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veröffentlicht am 13. Juni 2022, zuletzt aktualisiert am 24. Juni 2022
Am 17. Mai 2022 fällte das OVG Münster ein bemerkenswertes Urteil (Az.: OVG NW 9 A 1019/20). Es änderte seine bisherige Rechtsprechung grundlegend. Die Aufgabenträger der Abwasserentsorgung werden Millionen Mindereinnahmen zu verzeichnen haben.
Der gleichzeitige Ansatz einer Abschreibung des Anlagevermögens auf der Basis seines Wiederbeschaffungszeitwertes und einer kalkulatorischen Nominalverzinsung ist unzulässig, da der Inflationsausgleich doppelt berücksichtigt wird. Zulässig bleibt demnach entweder die Abschreibung des Anlagevermögens auf der Basis seines Wiederbeschaffungszeitwertes bei einer kalkulatorischen Realverzinsung des eingesetzten Eigen- (und ggf. Fremd-)Kapitals oder die Abschreibung des Anlagevermögens auf der Basis der Anschaffungs- und Herstellungskosten bei einer kalkulatorischen Nominalverzinsung. Der einheitliche Nominalzinssatz für die gemeinsame Verzinsung von Eigen- und Fremdkapital des für die Abwasserbeseitigungsanlagen aufgewandten Kapitals beträgt gemäß Berechnung des OVG Münster für das Veranlagungsjahr 2017 2,42 Prozent und liegt damit deutlich unter dem Wert, der bislang üblicherweise bei der Kalkulation angesetzt wurde. Wendet man bei einer Abschreibung auf Basis der Anschaffungs- und Herstellungskosten die OVG-Methode zur Zinsberechnung für das Veranlagungsjahr 2022 an, ergibt sich ein Zinssatz von 0,72 Prozent.
Auf alle bisher noch nicht bestandskräftigen Gebührenbescheide bzw. auf Gebührenbescheide, deren Widerspruchsbegründung o.g. Aspekte aufgreift sind von dieser Entscheidung betroffen.Gebührenkalkulationen sind auf ihre Konformität mit o.g. Urteil zu überprüfen und ggf. zu korrigieren. Dabei sind verschiedene Methoden denkbar. Soweit für das Jahr 2022 noch Gebührenbescheide erstellt werden, ist zu prüfen, ob die Vorauskalkulation 2022 anzupassen und die Gebührensatzung 2022 zu ändern ist. Dieses Szenario wird die meisten Abwasserentsorger betreffen, die von o.g. Urteil tangiert sind. Weiterhin ist zu prüfen, ob Abschlagszahlungen für den Rest des Jahres angepasst werden sollten. Hier könnte kurzfristiger Handlungsbedarf bestehen, den es zu bewerten gilt. Soweit in wesentlichem Umfang Einsprüche gegen die Gebührenbescheide 2021 wegen dieses Sachverhalts vorliegen, sollte geprüft werden, welche Auswirkungen sich diesbezüglich ergeben. Schließich sollten Überlegungen angestellt werden, inwieweit das Urteil bei der anstehenden Vorauskalkulation 2023 zu berücksichtigen ist. Wir beraten Sie gern bei der Beurteilung der Auswirkungen des Urteils und bei der effizienten Umsetzung der zu treffenden Maßnahmen.
Wasser KompassAusgabe 06/2022
Oliver Quost
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
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Florian Moritz
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Wasserwirtschaft