Weiterhin ungeklärt: Die Reichweite des Anspruchs auf Erteilung einer Datenkopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO

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​veröffentlicht am 31. Mai 2021; Autor: Maximilian S. Dachlauer

 

Das Bundesarbeitsgericht wies den Anspruch eines ehemaligen Beschäftigten auf Zurverfügungstellung einer Kopie des E-Mail-Verkehrs des Beschäftigten sowie von E-Mails, die ihn namentlich erwähnen, mit Urteil vom 27.4.2021 (AZ: 2 AZR 342/20) aus formellen Gründen ab. Ein Klageantrag auf Überlassung einer Kopie von E-Mails sei nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn die E-Mails, von denen eine Kopie zur Verfügung gestellt werden soll, nicht so genau bezeichnet sind, dass im Vollstreckungsverfahren unzweifelhaft ist, auf welche E-Mails sich die Verurteilung bezieht.

Das BAG ließ damit offen, ob das Recht auf Überlassung einer Kopie gem. Art. 15 Abs. 3 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) die Erteilung einer Kopie von E-Mails umfassen kann.


Einordnung und Hintergrund

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.4.2021 beschäftigt sich mit der kontrovers diskutierten und leider weiterhin ungeklärten Frage des Umfangs der Auskunfts- bzw. Kopieerteilung personenbezogener Daten nach dem Auskunftsanspruch des Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO.

Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat jede von einer Datenverarbeitung betroffene Person das Recht, vom Verantwortlichen Auskunft darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat die betroffene Person ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf weitere Informationen, wie die Verarbeitungszwecke, die verarbeiteten Kategorien personenbezogener Daten oder die geplante Speicherdauer.

Nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO hat der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen.

Das Recht auf Auskunft, das die DSGVO gewährt, ist in vielen Kündigungsschutzprozessen bei Beschäftigten ein beliebtes (vermeintliches) Druckmittel geworden, um damit eine Erhöhung der Abfindungssumme zu erreichen. Es wird darauf spekuliert, dass der Arbeitgeber den mit der Erfüllung weitreichender Auskunftsansprüche verbundenen Kostenaufwand scheut und daher eine Einigung unter Zahlung einer höheren Abfindungssumme vorzieht.

Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.4.2021 lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger wurde von der beklagten Arbeitgeberin noch in der Probezeit gekündigt. Mit seiner Klage hat er unter anderem Auskunft über seine von der Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten sowie die Überlassung einer Kopie dieser Daten gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO verlangt.
Die Klage auf Erteilung einer Kopie der personenbezogenen Daten des Klägers wurde erstinstanzlich vom Arbeitsgericht abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise entsprochen und sie im Übrigen abgewiesen. Dabei hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Kläger habe zwar einen Anspruch auf Erteilung einer Kopie seiner personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Auskunft der Beklagten waren, nicht aber auf die darüber hinaus verlangten Kopien seines E-Mail-Verkehrs sowie der E-Mails, die ihn namentlich erwähnen.

Das Bundesarbeitsgericht hat nicht die Gelegenheit beim Schopfe gepackt, materiell den Umfang des Auskunftsanspruchs näher zu bestimmen. Es ließ offen, ob das Recht auf Überlassung einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO die Erteilung einer Kopie von E-Mails überhaupt umfassen kann.

Ein solcher zugunsten des Klägers unterstellter Anspruch müsse in jedem Fall aber entweder mit einem im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmten Klagebegehren oder, sollte dies nicht möglich sein, im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO gerichtlich geltend gemacht werden. Daran fehlte es im vorliegenden Fall. Bei einer Verurteilung der beklagten Arbeitgeberin, eine Kopie des E-Mail-Verkehrs des Klägers zur Verfügung zu stellen sowie von E-Mails, die ihn namentlich erwähnen, bliebe unklar, Kopien welcher E-Mails die Beklagte zu überlassen hätte. Gegenstand der Verurteilung wäre die Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung im Sinne von § 888 ZPO, für die im Zwangsvollstreckungsrecht nicht vorgesehen ist, dass der Schuldner an Eides statt zu versichern hätte, sie vollständig erbracht zu haben (siehe auch Pressemitteilung des BAG 8/21).
 

 

Umfang des Auskunftsanspruch bleibt ungeklärt

Zwar ist nun klar, dass ein zulässiger datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch eines Beschäftigten, der auf Erteilung einer Datenkopie gerichtet ist, sich nicht auf eine unbestimmte Anzahl von E-Mails, die nicht näher bezeichnet werden, beziehen kann. Laut Bundesarbeitsgericht müsste das Auskunftsbegehren sich vielmehr auf bestimmte Dokumente oder E-Mails beziehen, da sonst der Klageantrag zu unbestimmt und damit unzulässig sei. Da der betroffene Arbeitnehmer meist keine Kenntnis darüber hat, welche E-Mail-Korrespondenz (Datum, Empfänger) im Unternehmen ihn namentlich erwähnt, muss also vor einer Klage auf Erteilung einer Datenkopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO erst Auskunft darüber verlangt werden, in welchen E-Mails personenbezogene Daten des Antragstellers verarbeitet werden.

Offen bleibt daher leider, ob überhaupt eine Datenkopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO von E-Mails oder auch Personalakten verlangt werden kann. Dies wird in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung sehr unterschiedlich gesehen. Es besteht also weiterhin die Gefahr, dass Arbeitnehmer versuchen werden, den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch im Prozess als taktisches Mittel zu benutzen.

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Carina Richters

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