Kalte Nahwärme

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​veröffentlicht am 10. Mai 2022

 

Kalte Nahwärme – dieser Begriff dürfte Ihnen in jüngerer Vergangenheit schon häufiger zu Ohren gekommen sein, sofern Sie sich mit der Entwicklung oder der Projektierung von Nahwärmenetzen beschäftigt haben. Auch wenn der Begriff zunächst widersprüchlich klingt, bieten die sogenannten „Kalten Nahwärmenetze“ oder auch „Kaltwärmenetze“ gegenüber den herkömmlichen Wärmenetzen Chancen zur Gewährleistung einer effizienten und klimafreundlichen Wärmeversorgung. Aber was ist das eigentlich, worin liegen die Effizienzvorteile und wie wirken sich diese Vorteile in der Wirtschaftlichkeit aus? Dies und mehr wollen wir mit folgendem Überblicksartikel erörtern.

 

Was ist kalte Nahwärme?

Im Gegensatz zu den herkömmlichen Nahwärmenetzen, in welchen zumeist Wärme bei Temperaturen von 70-100 °C an den Anschlussnehmer geliefert wird, erfolgt die Wärmlieferung bei der kalten Nahwärme auf einem geringeren Temperaturniveau, je nach Wärmequelle von teilweise deutlich unter 30 °C. Als potenzielle Wärmequelle kann insbesondere oberflächennahe Geothermie genannt werden, beispielsweise durch Erdsonden oder im Erdreich verlegte Kollektorfelder. Daneben ist ebenfalls die Nutzung von Abwärme, beispielweise aus Kühlanwendungen in Supermärkten bis hin zu Abwärme von Rechenzentren oder industrieller Abwärme denkbar.

 

Von der jeweiligen Wärmequelle werden die Rohrleitungen zur Verteilung der kalten Nahwärme in der Regel innerhalb einer Tiefe von 1,5 - 3 Metern verlegt. Insbesondere wenn als Wärmequelle oberflächennahe Geothermie in Form eines Kollektorfeldes genutzt wird, kann auf eine Dämmung der Leitungen verzichtet werden. Sofern beispielsweise die landwirtschaftliche Nutzung einer Ackerfläche mit der Erzeugung von kalter Nahwärme kombiniert werden soll, wird mit Hilfe der im Erdreich verlegten Leitungen und des darin befindlichen Wasser-Glykol-Gemisches, die im Erdreich vorhandene Wärme aufgenommen. Hierbei liefert das Erdreich über das ganze Jahr hinweg konstante Wärme mit einer Temperatur von 8 – 12 °C.

 

Sofern ungedämmten Leitungen für das Leitungs- und Verteilnetz verwendet werden, wird zusätzlich auf dem Weg zum Anschlussnehmer noch Wärme aus dem Erdreich entzogen. Respektive sind keine Wärmeverluste durch den Transport zu erwarten. Da die Temperatur eines kalten Nahwärmenetzes in der Regel nicht für die direkte Nutzung als Heizwärme ausreichend ist, ist die dezentrale Kombination mit einer Wärmepumpe im jeweiligen Objekt notwendig. Diese nutzt die vorhandene, in der Regel sehr konstante Temperatur aus dem kalten Nahwärmenetz und erzeugt auf dieser Basis ein nutzbares Temperaturniveau zur Anwendung als Heizwärme und Warmwasser.


Welche Vor- und Nachteile bietet die kalte Nahwärme für die Zukunft?

Neben den generellen Vorteilen von Wärmenetzen, wie beispielweise der hohen Energieeffizienz und der Flexibilität in Bezug auf die verwendete Wärmquelle, bieten die kalten Nahwärmenetze weitere Vorteile. Zunächst sind hier die fehlende Notwendigkeit zur Dämmung des Leitungsnetzes und den nicht vorhandenen Leitungsverlusten zu nennen. Dies bedingt vor allem geringere Investitionskosten für das Leitungs- und Verteilnetz.


Mit der konstanten Temperatur mit der das kalte Nahwärmenetz betrieben wird ist es möglich, die Wärmepumpe besonders effizient zu betreiben. Hierdurch kann mit der Wärmepumpe eine Jahresarbeitszahl von zum Teil 4,0 (aus einer kWh Strom werden vier kWh Wärme) oder höher erreicht werden.


Neben der Wärmerzeugung ist es technisch möglich, dass das System in den heißen Sommermonaten zur Kühlung der angeschlossenen Gebäude verwendet wird. Wie bereits in dem vorherigen Abschnitt erwähnt, bietet die kalte Nahwärme die Möglichkeit auf unterschiedliche Wärmequellen zurückzugreifen. Hierbei sollte der Fokus vor dem Hintergrund der Energiewende und der aktuell sehr volatilen und stark gestiegenen Energiepreise für Erdgas, vor allem auf unvermeidbare Abwärme und Wärme aus erneuerbaren, CO2-frei Energien gelegt werden. Hierdurch kann eine preisstabile und umweltfreundliche Wärmeversorgung, gegebenenfalls vollständig unabhängig von Preisschwankungen für fossile Brennstoffe und der Preisentwicklung für Brennstoffemissionen, gewährleistet werden.


Neben der Vielzahl an positiven Aspekten in Bezug auf kalte Nahwärmenetze, existieren natürlich auch Nachteile, die hierbei nicht unerwähnt bleiben sollen. Insbesondere ist in Bezug auf die Preisstabilität die Notwendigkeit des Strombezugs der Wärmepumpe zu nennen. Dieser Kostenaspekt ist trotz der hohen Energieeffizienz der Wärmepumpe insbesondere angesichts der in letzter Zeit vorherrschenden Strompreisentwicklung nicht zu vernachlässigen. Vor diesem Hintergrund bietet sich insbesondere die Kombination mit einer Photovoltaikanlage an.


In Bezug auf die Notwendigkeit einer Wärmpumpe und der sich daraus resultierenden „geringen“ Vorlauftemperatur im Heizsystem des Hauses, sind im Bereich von Bestandsgebäuden ggfs. Anpassungsarbeiten und Mindesteffizienzstandards erforderlich. Neben der generellen Umsetzbarkeit sind die Betriebskosten des Wärmenetzes zu nennen.


Zuletzt sind die Teils erhöhten Kosten für Netzanschluss zzgl. der Wärmepumpe zu nennen, welche die Kosten eines Anschlusses an ein klassisches Wärmenetz in Summe häufig übersteigen. Insbesondere durch bereits bestehende Fördermittel und künftig mit dem BEW (Bundesförderung für effiziente Wärmenetze) können die Investitionskosten jedoch maßgeblich gesenkt werden.

 

Fazit

In Summe kann damit in vielen Fällen die Wärmeversorgung mit „kalter“ Nahwärme als die deutlich kostengünstigere, effizientere und nachhaltigere Lösung bestechen. Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse und Brennstoffpreisentwicklung ist die Versorgungssicherheit bei einer vollständig erneuerbaren Energieerzeugung besonders hervorzuheben. Ferner gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten für unterschiedliche Projektstadien Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Letztendlich muss eine Einzelbetrachtung erfolgen, ob die Kalte Nahwärme für die gewünschte Anwendung geeignet und rentabel ist.


Gerne beraten wir Sie hinsichtlich Ihres Vorhabens, in der Projektentwicklung, Preisberechnung oder Fördermittelakquise zur Umsetzung eines kalten Nahwärmenetzes.

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