Die Körperschaftsteuerpflicht von Krankenhäusern bei der Abgabe von spezialfachärztlich verschriebenen Medikamenten zur Heimselbstbehandlung

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​​​​veröffentlicht am 18. Januar 2018

 

Gewinne gemeinnütziger Krankenhausbetriebe sind laut höchstrichterlicher Entscheidung dem Zweckbetrieb Krankenhaus zuzuordnen, wenn sie aus der spezialfachärztlichen Versorgung von Krankenhauspatienten in Heimselbstbehandlung generiert werden.

 

​[BFH-Urteil vom 18. Oktober 2017 – V R 46/16]

 

Steuerlicher Grundsatz

Die Steuerbefreiung von Krankenhäusern begründet sich in ihrer Gemeinnützigkeit. Diese Gemeinnützigkeit ist in der Rechtsprechung und Praxis soweit gegeben, als dass sich Einnahmen und Ausgaben noch dem Anwendungsbereich des Zweckbetriebs Krankenhaus i.S.d. § 67 AO zuordnen lassen. Die Grenzen des Zweckbetriebs ergeben sich grundsätzlich aus der weit gefassten Legaldefinition des Krankenhauses in § 2 Nr. 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze und § 107 Abs. 1 SGB V. In einem aktuellen BFH-Urteil vom 18. Oktober 2017 – V R 46/16 wurde über die Zuordnung von Faktorpräparaten an Hämophilie-Patienten entschieden.


Zu entscheidender Sachverhalt

Im obigen BFH-Urteil wurde über die Zuordnung der Abgabe von Blutgerinnungsmedikamenten zur Heimselbstbehandlung im Jahr 2007 durch die Vertragsärzte eines Universitätsklinikums im Zuge der andauernden Behandlung von Hämophilie-Patienten entschieden.


Dabei ist fraglich, ob die Heimselbstbehandlung auch dem Zweckbetrieb Krankenhaus (§ 65 iVm § 67 AO) zuzurechnen und somit körperschaftsteuerbefreit ist, da die Medikamentenverabreichung sowohl räumlich als auch zeitlich außerhalb des Klinikums stattfindet und durch die Ärzte lediglich veranlasst und kontrolliert jedoch nicht selbst durchgeführt wird.


Der Sachverhalt wurde vom Klinikum in seiner Steuererklärung unter der Annahme der Aufrechterhaltung der Steuerbefreiung dargestellt und vom Finanzamt (FA) zunächst so akzeptiert, bevor eine Außenprüfung den erzielten Gewinn am 7. August 2014 der Körperschaftsteuer unterwarf.


Das Einspruchsverfahren beim FA durch das Klinikum änderte die Körperschaftsteuerfestsetzung nur unwesentlich, aber einer daran anschließende Klage vor dem Finanzgericht (FG) Köln im Jahr 2016 wurde stattgegeben.


Diese Sicht stützte sich vorwiegend auf das BFH-Urteil – I R 82/12 vom 31. Juli 2013 zu einer Krankenhaus-Apotheke, die Zytostatika an ambulant behandelte Patienten zur unmittelbaren Verabreichung im Krankenhaus abgab. Maßgebliche Entscheidungsgrundlagen waren dabei, dass – analog zum aktuellen Fall – das Krankenhaus einen Versorgungsauftrag für die Patienten hatte und für die Leistungen die Kostentragung durch die Sozialversicherungsträger gesichert war.


In der nun zu verhandelnden Revision des FA, dem das Bundesministerium für Finanzen (BMF) beigetreten ist, wird vom FA angeführt, dass das Urteil des FG Köln den § 67 AO verletzt und die Vergleichbarkeit zum Zytostatika-Urteil aufgrund der Heimselbstbehandlung nicht gegeben sei. Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b SGB V umfasse nur die unmittelbare Verabreichung von Blutkomponenten im Krankenhaus.


Der Kläger argumentiert dagegen mit der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses über die ambulante Behandlung im Krankenhaus, in der explizit die Behandlung von Patienten mit Hämophilie und auch dazu die Therapie- und Präparatewahl inklusive der Heimselbstbehandlung festgelegt sind.


Sicht des BFH

Im bereits beschriebenen Zytostatika-Fall war für die Zurechnung zum steuerlichen Zweckbetrieb Krankenhaus der Versorgungsauftrag des Krankenhauses und die Kostentragung durch den Sozialversicherungsträger maßgeblich. Beide Faktoren sind auch in diesem Fall als gegeben erkannt.


Als nicht erheblich wird dahingehend die Tatsache erachtet, dass im vorliegenden Fall keine ambulante Verabreichung der Arzneimittel stattfand und diese vielmehr ärztlich dokumentiert zur Heimselbstbehandlung unter ärztlicher Kontrolle abgegeben wurden. Die Heimselbstbehandlung steht im Kontext einer fortbestehenden Krankenhausbehandlung. Hiervon unberührt bleibt die Tatsache, dass durch die Neufassung des § 116b SGB V keine Änderung der Zuordnung des Leistungsspektrums zu den ambulanten Krankenhausleistungen eintrat.


Nach der Rechtsprechung des BFH aufgrund der Legaldefinition des Krankenhausfinanzierungsgesetzes zu Krankenhäusern (§ 2 Nr. 1 KHG) sind alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen, dem Zweckbetrieb Krankenhaus zuzurechnen. Darunter fallen auch die Gewinne aus Hämophilie-Heimselbstbehandlungen des Klägers.


Ebenfalls unerheblich im Kontext des Falles ist für den BFH die BFH-Entscheidung – V R 76/89 im Fall einer unselbstständigen Krankenhaus-Apotheke aus dem Jahr 1990, wonach Arzneimittellieferungen an andere Krankenhäuser nicht Teil des Zweckbetriebes sind. Dort ging es nicht um die Abgabe von Medikamenten an Krankenhauspatienten und das Urteil äußert sich auch nicht zum Zweckbetrieb nach § 67 AO.


Weiterhin vertritt der BFH auch die Auffassung, dass die Steuerbefreiung keine Neu-Beihilfe nach Artikel 108 Abs. 3. S. 1 AEUV ist, da die Beihilfe bereits bei Einführung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1958 bestand und sich lediglich zwischenzeitlich die sozialrechtlichen Bestimmungen geändert haben.


Daher ist die Abgabe von Medikamenten zur Blutgerinnung (sog. Faktorpräparate) an Hämophilie-Patienten auch dann dem Zweckbetrieb Krankenhaus (§ 67 AO) zuzuordnen, wenn sich der Patient selbst das Medikament im Rahmen einer ärztlich kontrollierten Heimselbstbehandlung verabreicht. Die Abgabe der Gerinnungsfaktoren wird anschließend durch den behandelnden Arzt für Zwecke der Risikoerfassung nach dem Arzneimittelgesetz dokumentiert.


Fazit

Dieses neue BFH-Urteil zeigt, dass es bei der Beurteilung des Zweckbetriebes nach § 67 AO nicht ausschlaggebend ist, dass die Leistung im Krankenhaus erbracht wird, sondern dass es sich um eine Krankenhausleistung im Zusammenhang mit dem jeweiligen Versorgungsauftrag oder im Rahmen von Vereinbarungen über die spezialfachärztliche Versorgung handelt.

 

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