Die Auswirkungen der E-Mobilität auf die deutsche Strominfrastruktur

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veröffentlicht am 4. März 2019

 

Auch wenn das Ziel bis 2022 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen rollen zu lassen ambitioniert erscheint, ist dennoch offenkundig, dass der Markt für Elektromobilität zunehmend an Fahrt aufnimmt. Bei der Einbindung der Elektrofahrzeuge in die vorhandene Energielandschaft kommt den Verteilnetzbetreibern eine tragende Rolle zu. Dabei sehen sich viele Netzbetreiber regulatorischen Hürden und weiteren Herausforderungen gegenübergestellt. Gleichzeitig gilt es, tragfähige Geschäftsmodelle zu finden und bereits jetzt die Weichen für die Zukunft zu stellen.


Entwicklung der Elektromobilität

Die Transformation der deutschen Energielandschaft ist bereits in vollem Gange und auch die Elektrifizierung der Mobilität schreitet voran. Die nachstehende Abbildung zeigt nach einer behäbigen Anlaufphase einen deutlichen Anstieg der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen in den vergangenen Jahren.

 

Grafik Neuzulassungen Elektrofahrzeuge 

Abbildung 1: Kumulierte Neuzulassungen Elektrofahrzeuge (Quelle KBA)


Die positive Entwicklung wird unter anderem durch das Marktanreizprogramm der Bundesregierung für die Elektromobilität gefördert. Das Programm soll den Aufbau eines flächendeckenden und bedarfsgerechten Netzes von Schnelllade- und Normalladestationen initiieren. Ziel ist der Aufbau von mindestens 15.000 Ladestationen bis 2020. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Auswirkungen auf das Energiesystem mit der Elektromobilität verbunden sind. Unstrittig scheint dabei ein steigender Investitionsbedarf auf der Verteilnetzebene zu sein. Dies stellt die Verteilnetzbetreiber zunächst vor die Herausforderungen der Umsetzung und der Finanzierung der Umbaumaßnahmen. Ungewiss ist jedoch die Höhe der notwendigen Investitionen für die Anpassung der Netze, die durch die Einbindung der Elektrofahrzeuge in das Energiesystem entstehen. Studien beziffern den Investitionsbedarf allein für E-Mobilität in allen Netzebenen auf bis zu 17,5 Mrd. Euro bei 20 Millionen E-Fahrzeugen.

 

Anreize durch Regulierung

Die zusätzliche Investitionstätigkeit wird zwar unter dem derzeitigen Regulierungsregime unmittelbar über den sogenannten Kapitalkostenaufschlag vergütet. Es werden jedoch keine Anreize zum Einsatz von Smart-Grid-Lösungen anstelle eines konventionellen Netzausbaus gesetzt. Die voranschreitende Digitalisierung der Energiewirtschaft bringt jedoch einen erhöhten Bedarf an intelligenten Investitionen mit sich, um die effektive Kommunikation zwischen allen Marktteilnehmern sicherzustellen. Dabei bildet der effiziente Betrieb der dazugehörigen Informations- und Kommunikationstechnologie das Rückgrat des digitalen Verteilnetzbetreibers von morgen.1 Investitionen in Smart-Grid-Lösungen sorgen jedoch in erster Linie zunächst für erhöhte operative Aufwendungen aufgrund des steigenden Personalaufwands sowie der weniger eingespielten Prozesse. Steigen die operativen Kosten über eine Regulierungsperiode hinweg zu stark an, entsteht für den Netzbetreiber aufgrund der Basisjahrbetrachtung bei den operativen Kosten in Verbindung mit einer unsicheren Anerkennung bei der nächsten Kostenprüfung ein Kürzungsrisiko. Zusätzliche Anreize für „smarte“ Investitionen würden tendenziell zu vergleichsweise kostengünstigen, effizienten und schnell umsetzbaren Lösungen für die Einbindung der Elektromobilität führen.

