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veröffentlicht am 15. Mai 2019
Seit mittlerweile fünf Monaten gibt es in der oberbayerischen Stadt Pfaffenhofen einen kostenlosen Nahverkehr. Wir haben uns in der Kämmerei der Stadtverwaltung über die ersten Erfahrungen mit dem Angebot informiert und nachgehakt, ob sich darüber hinaus weitere Maßnahmen in der Planungsphase befinden.
Mit dem kostenlosen öffentlichen Nahverkehr möchte die 26.000-Einwohner-Stadt noch mehr Bürger vom Stadtbus überzeugen. Das Ziel: PKW-Verkehr reduzieren, die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt erhöhen. Zwar hat Pfaffenhofen noch kein Feinstaubproblem, jedoch ist hier die Verkehrsbelastung stark gestiegen: Zwei Drittel der Wege unter drei Kilometer legen die Pfaffenhofener mit dem Auto zurück. Im Landkreis Pfaffenhofen waren Ende letzten Jahres 1.016 Fahrzeuge pro 1.000 Einwohner zugelassen. Ein zentraler Ansatz des städtischen Verkehrskonzeptes ist es daher, den Stadtbus attraktiver zu machen und so den individuellen PKW-Verkehr zu reduzieren. Die Gratisfahrten sind nur eine der Neuerungen, um mehr Fahrgäste zu gewinnen.
Das Gratis-Angebot gilt seit 10. Dezember 2018 zunächst drei Jahre lang als Übergangslösung. Ab 2022 wird auf ein komplett neues Stadtbus-System umgestellt. U. a. sollen dann Elektrobusse eingesetzt werden, neue Mobilitätsformen wie ein kommunales Car-Sharing oder Lastenrad-Sharing könnten die Busse ergänzen. Im Februar 2018 hat der Stadtrat ein integriertes Maßnahmenkonzept für die kommenden drei Jahre beschlossen. Die Verkehrsplanung ist nicht nur auf die Autofahrer zugeschnitten. Der Ausbau der Radinfrastruktur spielt dabei eine große Rolle, z. B. durch markierte Fahrradstreifen auf der Fahrbahn. Verbesserungen für Fußgänger bringen u. a. zusätzliche Fußgängerampeln und Verkehrsberuhigungen. Weiter hat die Stadt im Bereich nachhaltige Mobilitätsformen private Anschaffungen von E-Bikes und Lasten-Pedelecs gefördert und bezuschusst.
Die in früheren Jahren oft monierten „Geisterbusse”, die leer durch die Stadt fahren, gibt es praktisch nicht mehr. Aber es gibt nach wie vor Stoßzeiten, an denen die Busse besonders gefragt sind: Morgens zwischen 5.30 und 8.30 Uhr sind die Stadtbusse am vollsten, denn dann machen sich die meisten Arbeitnehmer und Schüler auf den Weg. Die Heimfahrten dagegen verteilen sich über den ganzen Nachmittag und Abend. Wir hoffen, dass die Entwicklung weitergeht, sagt Bürgermeister Herker. Nun gelte es, an kleinen Stellschrauben zu drehen, um das Angebot weiterhin zu optimieren.
Während einer zweiwöchigen Fahrgastzählung im Februar 2019 wurden an Werktagen insgesamt rund 22.000 Fahrgäste gezählt. An den beiden Samstagen waren insgesamt etwas mehr als 700 Fahrgäste eingestiegen. Im Vergleich zu zweiwöchigen Zählungen aus den Vorjahren, bei denen an Werktagen insgesamt ca. 10.000 Fahrgäste und an beiden Samstagen ca. 400 Fahrgäste einstiegen, entspricht dies an Werktagen mehr als einer Verdoppelung und an Samstagen einem Anstieg um rund 80 Prozent.
Die Finanzierung erfolgt über laufende Einnahmen. Flankierend dazu soll eine Parkraumbewirtschaftung im Bahnhofsumfeld erfolgen. Die Mehraufwendungen, die sich auch durch eine Takt-Verstärkung, Verbesserung der Anbindung einiger Stadtteile und Verlängerung des abendlichen Angebots ergeben, sind Teil eines Maßnahmenbündels, um auf dem Weg zur Mobilitätswende einen weiteren großen Schritt zu erreichen und die Attraktivität des Stadtbusses zu erhöhen. Letztlich handelt es sich bei dem kostenlosen und verbesserten Stadtbus-Angebot um eine Investition für mehr Nachhaltigkeit und Lebensqualität in Pfaffenhofen.
Dieses Interview führten Frau Claudia Jonas, Amtsleiterin Kämmerei der Stadtverwaltung Pfaffenhofen a. d. Ilm und Nicole Biedermann, Koordinatorin Smart Mobility im Kompetenz-Center Mobilität bei Rödl & Partner.
Kompass MobilitätAusgabe 10/2019
Jörg Niemann
Diplom-Jurist
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