Einbeziehung von Anlagen in Immobilienkaufverträge

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veröffentlicht am 25.3.2025 | Lesedauer ca. 2 Minuten

OLG Hamburg, Urteil vom 14. Januar 2025, Az.: 1 U 121/23


Eine im Kaufvertrag übernommene Bauverpflichtung gemäß beigefügtem Angebot beinhaltet nicht ohne weiteres eine Kostenbegrenzung auf die Angebotssumme.

Im streitgegenständliche Fall hatte der Verkäufer beim Verkauf seiner Wohnung im notariellen Kaufvertrag vom 1. April 2021 gegenüber dem Käufer die Pflicht übernommen, sämtliche Fenster der Immobilie bis zum 31. Juli 2021 gemäß dem beigefügten Angebot einer konkreten Fensterbaufirma (Anlage) auf seine Kosten auszutauschen oder austauschen zu lassen. Im Juli 2021 änderten die Parteien ihre Vereinbarung dahingehend, dass nunmehr der Käufer den Austausch der Fenster selbst in Auftrag geben sollte, während der Verkäufer ihm hierfür den im Angebot der Fensterbaufirma genannten Betrag in Höhe von EUR 5.780,04 zahlen sollte. Da dieser Betrag jedoch nicht gezahlt wurde, kehrten die Parteien im August 2021 zu der ursprünglichen Verpflichtung des Verkäufers zurück. Der Verkäufer setzte sich daraufhin mit der Fensterbaufirma in Verbindung, um diese gemäß ihrem ursprünglichen Angebot zu beauftragen. Diese zog ihr Angebot jedoch zurück. Daraufhin übermittelte der Käufer dem Verkäufer das Angebot eines anderen Fensterbauunternehmens, das teurer war. Dennoch überwies der Verkäufer dem Käufer im Mai 2022 lediglich die Angebotssumme des ursprünglichen Angebots. Der Käufer (nachfolgend „Kläger“ genannt) verklagte sodann den Verkäufer der streitgegenständlichen Wohnung (nachfolgend „Beklagter“ genannt) vor dem Landgericht Hamburg auf Durchführung des Fensteraustauschs Zug um Zug gegen Rückzahlung des überwiesenen Betrages. Das Landgericht entschied zugunsten des Klägers. Auch die Berufung des Beklagten blieb erfolglos.

Das Oberlandesgericht hat nunmehr die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und entschieden, dass der Kläger – unabhängig von den dem Beklagten dadurch entstehenden Kosten – einen Anspruch auf Austausch der Fenster nach Maßgabe des dem Kaufvertrag als Anlage beigefügten Angebots hat, Zug um Zug gegen Rückzahlung des überwiesenen Betrages. Hierzu gelang das Oberlandesgericht im Wesentlichen über eine ergänzenden Vertragsauslegung. Es stellte nämlich fest, dass weder im ursprünglichen notariellen Kaufvertrag noch in der späteren Vereinbarung vom August 2021 eine klare Aussage darüber getroffen wurde, ob und in welcher Höhe eine Kostendeckelung für den Fensteraustausch gelten sollte. Der Vertrag wies hinsichtlich der Frage der Kostendeckelung somit eine Regelungslücke auf. Zur Schließung dieser Regelungslücke, stellte das Oberlandesgericht auf den hypothetischen Parteiwillen ab. Ein zentraler Aspekt in der Argumentation des Oberlandesgerichts war die Bezugnahme auf das Angebot der Fensterbaufirma im notariellen Kaufvertrag. Da der Kaufvertrag dieses Angebot als Anlage enthielt, wurde es Bestandteil des Vertrages. Das Gericht folgerte daraus, dass die Parteien den Fensteraustausch exakt nach den Vorgaben dieses Angebots – in der vorgesehen Qualität, mit den festgelegten Materialien und im vereinbarten Umfang – wünschten. Eine kostengedeckelte Ausführung, die möglicherweise zu minderwertigeren Ergebnissen geführt hätte, entsprach nach Auffassung des Gerichts nicht dem Willen der Parteien. Im Vordergrund stand also die ordnungsgemäße Ausführung und nicht die Kostenobergrenze.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts spricht auch der Wortlaut des Kaufvertrages gegen die Vereinbarung einer Kostenbegrenzung. Denn der Vertragstext bezieht sich nicht auf die in der Anlage genannten Kosten. Vielmehr werden in der Bezugnahme die Kosten bzw. der Preis des Angebots ausgespart. Auch dispositive gesetzliche Regelungen, die eine Kostenbegrenzung nahelegten, liegen nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Die Interessenlage und die zeitliche Abfolge der Vereinbarungen sprechen klar dafür, dass im Fall der Rückkehr zur ursprünglichen Pflichtenlage auch die damalige Risikoverteilung fortbestehen sollte.

Fazit:


Die Entscheidung des OLG Hamburg verdeutlicht, dass klare und unmissverständliche Regelungen in Immobilienkaufverträgen essenziell sind. Auch die Vereinbarung einer Kostenbegrenzung bedarf einer ausdrücklichen Regelung, ein pauschaler Verweis auf ein als Anlage beigefügtes Angebot genügt nicht. Um langwierige und kostenträchtige Streitigkeiten über Inhalt und Reichweite der vertraglichen Verpflichtungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, bereits im Rahmen der Vertragsgestaltung rechtlichen Rat einzuholen. 

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