Reform der steuerlichen Betriebsprüfung – Prüfungserleichterungen durch wirksames Tax Compliance Management System?

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​​veröffentlicht am ​15. April 2024

Am 11. November 2022 verabschiedete der Deutsche Bundestag das „DAC7-Umsetzungsgesetz” mit Teilen zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 16.12.2022 zugestimmt. Das Umsetzungsgesetz sieht bedeutende Änderungen in Bezug auf die Durchführung der Außenprüfung vor und ist bereits zum 01.01.2023 in Kraft getreten.
 

Lange Zeiträume zwischen Beginn und Abschluss der Außenprüfung sorgen in der Praxis oftmals für hohe bürokratische Belastungen sowie anhaltende Rechtsunsicherheit. Diesen Umständen soll das Umsetzungsgesetz entgegenwirken. Im Fokus des Umsetzungsgesetzes steht die Modernisierung und Beschleunigung der Außenprüfung, um diese effizienter und schneller durchzuführen zu können. Die ernannten Ziele des Gesetzes betreffen neben der Finanzverwaltung auch die Steuerpflichtigen persönlich. So sollen für beide Seiten lange Prüfungszeiträume vermieden werden, um entstehende Kosten zu minimieren und die Dauer der Rechtsunsicherheit zu verkürzen.

Im Rahmen des Gesetzes wurde mit Art. 97 § 38 EGAO die Erprobung alternativer Prüfungsmethoden bei Außenprüfungen eingeführt. Die Vorschrift soll Prüfungserleichterungen bei Vorliegen eines wirksamen innerbetrieblichen Steuerkontrollsystems (auch: Tax Compliance Management System) ermöglichen.
Eine wesentliche Entwicklung der Einführung des Art. 97 § 38 EGAO besteht darin, dass das Tax Compliance Management System (kurz: TCMS) damit nicht mehr nur im Zusammenhang mit § 153 AO und einer möglichen Haftungsbegrenzung steht. Im Zuge der Einführung des § 38 EGAO können den Steuerpflichtigen von der Finanzbehörde Erleichterungen bezüglich des Umfangs und der Art von zukünftigen Prüfungen verbindlich zugesagt werden.

Das TCMS umfasst in seiner Definition alle innerbetrieblichen Maßnahmen, die gewährleisten, dass die Besteuerungsgrundlagen richtig aufgezeichnet und berücksichtigt und im Zuge dessen die hierauf entfallenden Steuern fristgerecht und vollständig abgeführt werden. Zudem muss das Kontrollsystem die steuerlichen Risiken laufend abbilden.

Nähere Details zur konkreten Ausgestaltung des TCMS wurden vom Gesetzgeber nicht bekanntgegeben. So bleibt weiterhin offen, wie genau das TCMS zur Prüfung ausgestaltet sein soll.
Die tatsächliche Gewährung der Prüfungserleichterung durch die Prüfer ist jedoch an folgende Voraussetzungen geknüpft:
 
  1. Der Steuerpflichtige verfügt über ein innerbetriebliches Steuerkontrollsystem (wirksames TCMS)
  2. Die Wirksamkeit des Steuerkontrollsystems wurde im Rahmen der Außenprüfung geprüft
  3. Es besteht kein oder nur ein unwesentliches steuerliches Risiko bezüglich der Steuern gem.
  4. § 149 III AO und hierauf bezogene gesonderte Feststellungen

Wichtig zu verstehen ist, dass die verbindliche Zusage auf Prüfungserleichterungen nur auf Antrag des Steuerpflichtigen und bei positivem Prüfungsergebnis gewährt werden kann. Es besteht also kein Antragsrecht des § 38 EGAO, die Gewährung seitens der Finanzbehörde ist eine Ermessensentscheidung. Außerdem steht die Zusage von Prüfungserleichterungen unter Vorbehalt des Widerrufs. Veränderungen in Bezug auf das Steuerkontrollsystem sind aufzuzeichnen und der Finanzverwaltung unverzüglich mitzuteilen.
Werden die oben genannten Voraussetzungen erfüllt, so erhält der Steuerpflichtige einen Vertrauensvorschuss für zukünftige Außenprüfungen. Dies stellt eine Neuerung dar, da das Verfahrensrecht bisher keinen Vertrauensschutz gegenüber Vorjahren vorsah. Ausnahmen hierzu sind und waren verbindliche Zusagen.

Fraglich bleibt in diesem Zusammenhang jedoch, wie die Systemprüfung des Steuerkontrollsystems durch die Prüfer in der Praxis erfolgen soll. Bereits heute sind die Kapazitäten auf Seiten der Prüfer knapp bemessen.
 

Fazit

Positiv zu bewerten ist, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der neuen Vorschrift die bisherigen Anstrengungen von Unternehmen zur Etablierung wirksamer interner Steuerkontrollsysteme würdigt.

Eine Effizienzsteigerung der Betriebsprüfung und Erleichterungen durch den Nachweis eines wirksamen TCMS sind zu begrüßen. Insgesamt wird die Bedeutung des TCMS gestärkt und es kann davon ausgegangen werden, dass durch die Regelung des § 38 EGAO die Relevanz von wirksamen TCMS weiter steigen wird. Offen bleibt jedoch die konkrete Ausgestaltung der Prüfung des TCMS und in welchem Umfang das TCMS von den geprüften Unternehmen bereitzustellen ist.

Bei der Vorschrift des § 38 EGAO handelt es sich zunächst um einen befristeten Erprobungszeitraum. Die Systemprüfungen der Steuerkontrollsysteme und zugesagte Erleichterungen sind von den Landesfinanzbehörden bis zum 30. April 2029 zu evaluieren und die obersten Finanzbehörden der Länder teilen die Ergebnisse der Evaluierung dem Bundesministerium für Finanzen bis zum 30. Juni 2029 mit. Es bleibt abzuwarten, welche Bedeutung der Einführung des § 38 EGAO tatsächlich beizumessen ist und wie sich die Vorschrift in der Praxis bewährt.
 

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