Erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums

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veröffentlicht am 28.1.2025 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 20. Dezember 2024, V ZR 243/23


Jeder Wohnungseigentümer kann von der GdWE bei einem sog. steckengebliebenen Bau die erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums verlangen.

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Laut Teilungserklärung sollte zum Zeitpunkt der Entstehung der GdWE aus einer Abbruchimmobilie ein aus elf Einheiten bestehendes Wohn- und Geschäftshaus errichtet werden. Die Wohnungseigentümer schlossen zu diesem Zweck jeweils Werkverträge mit einer Generalbauunternehmerin. Das Vorhaben kam bereits während der Abbruchphase zum Stillstand. Die Generalbauunternehmerin ist mittlerweile insolvent. Die Klägerin stellte auf der Eigentümerversammlung den Beschlussantrag, die Verwalterin zu beauftragen, Angebote für die restlichen Abbrucharbeiten und die Erstellung der Ausführungspläne für das Objekt einzuholen sowie eine Sonderumlage zu erheben. Da der Beschlussantrag nicht gefasst wurde, erhob die Klägerin Klage auf Errichtung der Anlage durch die GdWE. Das Amtsgericht wies die Klage in erster Instanz ab. Das Landgericht hat den Beschluss, wie von der Klägerin beantragt, sodann ersetzt. Dagegen legte die beklagte GdWE schließlich die vom Landgericht zugelassene Revision ein.

Der Bundesgerichtshof folgt nun der Entscheidung des Amtsgerichts und begründet seine Entscheidung wie folgt: Grundsätzlich kann jeder Wohnungseigentümer von der GdWE die erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums verlangen. Im vorliegenden besonderen Fall besteht die GdWE bereits, und die von dem teilenden Eigentümer personenverschiedenen Erwerber sind bereits Wohnungseigentümer, obwohl das zu errichtende Gebäude noch nicht einmal ansatzweise fertiggestellt, sondern das Grundstück noch mit einer zunächst abzureißenden Immobilie bebaut ist. Daher findet das Wohnungseigentumsgesetz Anwendung. Hiernach kann jeder Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung verlangen, dass das Gemeinschaftseigentum erstmals in einen der Teilungserklärung entsprechenden Zustand versetzt wird. Dabei handelt es auch nicht um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 20 Abs. 1 WEG​, wonach ein Wiederaufbau eines zu mehr als der Hälfte zerstörten Gebäudes nicht verlangt werden kann. Zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehört nicht nur die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums, sondern auch die Beseitigung anfänglicher Mängel, die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen oder die Behebung von Abweichungen zwischen der tatsächlichen Bauausführung und der Teilungserklärung. 

Der Anspruch auf erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums kann jedoch durch den Grundsatz von Treu und Glauben begrenzt werden. Danach entfällt der Anspruch, wenn seine Erfüllung den übrigen Miteigentümern nicht zuzumuten ist. Dabei sind im Rahmen einer Gesamtabwägung die Umstände des Einzelfalls – wie etwa der Fertigstellungsgrad der baulichen Anlage, die Höhe der erforderlichen Investitionen oder wirt-schaftlich sinnvolle Alternativen – zu berücksichtigen und die Interessen der bauunwilligen mit denen der bauwilligen Wohnungseigentümer abzuwägen. Über die Unzumutbarkeit der erstmaligen Errichtung hat das Landgericht unter umfassender Würdigung der Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtabwägung zu entscheiden. Dies hatte das Berufungsgericht im vorliegenden Fall unterlassen.

Fazit:


Will ein Mitglied der GdWE die erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums erreichen, ist vor Erhebung der Klage gegen die GdWE zu prüfen, ob das Wohnungseigentumsgesetz überhaupt anwendbar ist. Ferner ist zu prüfen, ob die GdWE der richtige Klagegegner ist und nicht etwa der Bauträger bzw. das Bauunternehmen. Schließlich hängt die Beurteilung, ob ein Anspruch auf erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums besteht, von der Würdigung der jeweiligen Umstände ab und bleibt eine Frage des Einzelfalls.



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