BGH erklärt Umlagefähigkeit des TV-Kabelanschlusses auf den Mieter weiterhin für zulässig

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​veröffentlicht am 16. Dezember 2021


Der BGH hat in seiner Entscheidung (Urteil v. 18.11.2021, Az. I ZR 106/20) entschieden, dass Vermieter weiterhin die Kosten für Kabel-TV-Anschlüsse auf ihre Mieter umlegen und über die Nebenkostenrechnung abrechnen dürfen, wenn dies zwischen den Parteien im Mietvertrag vereinbart worden ist. Allerdings wird die Bedeutung der Entscheidung des BGHs nur noch von kurzer Dauer sein, da mit Inkrafttreten des neuen Telekommunikationsgesetzes die Übergangsfrist zu laufen begonnen hat und die Umlagefähigkeit des TV-Kabelanschlusses im Juli 2024 vollständig auslaufen wird.
 
Klägerin des Verfahrens vor dem BGH war die Wettbewerbszentrale gegen die Wohnungsanbieterin Vivawest, eine der größten Wohnungsbaugesellschaften in Nordrhein-Westfalen. Diese vermietet derzeit über 120.000 Wohnungen, von welchen etwa 108.000 an ein Kabelfernsehnetz angeschlossen sind. Über dieses TV-Kabelnetz werden Fernseh- und Hörfunkprogramme übertragen. Zusätzlich stehen darüber auch Dienste wie Internet und Telefon zur Verfügung. Die Kosten für die Versorgung der Wohnungen über das Kabelnetz legte die Vivawest bisher entsprechend einer Regelung in den Mietverträgen als Betriebskosten auf ihre Mieter/innen um. Eine separate Kündigung dieses Kabelanschlusses während des weiteren Bestehens des Mietverhältnisses war im Mietvertrag nicht vorgesehen.

Die Wettbewerbszentrale als Klägerin des Verfahrens vertrat die Auffassung, dass die Abrechnung des Kabelanschlusses über die Betriebskosten gegen § 43b TKG (a.F.) verstoße, da die Mietverträge keine Regelungen enthielten, nach denen die kostenpflichtige Bereitstellung eines Kabelanschlusses wenigstens zum Ablauf einer Laufzeit von 24 Monaten kündbar sei. Nach § 43b TKG (a.F.) darf ein Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten eine Mindestlaufzeit von maximal 24 Monaten nicht überschreiten. Zusätzlich muss es möglich sein, einen Vertrag mit einer Mindestlaufzeit von nur 12 Monaten abzuschließen.

Als weiteren Punkt führte die Klägerin an, dass die Umlagefähigkeit der Kabelgebühren auf den Mieter wettbewerbswidrig sei, da Anbieter alternativer Übertragungswege (z.B. Streamingdienste) über welche ebenfalls TV-Dienste in Anspruch genommen werden können, benachteiligt seien. Ein Mieter, der bereits durch den Mietvertrag für einen TV-Anschluss zahle, würde schließlich in der Regel nicht zusätzlich einen weiteren Vertrag über eine Alternative zum Kabel-TV abschließen. Dem Mieter müsse es demnach möglich sein, den TV-Kabel-Anschluss unabhängig vom Mietverhältnis zu kündigen.

Das Landgericht Essen hatte die Klage bereits abgewiesen und das Oberlandesgericht Hamm die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 8 Abs.1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit § 43b TKG und ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten wurden von den Gerichten verneint. Die Vorschrift des § 43b TKG (a.F.) sei im Verhältnis der Beklagten zu ihren Mietern nicht anwendbar, weil das Angebot der Beklagten im Sinne dieser Vorschrift nicht öffentlich zugänglich sei.

Auch der BGH hatte die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Der BGH sah durch die Bindung der Mieter der Vivawest an einen kostenpflichtigen Kabelanschluss keinen Verstoß gegen § 43b TKG (a.F.). Zwar sah der BGH in der Bereitstellung des TV-Kabelanschlusses die Erbringung eines Telekommunikationsdienstes im Sinne des § 3 Nr. 24 TKG (a.F.), welcher aufgrund der hohen Anzahl der vermieteten und mit TV-Kabelanschluss ausgestatteten Wohnungen der Beklagten auch öffentlich zugänglich ist.

Allerdings verneinte der BGH eine unmittelbare Anwendung des § 43b TKG (a.F.) auf die von der Beklagten abgeschlossenen Mietverträge. In den entsprechenden Mietverträgen zwischen der Vivawest und ihren Mieter/innen ist gerade keine Mindestlaufzeit von 24 Monaten vereinbart. Die Beklagte verwehrt den Mietern auch keinen Abschluss eines Mietvertrages von nur 12 Monaten. Die Mietverträge werden vielmehr auf unbestimmte Zeit geschlossen und können vom Mieter nach § 537c BGB bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats gekündigt werden.

Eine entsprechende analoge Anwendung des § 43b TKG (a.F.) schließe bereits die Entstehungsgeschichte der Norm aus. Diese zeigt, dass der Gesetzgeber große Wohnungsbaugesellschaften, die mit Kabelanschluss ausgestattete Wohnungen vermieten und diese Kosten als Betriebskosten auf ihre Mieter umlegen, nicht in den Geltungsbereich des § 43b TKG (a.F.) einbeziehen wollte.


Dies zeigen auch entsprechende Änderungen des Telekommunikationsgesetzes, welches am 01.12.2021 in Kraft getreten ist. Nach dem neuen § 71 Abs. 1 Satz 1 und 3 TKG haben Verbraucher zwar die Möglichkeit, die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten im Rahmen eines Mietverhältnisses nach 24 Monaten zu beenden. Wenn aber zurzeit diese Kosten für die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten ausschließlich durch den Vermieter als Betriebskosten abgerechnet werden, besteht diese Beendigungsmöglichkeit laut der Übergangsvorschrift des § 230 Abs. 4 TKG erst ab dem 01. Juli 2024.

Der BGH hält demnach mit seiner Entscheidung an der bisherigen Rechtslage bezüglich der Umlagefähigkeit des TV-Kabelanschlusses über die Betriebskosten auf die Mieter fest. Betroffene Verbraucher, die derzeit von einer solchen Zahlung des Kabelanschlusses über die Betriebskosten betroffen sind, müssen zunächst die im neuen Telekommunikationsgesetz geregelte Übergangsfrist (1. Juli 2024) abwarten.

Mit Inkrafttreten des neuen Telekommunikationsgesetzes fällt zwar die Umlagefähigkeit von TV-Kabelanschlüssen (unter Berücksichtigung der Übergangsfrist bis 1. Juli 2024) weg, allerdings sollen neue Refinanzierungsmöglichkeiten für Glasfaserinfrastrukturen in Gebäuden geschaffen werden. Grundsätzlich wird es ab sofort möglich sein, die Kosten für den Glasfaserausbau über ein sogenanntes Glasfaserbereitstellungsentgelt auf die Mieter als Betriebskosten umzulegen. Auch besteht für die Vermieter die Möglichkeit, diese Kosten als Modernisierungsmaßnahme geltend zu machen und demzufolge eine Erhöhung der Miete durchzusetzen.

 

 

 

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