenden Genehmigungsverfahren.


In einem Bebauungsplan kann auch festgesetzt werden, dass die in ihm festgesetzten Windenergieanlagen nur zulässig sind, wenn sichergestellt ist, dass nach der Errichtung dieser Windenergieanlagen andere im Bebauungsplan bezeichnete Windenergieanlagen innerhalb einer bestimmten Frist zurückgebaut werden. Die Standorte der zurückzubauenden Windenergieanlagen können auch außerhalb des Bebauungsplangebiets oder außerhalb des Gemeindegebiets liegen.


Die bisher geltende Ausschlusswirkung für die übrigen Flächen im Gemeindegebiet, die bei einer Flächenausweisung für Windkraftanlagen bestand (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB), wird im Zusammenhang mit den Neuregelungen zeitlichen beschränkt. Spätestens soll die Fortgeltung dieser Ausschlusswirkung aber mit Ablauf des 31. Dezember 2026 enden. Dieser Zeitpunkt entspricht dem Stichtag gemäß WindBG. Ab diesem Zeitpunkt richtet sich die Zulässigkeit von Windenergieanlagen außerhalb ausgewiesener Flächen entweder nach § 249 Absatz 2 BauGB (bei Einhaltung der Flächenziele) oder nach § 249 Absatz 7 BauGB (bei Verfehlung der Flächenziele).


Das Raumordnungsgesetz wurde an diese Neuregelungen angepasst. In das Erneuerbare-Energien-Gesetz wurden u.a. Berichtspflichten der Länder aufgenommen
Das Gesetzespaket tritt am 01.02.2023 in Kraft, wenn die Verkündung im Bundesgesetzblatt im Juli 2022 erfolgt.

 

Das weiterhin bestehende Konfliktpotential zwischen Windenergieausbau einerseits und Immissionsschutz sowie Natur- und Artenschutz andererseits muss auch im neuen Rechtsrahmen gelöst werden. In den Planungsphasen sind alle Belange zu ermitteln und abzuwägen, sodass auch bei den neu auszuweisenden Flächen die Windkraft im Einklang mit Mensch und Natur betrieben werden kann.

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Nadine Juch

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