Nach EU-Beschluss: Deutschland muss Netzentgelte teilweise von Industrie nachfordern

PrintMailRate-it

Die Europäische Kommission hat vergangene Woche ein langjähriges Beihilfeverfahren gegen Deutschland wegen der energiepolitisch motivierten Befreiung von Netzentgelten für bestimmte Stromabnehmer (geregelt in § 19 StromNEV a.F.) abgeschlossen: die 100 prozentige Befreiung bestimmter Letztverbraucher von der Zahlung von Netzentgelten in den Jahren 2012 und 2013 war danach EU-rechtswidrig.

 

Die Netzentgeltentlastung nach dem seit 2014 geltenden System war nicht Gegenstand der Untersuchung der Kommission. Nach dem aktuellen System können Verbraucher mit konstantem Verbrauch beantragen, dass ihnen individuelle Netzentgelte auf der Grundlage der Kosten, die sie jeweils für das Netz verursachen, berechnet werden. Da die Kommission die Auffassung vertreten hat, dass eine teilweise Verringerung der Netzentgelte auch für die Jahre 2012 und 2013 gerechtfertigt sei, weil Großverbraucher und Abnehmer mit konstantem Verbrauch nachweislich geringere Kosten verursacht hätten als andere Verbraucher, ist davon auszugehen, dass das aktuell in § 19 StromNEV geregelte Verfahren weiterhin Bestand haben kann.

 

Anders jedoch in den Jahren 2012 und 2013: Die EU-Kommission bewertet die damalige Praxis als unzulässige staatliche Beihilfe für die befreiten Stromverbraucher. Es sei – auch bei konstantem Stromverbrauch – objektiv nicht zu rechtfertigen gewesen, bestimmte Letztverbraucher vollständig von den Netzentgelten zu befreien und verbleibende Letztverbraucher mittels der §-19-StromNEV-Umlage alleinig in die Pflicht zu nehmen und somit mit höheren Kosten zu belasten. Dieses System stellte eine unfaire Bevorteilung der privilegierten Unternehmen dar, äußert sich die EU-Wettbewerbskommissarin in einer Pressemitteilung vom 28. Mai 2018.

 

Wie die Rückforderung von den einzelnen Unternehmen konkret erfolgen soll, ist derzeit noch nicht im Detail absehbar. Brüssel hat Deutschland aufgetragen, nach einem bestimmten Schlüssel die Rückforderungssummen der einzelnen Großstromverbraucher zu errechnen und sodann von den einzelnen Unternehmen die illegalen Beihilfen zurückzufordern. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat in einer Pressemitteilung zur Entscheidung bereits mitgeteilt, dass die Bundesnetzagentur für jedes einzelne Unternehmen eine Berechnung vornehmen und die so berechnete Summe zurückfordern wird. Um die konkreten Zahlen zu bestimmen, ist zu erwarten, dass auch die Übertragungsnetzbetreiber mit eingebunden sein werden. Wie viele Konzerne im Einzelnen betroffen sind und welche Summen nachgefordert werden, ist aber derzeit noch unklar.

 

Die zurückgeforderten Summen dürften wohl mutmaßlich in das §-19-StromNEV-Umlage-Konto einfließen, sodass in der Folge zukünftig ggf. mit einer Senkung der Umlage zu rechnen wäre.

 

Sobald der Beschluss in der Lesefassung vorliegt, werden wir Sie weiter über etwaige Auswirkungen informieren.

 

Kontakt

Contact Person Picture

Dr. Thomas Wolf, LL.M. oec.

Rechtsanwalt

Partner

+49 911 9193 3518

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu