BGH gegen EuGH? – Zur fehlenden Unabhängigkeit der deutschen Regulierungsbehörden

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veröffentlicht am 14. Januar 2020

 

Der BGH hat mit Beschluss vom 08.10.2019 (Aktenzeichen: EnVR 58/18) festgestellt, dass die gesetzlichen Vorprägungen von Regulierungsentscheidungen der Landesregulierungsbehörde NRW durch die Anreizregulierungsverordnung und Stromnetzentgeltverordnung mit den europarechtlichen Unabhängigkeitsanforderungen der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie vereinbar sind. Insofern nehme die Bundesregierung über die Gesetzgebung keinen europarechtlich unzulässigen Einfluss auf die Regulierungsentscheidungen.

 

Die Entscheidung ist von weitreichender Wirkung für die Energiewirtschaft. Einerseits wird die Branche vor einer umfassenden Rechtsunsicherheit aus einer formalen Unwirksamkeit sämtlicher Regulierungsentscheidungen mangels hinreichender Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde bewahrt. Andererseits hat der BGH – trotz einer möglichen Europarechtswidrigkeit – den Vorrang der Anwendung geltenden nationalen Gesetzesrechts festgestellt und damit den bei der EEG-Förderung von deutschen Behörden vertretenen Vorrang des Europarechts (sog. „efet-utile”-Grundsatz) eingeschränkt. Hierauf können sich zukünftig nachteilig von europarechtlichen Vorgaben betroffene Begünstigte von Energiefördermitteln (z.B. EEG, KWKG, etc.) berufen.

 

Bemerkenswert ist an der Entscheidung weiterhin, dass der BGH trotz eines noch laufenden Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung des europäischen Rechts beim EuGH bereits abschließend entschieden hat. Dabei ist allerdings noch offen, ob der EuGH das europäische Recht ebenso wie der BGH auslegt und ebenso entscheidet. Der EuGH hat in der Vergangenheit wiederholt die Missachtung europarechtlicher Unabhängigkeitskriterien – zuletzt bei den deutschen Staatsanwaltschaften – festgestellt. Damit könnten im Fall einer anderen Rechtsauffassung des EuGH zwei sich widersprechende Urteile entstehen. Auch insofern dürfte das Urteil ein Novum im schon immer nicht ganz einfachen Verhältnis zwischen nationaler und europäischer Gerichtsbarkeit darstellen.

 

Wir führen zur Zeit ein Musterverfahren mit einem ähnlichen Streitgegenstand: In einem besonderen Missbrauchsverfahren zum Kundenanlagenbegriff wird ebenfalls die formale Rechtswidrigkeit einer Missbrauchsentscheidung der Bundesnetzagentur aufgrund der fehlenden Unabhängigkeit der deutschen Regulierungsbehörden geltend gemacht. Dabei wird die fehlende Unabhängigkeit aber vor allem auf die Missachtung europarechtlicher Organisationsvorgaben zum Behördenaufbau und zu Weisungsrechten der politischen Stellen gestützt. Insofern bleibt noch abzuwarten, ob auch das ebenfalls noch anhängige Vertragsverletzungsverfahren der Kommission diesen in der deutschen Rechtswissenschaft seit langem gerügten Aspekt aufgreifen wird. Letztendlich ist eine hohe Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde Grundlage für einen fairen Wettbewerb und damit im Interesse aller Branchenakteure. Wir haben deshalb einen Klagefonds gegründet, für den noch Unterstützer gesucht werden. Bei weiterem Interesse wenden Sie sich bitte an RA Joachim Held.

 

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