Neue Vermarktungsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle – Womit verdienen Stadtwerke in Zukunft Geld?

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​veröffentlicht am 8. Dezember 2014

 

Der durch die Energiewende hervorgerufene Wandel der Energiebranche stellt Stadtwerke vor große Herausforderungen. Der Aufbau eigener Kompetenz und Durchsetzung im Wettbewerb oder Kooperation mit einem bereits etablierten Unternehmen können Möglichkeiten sein, um sich diesen zu stellen. Insbesondere die Bündelung von Erzeugung und Vertrieb im Rahmen von Lokal- oder Regionalstrommodellen kann für die beteiligten Akteure vorteilhaft sein.

 

Die vielleicht größte Herausforderung der Energiewende ist die Markt- und Systemintegration der erneuerbaren Energien. Die gesetzlich vorgesehenen Mechanismen haben mittlerweile zahlreiche Marktakteure mit einer Vielfalt an Geschäftsmodellen auf den Plan gerufen. Die angebotenen Dienstleistungen reichen dabei von der Unterstützung bei der Entwicklung von Erzeugungsprojekten, dem Angebot kaufmännischer oder technischer Betriebsführungsleistungen über die klassische Direktvermarktung bis hin zur Bereitstellung bzw. Vermarktung von Reserve- und Regelenergie. Dabei zeichnen sich die anbietenden Unternehmen regelmäßig durch ihre hohe Anpassungsfähigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit aus. 
 

Auch Stadtwerke haben Handlungsbedarf

Stadtwerke sind von dem aktuellen Branchenwandel gleich mehrfach betroffen: Im Bereich der klassischen Kerngeschäfte Netzbetrieb und Energievertrieb führen Regulierung bzw. Liberalisierung zu sinkenden Deckungsbeiträgen und Margendruck. Zusätzlich haben Einzelne mit Verlusten aus unwirtschaftlichen Erzeugungsprojekten zu kämpfen.
 
Gleichzeitig streben sowohl Gewerbe- und Industriebetriebe als auch private Haushalte zunehmend nach Energieautarkie und -effizienz. In der Konsequenz steigt der Anteil eigenerzeugter Energie, insbesondere aus Photovoltaik und Kraft-Wärme-Kopplung, teils unter Einsatz von Strom- und Wärmespeichern, stetig an. Im gleichen Verhältnis sinkt in den entsprechenden Kundensegmenten das Absatzpotenzial. Aufgrund der mit Eigenversorgungs- und Direktlieferungsmodellen regelmäßig auf Kundenseite verbundenen Einsparung staatlicher Belastungen und Abgaben, kann dieser Entwicklung auch durch Preissenkungen nur sehr begrenzt begegnet werden, zumal die Vertriebsmargen durch den vorhandenen Wettbewerb oftmals schon ausgereizt sind. Das bloße Verweilen in der Komfortzone des klassischen Geschäftes kann jedoch letztlich dazu führen, dass für die Stadtwerke am Ende nur noch die Krümel vom zu verteilenden Kuchen abfallen.
 

Dienstleistung als Antwort?

Auch nach der jüngsten EEG-Novelle ist davon auszugehen, dass die dezentrale Erzeugung auch weiterhin zunehmen wird. Eine Option für Stadtwerke aktiv zu werden, sind nach wie vor Pachtmodelle: Der Versorger investiert und installiert eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Kunden. Dieser betreibt die Anlage auf Grundlage eines entsprechend gestalteten Pachtvertrages als Eigenversorger, wobei die technische und kaufmännische Abwicklung regelmäßig über einen Betriebsführungsvertrag beim Stadtwerk verbleibt. Hier muss der Spagat gelingen, einerseits die Betreiberstellung auf den Kunden zu verlagern und andererseits nicht das wirtschaftliche Eigentum zu verlieren. Außerdem ist für das gewerbsmäßige Anbieten von Finanzierungsleasingverträgen – und um solche handelt es sich bei derartigen Modellen regelmäßig – eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erforderlich, was für viele Stadtwerke eine erhebliche praktische Umsetzungshürde darstellen dürfte. In der Konsequenz erfolgt die Realisierung meist in Kooperation mit einem spezialisierten Dienstleister, was jedoch bedeutet, dass die Wertschöpfung geteilt werden muss.
 
Eine andere Variante stellt die Arealvermarktung dar, bei der das Stadtwerk eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Endverbrauchers errichtet, selbst betreibt und dem Endkunden Strom „vom eigenen Dach“ ohne Netzentgelte, netzbezogene Umlagen, Konzessionsabgabe und – je nach Anlagengröße – ohne Stromsteuer verkauft. Ertragreich erscheint ein solches Modell dann, wenn sich die für Investition, Betrieb und Abwicklung anfallenden Kosten aus der Differenz der Stromgestehungskosten zuzüglich EEG-Umlage und dem Endkundenstrompreis abdecken lassen.
 
Neben den teils komplexen rechtlichen und wirtschaftlichen Anforderungen zeigt sich hier vor allem die Sorge, mit neuen Geschäftsfeldern, etwa im Energiedienstleistungsbereich, das Kerngeschäft zu kannibalisieren als Hemmnis. Darüber hinaus, wurden neu entstandene „Nischen” von Pionierunternehmen zum Teil bereits zügig besetzt. Im Ergebnis bleibt häufig nur noch die Wahl zwischen dem Aufbau eigener Kompetenz und Durchsetzung im Wettbewerb oder Kooperation mit einem bereits etablierten Unternehmen.
 

Direktvermarktung von Lokal- und Regionalstrom

Eine interessante Möglichkeit kann auch die Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien im Rahmen von Lokal- oder Regionalstrommodellen sein. Ein Betätigungsfeld für Stadtwerke stellt insoweit die Bündelung von – idealerweise flexibel steuerbarer und am Bedarf auszurichtender – Erzeugungskapazitäten unter Bereitstellung der hierfür nötigen Infrastruktur dar. Vorhandene Kapazitäten werden dazu gepoolt und direktvermarktet. Zielgruppe können größere dezentrale Stromerzeugungsanlagen, aber auch der Zusammenschluss vieler Kleinstanlagen sein. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, Erzeugungsanlagen als Regelenergie – in der Regel als Minutenreserve – zu vermarkten. Auch Anlagen nach Auslaufen der staatlichen Förderung können ins Erzeugungsportfolio integriert werden.
 
Gerade wenn sowohl die Erzeugerseite (Anlagenbetreiber) als auch die Absatzseite (Stadt- und Gemeindewerke) direkt miteinander kooperieren, kann eine Win-Win-Situation entstehen, da die Erzeuger von der Erfahrung und vom Kundenstamm der Versorgungsunternehmen profitieren, die Versorger wiederum über die Regionalität ein zusätzliches Verkaufsargument generieren können.  
 

Fazit

Auch das bislang noch weitgehend stabile Geschäft der klassischen Stadtwerke unterliegt durch die neuen Marktentwicklungen einem tiefgreifenden Wandel. In der Konsequenz müssen sich auch Stadtwerke in den nächsten Jahren den neuen Gegebenheiten anpassen, sich auf neue Felder wagen und neue Geschäftsmodelle erproben. Besonders interessant dürften die verschiedenen Vermarktungsmodelle für dezentral erzeugte Energie sein. Je nach Status quo im Unternehmen kann hier auf vorhandenen Strukturen aufgesetzt und Kompetenz auf- bzw. ausgebaut oder im Wege von Kooperationen Know-how verschiedener Akteure gebündelt werden.

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Joachim Held

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