Jahreswechsel 2020 – gemeinnützigkeitsrechtlich relevante Steueränderungen

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​​veröffentlicht am 30. Januar 2020

 

Durch das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz sowie das Jahressteuergesetz 2019 hat der Gesetzgeber diverse Änderungen beschlossen, welche auch gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Organisationen tangieren:

  1. umsatzsteuerliche Kleinunternehmergrenze
  2. neue Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand
  3. kein Abzug von Mitgliedsbeiträgen nach der Öffnungsklausel
  4. Neuregelung wichtiger Umsatzsteuerbefreiungstatbestände
  5. Regelungen, welche seitens der Gesetzesinitiative nicht aufgegriffen wurden

 

Nachfolgend stellen wir Ihnen die Änderungen im Einzelnen vor.

 

 

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1. umsatzsteuerliche Kleinunternehmergrenze

Die umsatzsteuerliche Kleinunternehmergrenze wurde im Rahmen der Gesetzesinitiative von bisher 17.500 Euro auf nunmehr 22.000 Euro angehoben (§ 19 Absatz 1 Satz 1 UStG). Das bedeutet, dass Umsatzsteuer zukünftig nicht erhoben wird, wenn der Gesamtumsatz im vergangenen Kalenderjahr 22.000 Euro nicht überschritten hat und (wie bisher) im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen wird.


2. neue Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand

Die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand wurden zum 01.01.2020 wie folgt angehoben:

  • 14 Euro bei einer mehr als achtstündigen Abwesenheit sowie am An- und Abreisetag von mehrtägigen Abwesenheiten (bisher: 12 Euro)
  • 28 Euro bei einer 24-stündigen Abwesenheit (bisher: 24 Euro)


Diese Beträge können Mitarbeitern und/oder Beauftragten von steuerbegünstigten Organisationen steuerfrei erstattet werden. Hierdurch wurde der Rahmen der Kostenerstattungen an Ehrenamtler ausgeweitet. Die Pauschalen für den Verpflegungsmehraufwand können zusätzlich zu etwaigen Ehrenamts- und Übungsleiterfreibeträgen gezahlt werden.


3. kein Abzug von Mitgliedsbeiträgen nach der Öffnungsklausel

Im Jahr 2007 wurde in Ergänzung der Katalogzwecke (§ 52 AO) eine sog. Öffnungsklausel eingefügt (§ 52 Absatz 2 Sätze 2 und 3 AO). Hiernach wurde es der Finanzverwaltung ermöglicht, schneller auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren und evtl. neue gemeinnützige Zwecke aufzunehmen, ohne das teils langwierige Gesetzgebungsverfahren durchlaufen zu müssen. Ein Sonderausgabenabzug für Mitgliedsbeiträge ist für Zwecke nach dieser Öffnungsklausel nicht möglich (§ 9 Absatz 1 Satz 8 KStG, § 10b Abs. 1 S. 8 Nr. 5 EStG).
Bisher wurde lediglich Turnierbridge nach der neuen Öffnungsklausel als gemeinnützig erklärt.

 

4. Neuregelung wichtiger Umsatzsteuerbefreiungstatbestände

4.1  Neuregelung von Leistungen der Wohlfahrtspflege

Die Neuregelung des § 4 Nr. 18 UStG wurde an das Gemeinschaftsrecht angepasst (bzw. angenähert). Die Vorschrift benennt 3 Voraussetzungen für die Steuerbefreiung:

  • es muss sich um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen handeln,
  • die Leistungen müssen von Einrichtungen erbracht werden, die nicht darauf ausgerichtet sind, systematisch Gewinne zu erzielen,
  • die Leistung darf nicht unter eine andere Befreiungsvorschrift des § 4 UStG fallen

Diese Regelung im deutschen Umsatzsteuergesetz (UStG) ist der Vorgabe der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) ähnlich. Eine wortgenaue Übernahme ist jedoch nicht erfolgt – (Art. 132 Absatz 1 MwStSystRL). Im Gegensatz zu der inländischen Regelung begünstigt die internationale Regelung nur Organisationen, die als Einrichtungen mit sozialem Charakter staatlich anerkannt sind. Die Neuregelung des § 4 Nr. 18 UStG verlangt eine derartige staatliche Anerkennung nicht. Im Gegensatz zu den Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie wurde im Rahmen der inländischen Gesetzesänderung eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht der begünstigten Einrichtung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung zur Voraussetzung gemacht.


Der deutsche Gesetzgeber ist verpflichtet, die Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie im Rahmen der inländischen Steuergesetzgebung zu übernehmen. Dies ist bei der Neufassung des § 4 Nr. 18 UStG augenscheinlich nicht geschehen. Aus diesem Grund können sich inländische Einrichtungen, welche nach den Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie begünstigt wären, auf diese Befreiungsnorm berufen. Deshalb möchten wir an dieser Stelle nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass sich Einrichtungen direkt auf die Regelung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie berufen können, wenn sie nach der deutschen Regelung schlechter gestellt werden (d.h. im zu Grunde liegenden Sachverhalt keine Steuerbefreiung erhalten).

 

4.2 Verpflegungsdienstleistungen gegenüber Schülern und Studierenden

Wie bisher sind die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, die damit eng verbundenen Lieferungen und sonstige Leistungen von der Umsatzsteuerpflicht befreit (§ 4 Nr. 23 UStG). Hierunter fallen insbesondere die Beherbergung, Beköstigung und übliche Naturalleistungen. Als mit der Erziehungsleistung „eng verbunden” sind die Leistungen dann anzusehen, wenn sie tatsächlich als eigenständige Leistungen zur Erziehungsleistung erbracht werden. Die Vorschrift nennt als Voraussetzung, dass die Einrichtung die Erziehung der Kinder und Jugendlichen selbst leistet.


Verpflegungsdienstleistungen gegenüber Schülern und Studierenden an Hochschulen und bestimmten Schulen werden nach § 4 Nr. 23 UStG einheitlich geregelt. Die Verpflegung an staatlich anerkannten Schulen ist damit einheitlich steuerbefreit.


Die Beherbergung oder die Beköstigung während kurzfristiger Urlaubsaufenthalte oder Fahrten, die von Freizeit- und Sportangeboten geprägt sind, stellen keine Aufnahme zu Erziehungszwecken dar. Eine reine Bewirtung durch Unternehmer, die die Kinder und Jugendlichen nicht zu den begünstigten Zwecken bei sich aufnehmen, ist nicht befreit.


4.3 sonstige Leistungen selbständiger Personenzusammenschlüsse

Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 29 UStG wurde neu eingeführt und beruht auf Art. 132 Absatz 1 Buchstabe f MwStSystRL. Die Befreiung gilt für sonstige Leistungen, die selbständige Personenzusammenschlüsse an ihre Mitglieder erbringen und die Mitglieder diese Leistungen wiederum unmittelbar zur Ausführung nicht steuerbarer oder bestimmter von der Umsatzsteuer befreiten Umsätze (§ 4 Nr. 11 Buchstabe b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 UStG) nutzen.

 

Das Mitglied muss eine Person sein, die nicht steuerbare oder steuerbefreite, dem Gemeinwohl dienende Leistungen der vorgenannten Art erbringt.


Das ist z.B. der Fall, wenn die bisher nach § 4 Nr. 14 Buchstabe d UStG steuerfreien ärztlichen Praxis- und Apparategemeinschaften

  • medizinische Einrichtungen, Apparate und Geräte zentral beschaffen und ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen sowie
  • Labor- und Röntgenuntersuchungen sowie andere medizinisch-technische Leistungen für ihre Mitglieder ausführen.


5. Regelungen, welche seitens der Gesetzesinitiative nicht aufgegriffen wurden

Die avisierte Anhebung sowohl des Übungsleiter- als auch des Ehrenamtsfreibetrages ist leider nicht erfolgt. Wie bisher kann unter den weiteren Voraussetzungen an einen Übungsleiter jährlich ein steuerfreier Betrag in Höhe von bis zu 2.400,00 Euro und im Rahmen der „Ehrenamtspauschale” ein Betrag von bis zu 720,00 Euro ausbezahlt werden.


Ebenso wurde auch die lang diskutierte Anhebung der Umsatzfreigrenze im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht umgesetzt. Demnach unterliegt der Gewinn aus dem einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerpflicht, wenn die hier erzielten Einnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) 35.000 Euro im Jahr nicht übersteigen.

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