Unzulässige Vorratskündigungen

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veröffentlicht am 19.11.2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten

LG Berlin II, Urteil vom 23. Juli 2024, Az.: 65 S 99/24


Benötigen Vermieter das Mietobjekt erst zu einem späteren Zeitpunkt für eigene Zwecke, ist eine hierauf gestützte Kündigung wegen Eigenbedarfs unwirksam. 

Zwischen dem Vermieter als Kläger und dem Mieter als Beklagten bestand seit 2003 ein Mietverhältnis. Der Vermieter kündigte dem Mieter ordentlich und begründete die Kündigung damit, die Wohnung seiner Tochter und deren Familie überlassen zu wollen. Da der Mieter die Wohnung nicht räumte, erhob der Vermieter Klage auf vollständige Räumung und Herausgabe des Mietobjekts. 

Das Landgericht als Berufungsgericht wies die Klage ab und begründete seine Entscheidung wie folgt: Dem Kläger steht der Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung nicht zu. Grundsätzlich können Vermieter kündigen, wenn sie ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses haben. Ein berechtigtes Interesse liegt unter anderem dann vor, wenn der Vermieter die Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Damit der Vermieter die Wohnung „benötigt”, muss er ernsthafte, vernünftige und nachvollziehbare Gründe haben, die Wohnung selbst zu nutzen. Nicht ausreichend ist, wenn der Vermieter nur den Wunsch oder den Willen hat, die Wohnung für sich oder für den o.g. Personenkreis zu nutzen.

Darüber hinaus muss im Zeitpunkt der Kündigung ein konkretes Nutzungsinteresse bzw. eine konkrete Nutzungsabsicht gegeben sein. Bejaht werden kann dies, wenn zwischen Nutzungsinteresse und Kündigung ein zeitlicher Zusammenhang besteht und sich der Wunsch zur Nutzung derart verfestigt hat, dass ein konkretes Interesse an einer baldigen Nutzung besteht. Vor diesem Hintergrund reicht es nicht aus, wenn der Vermieter darlegt, dass die Nutzungsabsicht erst für einen späteren Zeitpunkt vorliegt. Dies stellt eine unzulässige Vorratskündigung dar. Für das Vorliegen des Nutzungsinteresses von hinreichendem Gewicht ist der Vermieter darlegungs- und beweisbelastet. Im vorliegenden Fall konnte das Gericht keine ernsthafte Nutzungsabsicht erkennen. Das ist insbesondere auf die Angaben der Tochter des Vermieters zurückzuführen, wonach ein zeitnaher Umzug für sie nicht in Betracht kam. 

Fazit: 


Durch das Urteil wird die Position von Mietern bei Eigenbedar​fskündigungen deutlich gestärkt. Wenn der Vermieter die Wohnung erst mehrere Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist nutzen möchte, liegt eine unzulässige Vorratskündigung vor. Dabei ist bereits ein Zeitraum von acht Monaten zwischen Kündigungsfrist und geplantem Einzug zu lang. Vermieter sollten daher von Vorratskündigungen absehen und stattdessen nur bei Vorliegen triftiger, aktueller Gründe kündigen. Geprüft werden sollte, ob der Vermieter seinen angeblichen Bedarf durch konkrete Fakten und einen klaren Zeitplan belegen kann.



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