Private-Investor-Test: Glasfasernetze beihilferechtskonform ausbauen Teil I: Rechtlicher Rahmen

PrintMailRate-it

​veröffentlicht am 11. Mai 2023

 

Beabsichtigt eine Kommune, den Ausbau von Glasfasernetzen in ihrem Gemeindegebiet voranzutreiben, indem sie eigenen Unternehmen Geld zufließen lässt oder anderweitig Vorteile (z.B. mittels Bürgschaft) verschafft, ist dies nur in den engen Schranken des Beihilferechts zulässig. Ein Weg, um Rechtssicherheit zu schaffen, kann ein sogenannter Private-Investor-Test sein. Besteht die Investition diesen Test, ist eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 AEUV ausgeschlossen und das Vorhaben kann beihilferechtskonform starten.

 

Eigeninitiative von Kommunen als Chance und Risiko

 

Besonders zukunftsorientierte Kommunen ergreifen die Initiative und möchten selbst in den Ausbau von Glasfasernetzen in ihren Gemeindegebieten „investieren“. Regelmäßig fällt hierbei das Augenmerk auf ein kommunales Unternehmen, das mit finanziellen Mitteln der Kommune unterstützt werden soll. Die Unterstützung kann hierbei auf vielerlei Arten (direkt oder indirekt, z.B. mittels Gesellschafterdarlehen, Bürgschaften, spartenfremde/-übergreifende Finanzierung) erfolgen.

Ob diese Unterstützungsleistungen im Einzelfall zulässigerweise gewährt werden dürfen, bedarf hierbei einer beihilferechtlichen Prüfung. Verstößt eine Maßnahme gegen das Beihilferecht, so ist der zugrundeliegende Rechtsakt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgrund des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) i.V.m. § 134 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nichtig.

 

Europarechtlicher Hintergrund zur Beihilfe i.S.d. Art. 107 AEUV

 

Den rechtlichen Rahmen der nun notwendigen Prüfung gibt Art. 107 AEUV vor. Hiernach sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, wenn sie durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt grundsätzlich unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedsstaaten beeinträchtigen.

 

Damit die von der Kommune geplante Unterstützung keine unzulässige Beihilfe darstellt, dürfen damit unter anderem folgende, unseres Erachtens regelmäßig praxisrelevante Tatbestandsmerkmale des Art. 107 AEUV nicht kumulativ vorliegen:

 

  • Finanzierung der Maßnahme aus staatlichen Mitteln
  • Gewährung eines Vorteils
  • Auswirkungen der Maßnahme auf den Wettbewerb und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union

 

An sämtlichen in Art. 107 AEUV genannten Merkmalen ist die beabsichtigte Unterstützungshandlung der Kommune zu messen.

 

Hervorzuheben ist dabei insbesondere, dass nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Unterstützungshandlungen der Kommune eine unzulässige Beihilfe darstellen können, also etwa Unterstützungen über mittelbare Beteiligungsunternehmen der Kommune ebenfalls zu betrachten sind. Ob die hierfür erforderliche „Kontrolle des öffentlichen Unternehmens“ – die der Europäische Gerichtshof in seiner „stardust-Marine“-Entscheidung (EuGH, Urteil vom 16.05.2002 - Rs. C-482/99) in diesen Fällen fordert – vorliegt, muss anhand der jeweiligen gesellschaftlichen Ausgestaltung zwischen der Kommune, dem unterstützenden und dem unterstützten Unternehmen geprüft werden.

 

Ausschluss der Beihilfe mittels positivem Private-Investor-Test

 

Da in den in der Praxis häufig vorzufindenden Konstellationen oft sonstige Freistellungen (z.B. durch einen DAWI-Freistellungsbeschluss unter Berücksichtigung der Breitbandleitlinien der EU-Kommission) nicht weiterhelfen, kommt dem sogenannten Private-Investor-Test (PIT) als eine Möglichkeit zur Prüfung der Beihilferechtskonformität eine wichtige Rolle zu. Der PIT prüft unter Zugrundelegung einer mehrjährigen Finanzplanung, ob ein unter normalen Marktbedingungen handelnder rationaler privater Kapitalgeber in einer möglichst ähnlichen Lage diese Investition ebenfalls getätigt hätte. Kommt der PIT zu einem „positiven Ergebnis“, so ist die „Gewährung eines Vorteils“ im Sinne des EU-Beihilferechts zu verneinen – und die Unterstützung kann beihilferechtskonform erfolgen.

 

Ausführungen zum kaufmännischen Rahmen eines PIT lesen Sie im Schwesterartikel.

 

Sofern – wie nach unserer Erfahrung regelmäßig der Fall – Unterstützungshandlungen nicht nur einmalig, sondern mehrfach erfolgen sollen, z.B. wenn das Glasfasernetz in verschiedenen Abschnitten über mehrere Jahre errichtet werden soll, ist zu prüfen, ob es sich hierbei um eine einheitliche Maßnahme handelt. Anderenfalls können jedenfalls ein sogenanntes PIT-Monitoring oder aber gesonderte bzw. aktualisierte PITs erforderlich werden.

 

Gerne unterstützen wir Sie in allen rechtlichen Themen rund um Glasfaserausbauprojekte, sprechen Sie uns an!

FOLGEN SIE UNS!

LinkedIn Banner

Kontakt

Contact Person Picture

Andreas Lange

Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), Rechtsanwalt

Associate Partner

+49 911 9193 3573

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Veronika Kreß

Rechtsanwältin, Finanzbetriebswirtin (IWW)

Senior Associate

+49 911 9193 1362

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu