Eine Drittnutzerfinanzierung ist für den ÖPNV notwendig

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​​​​​​veröffentlicht am 18. April 2024

Die aktuellen politischen Debatten zu den Emissionszielen des Verkehrssektors und die erforderliche Verkehrswende zeigen, dass für den Ausbau des ÖPNV zusätzliche finanzielle Mittel benötigt werden. Die aktuelle Finanzierung des ÖPNV basiert auf Fahrgeldeinnahmen und staatlichen Mitteln. Fahrpreise können nicht endlos steigen und die staatliche Finanzierung steht derzeit vor der Herausforderung der Haushaltslage, die sich durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfond verschärft hat.

 
Eine Lösung kann der Einbezug sog. Drittnutzer sein. Hierbei handelt es sich um den Einbezug solcher Personenkreise in die ÖPNV-Finanzierung, die einen mittelbaren Nutzen aus der ÖPNV-Anbindung ziehen. Die Ansätze hierzu sind vielfältig und auf den jeweiligen geografischen Bereich und die dort herrschenden Verhältnisse abzustimmen. Derzeit v.a. diskutiert werden die Ansätze der City-Maut (entgeltpflichtige Einfahrt in die Innenstadtzone) und der höheren Bepreisung des öffentlichen Parkraums (für Anwohner und/ oder Kurzparker). Beide Maßnahmen bepreisen individuelles Mobilitätsverhalten und wirken überwiegend in Ballungszentren. Für den ländlichen Raum kommen hingegen solche Maßnahmen in Frage, die unabhängig vom individuellen Mobilitätsverhalten sind und von der dortigen Gesamtbevölkerung getragen werden, wie z.B. ein von jedem Haushalt erhobener ÖPNV-Grundbeitrag, welcher den Ausbau des ÖPNV finanzieren könnte, der Erwerb von Fahrscheinen bleibt bei diesem Modell weiterhin notwendig.
 
Jörg Niemann, Leiter des Kompetenz-Centers Mobilität von Rödl & Partner sowie Rechtsanwältin Ricarda Bans stellten auf dem Deutschen Nahverkehrstag in Koblenz methodische Ansätze zur Ermittlung passender Drittnutzerfinanzierungsinstrumente vor. Neben dem methodischen Ansatz wurde das erforderliche Zusammenspiel von Finanzierungsbedarf und Finanzergiebigkeit der Maßnahmen besprochen. Dies vor dem Hintergrund von Analysen, die ergeben haben, dass eine passende Finanzergiebigkeit teilweise nur durch eine Bündelung von Maßnahmen erreicht werden kann, die in ihrer Steuerungs- und Lenkungswirkung in unterschiedliche Richtungen zielen. Ebenfalls ergeben sich Fragen der praktischen Umsetzbarkeit in den jeweiligen Gebieten, so sind ausgewählte Finanzierungsinstrumente nur für den urbanen Bereich umsetzbar, andere sind unabhängiger von der jeweiligen Siedlungsstruktur.
 
Darüber hinaus ist der Fokus im Rahmen der Drittnutzerfinanzierung auf die rechtliche Umsetzbarkeit der Maßnahmen zu legen. Eine Vielzahl derzeit diskutierter Maßnahmen benötigt die Schaffung neuer Rechtsgrundlagen und ist daher vom politischen Umsetzungswillen abhängig. Neben dieser Grundvoraussetzung ist eine verfassungskonforme Ausgestaltung der Maßnahmen von überragender Bedeutung, damit diese langfristig den ÖPNV stärken können. Es zeigt sich, dass Finanzierungsinstrumente, die eine breite Basis zu erhebender Personen einbeziehen insbesondere dem Gleichheitsgrundsatz genügen müssen. Wenn beispielsweise alle Haushalte zur Zahlung eines ÖPNV-Grundbeitrags verpflichtet würden, so scheint eine Staffelung der Höhe dieses Beitrags anhand der Anbindungsqualität sowie Ausnahmetatbestände für solche Personen ratsam, die nachweislich den ÖPNV nicht nutzen können.
 

Bewertung für die Praxis

Die Relevanz der Ausweitung der derzeitigen Finanzierung des ÖPNV liegt auf der Hand. Um eine Angebotsausweitung im ÖPNV zu erreichen, müssen weitere Finanzierungsinstrumente einbezogen werden. Diese Notwendigkeit zeigt sich insbesondere für die Finanzierung des Ausbaus der Infrastruktur und Anschaffung der Fahrzeuge. So werden z.B. an die Anschaffung der Fahrzeuge zur Einhaltung der Klimaziele Anforderungen an geringere Emissionen der Fahrzeuge gestellt (Clean-Vehicles-Directive bzw. Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungsgesetz). Parallel bestehen Bestrebungen, den Tarif des Deutschland-Tickets zu halten, sodass für ggf. erforderliche Erhöhungen der Fahrgeldeinnahmen eine Grenze besteht. Über passgenaue Finanzierungsinstrumente für den jeweiligen Anwendungsbereich in Deutschland ist daher weiter zu diskutieren. 

 

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