 

Die flächendeckende Verbreitung von Elektrofahrzeugen wird ohne Zweifel zu einer größeren Belastung für die Stromnetze führen. Gerade die abendliche Lastspitze durch viele gleichzeitige Ladevorgänge von Berufspendlern stellt eine Herausforderung an die örtlichen Verteilnetze dar. Hier versprechen intelligente Netzautomatisierungslösungen Angebot und Nachfrage so in Einklang zu bringen, dass hohe Lastspitzen abgewendet werden können. Auch flexible Tarife können zu einem smarten Ladeverhalten beitragen. Erfahrungen zeigen, dass Lastspitzen somit um bis zu 50 Prozent reduziert werden können.2 Verschiedene Studien konnten zeigen, dass bei der Adaption von Netzautomatisierungslösungen und intelligenter Ladesteuerungsmechanismen kein zusätzlicher Ausbaubedarf auf Ebene der Verteilnetze besteht.3 Dies verdeutlicht nochmals das notwendige Umdenken hin zu intelligenteren Lösungen anstatt des klassischen Netzausbaus.

 

Entwicklung der Netzentgelte

Bei einer flächendeckenden Verbreitung von Elektrofahrzeugen ist eine zunehmende Stromentnahmemenge zu erwarten. Unter dem aktuellen Regulierungsregime führt eine größere Entnahmemenge grundsätzlich zu einer Reduktion der Stromnetzentgelte. Hintergrund ist der hohe Fixkostenanteil eines Netzbetreibers. Steigt die Auslastung der Verteilnetze, sinken letztendlich die spezifischen Netzentgelte, die auf die Letztverbraucher umgelegt werden. Gemäß einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung kann diese Entwicklung der Netzentgelte in einem betrachteten Modellnetz sowohl bei kapitalintensiven Investitionen als auch bei einem vermehrten Einsatz von intelligenten Netzmanagementsystemen gezeigt werden.4

 

Der Mengensteigerung durch die zunehmende Stromnachfrage aufgrund der Verbreitung von Elektrofahrzeugen stehen allerdings auch gegenläufige Effekte durch Energieeffizienzsteigerungen entgegen und müssen in die Betrachtung miteinbezogen werden.

 

Handlungsoptionen eines Stromnetzbetreibers

Für Betreiber von Stromverteilnetzen stellt das unsichere Umfeld aufgrund vieler ungeklärter Fragen eine Herausforderung dar. Gleichzeitig wird von vielen Kommunen aus Gründen der Stärkung des Wirtschaftsstandorts und zur Umsetzung von Klimaschutzkonzepten der Ausbau der Ladeinfrastruktur explizit gefordert. Auch wenn das Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen bis 2020 durch die Bundesregierung revidiert und auf bis 2022 korrigiert wurde, ist es nicht weniger ambitioniert. Verteilnetzbetreiber sollten daher schon heute reagieren und sowohl ihre Netzplanung als auch das Netzmanagement verbessern und zusätzlich weitere Maßnahmen in Zusammenarbeit mit der Kommune einleiten bzw. die Zusammenarbeit vertiefen. Dabei gilt es, vorhandene Verkehrs- und Mobilitätskonzepte mit bereits vorhandener Ladeinfrastruktur und weiteren Ausbaumaßnahmen in Einklang zu bringen.

 

Darüber hinaus bieten sich für Stadtwerke und Energieversorger unterschiedliche Geschäftsfelder im Bereich der Elektromobilität. Als Ladeinfrastrukturbetreiber können Energieversorgungsunternehmen nicht nur elektrischen Strom über spezielle Elektromobilitätstarife vertreiben und ihre Stromabsatzmengen durch die Einbindung von Elektrofahrzeugen erhöhen, sondern auch weitere Angebote rund um die Elektromobilität und Ladeinfrastruktur für Hauseigentümer und Unternehmen vermarkten. Denn bei steigenden Durchdringungsraten bei der Elektromobilität, wird auch die Nachfrage nach verschiedenen Serviceangeboten rund um die Elektromobilität, wie zum Beispiel Mobilitätsangebote in Form von regionalem E-Car- bzw. E-Bike-Sharing, steigen. Auch integrierte Quartierslösungen unter Einbezug von Elektromobilität sind denkbar.

 

Gleichzeitig wird auch das Zusammenspiel zwischen öffentlichem Laden, Laden zu Hause und Laden beim Arbeitgeber immer wichtiger, sodass im Idealfall ein kommunaler Masterplan gemeinsam mit dem örtlichen Versorger bzw. Netzbetreiber zu erstellen ist.

 

Um zukünftige Chancen ergreifen zu können und um eine erfolgreiche Integration der Elektromobilität zu gewährleisten, sollte schon heute eine ganzheitliche Strategie entwickelt werden.

 

 

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