Berlin will Mikromobilität zur Sondernutzung machen

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​veröffentlicht am 22. September 2021

 

In Berlin soll das neue Berliner Straßengesetz Mikromobilität zur Sondernutzung machen, sodass für entsprechende (stationsungebundene/freefloating) Sharing-Angebote eine Sondernutzungserlaubnis obligatorisch würde.


Das Berliner Straßengesetz birgt einiges an Konfliktpotenzial, da das Land das gewerbliche Anbieten selbstständig reservierbarer Mietfahrzeuge (unabhängig davon, ob es sich bei den Fahrzeugen um Kraftfahrzeuge, Fahrräder oder E-Scooter handelt) als Sondernutzung einstuft und damit erlaubnispflichtig machen soll.

Hinter dem Konflikt steht die Frage, ob das Land Berlin mit dieser Regelung nicht seine verfassungsrechtlichen Kompetenzen überschreitet. Dies wäre der Fall, wenn es sich bei den abgestellten Fahrzeugen um „geparkte” Fahrzeuge handeln würde, da das Parken als sogenannter Gemeingebrauch in den Kompetenzbereich des Bundes fällt und erlaubnisfrei ist.

Bei der Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem Zweck des Abstellen/Parkens der Fahrzeuge um eine verkehrliche Nutzung im Sinne des Gemeingebrauchs, oder aufgrund des gewerblichen Hintergrunds um eine über den Gemeingebrauch hinausgehende und daher erlaubnispflichtige verkehrsfremde Sondernutzung handele, herrscht Uneinigkeit.

Als Argument für einen erlaubnisfreien Gemeingebrauch wird vor allem herangezogen, dass der Zweck des Abstellens/Parkens einzig darin liege, die Fahrzeuge (aus Anbietersicht möglichst schnell) wieder in Betrieb zu nehmen. Anders als beispielsweise ein Fahrzeug aus dem heraus ein Verkauf stattfinde, liege der Zweck des Abstellens somit nicht darin, die Verkehrsfläche verkehrsfremd zu nutzen. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall, da die Verkehrsfläche gerade dafür genutzt werde, die Fahrzeuge (durch die nächste Anmietung) wieder in Betrieb zu nehmen, wobei es keine Rolle spiele, ob die Inbetriebnahme aus privaten oder gewerblichen Gründen erfolge. Das Abstellen/Parken diene daher einem verkehrlichen Zweck und falle somit unter den Gemeingebrauch. Dies hätte zur Konsequenz, dass das Berliner Straßengesetz den im Kompetenzbereich des Bundes liegenden Gemeingebrauch anpassen würde, was verfassungsrechtlich nicht möglich ist.

Als Argument gegen einen erlaubnisfreien Gemeingebrauch wird angeführt, dass über den (verkehrlichen) Zweck der Wiederinbetriebnahme des Fahrzeuges durch den nächsten Mietvertrag eben auch der Abschluss dieses Mietvertrages (verkehrsfremder) Zweck des Abstellen/Parkens sei. Ferner müsse bei der Beurteilung darauf abgestellt werden, welcher Zweck überwiege. Dies sei bei Sharing-Fahrzeugen klar der Abschluss eines Mietvertrages, da sie einzig zu diesem Zweck bereitgestellt werden würden. Der verkehrliche Zweck der Inbetriebnahme der Fahrzeuge trete somit hinter dem verkehrsfremden Zweck des Mietvertragsabschlusses zurück, sodass das Abstellen als Sondernutzung erlaubnispflichtig sei und somit auch in den Kompetenzbereich des Landes falle.
 

Bewertung für die Praxis

Neben der Frage, ob das Berliner Straßengesetz in der Form verfassungskonform ist, ergibt sich auch eine grundgesetzliche Folgefrage.

Eine Einstufung als Sondernutzung hätte zur Konsequenz, dass bei einer Versagung der entsprechenden Sondernutzungserlaubnis auch ein Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit erfolgen würde, da es den Anbietern bei Versagung der Erlaubnis nicht möglich wäre, ihren Beruf auszuüben. Da es für derart schwerwiegende Eingriffe einer Rechtfertigung bedarf, ist fraglich, wie dies zu rechtfertigen ist, bzw. ob dort allgemeine verkehrliche Argumente den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit genügen.

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Till Stegemann

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