Wirtschaftliche Auswirkungen der Klimaneutralitätsziele und der Dekarbonisierung auf Stadtwerke-Beteiligungen

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veröffentlicht am 2. Januar 2024



Die Versorgungssparten von Stadtwerken waren über viele Jahre so ertragreich, dass Verlustsparten in kommunalen Konzernen (Bäder, ÖPNV, Parkhäuser) oftmals ausgeglichen werden konnten. Aufgrund der sich wandelnden Rahmenbedingungen sind ein klares Konzept und eine effektive Unternehmenssteuerung erforderlich, um dies auch zukünftig erreichen zu können. Rückläufige Margen aus der Gassparte, hohe Investitionsbedarfe in Stromnetze und klimaneutrale Wärmeversorgung, Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung und der Sektorkopplung bedeuten hohe Finanzbedarfe in Verbindung mit niedrigem Ausschüttungspotenzial. Viele Kommunen mit Stadtwerke-Beteiligungen werden sich darauf einstellen müssen, dass Gewinnthesaurierungen und Eigenkapitalstärkungen erforderlich werden, damit die immensen Herausforderungen gestemmt werden können.


Massive Rückgänge im Gasgeschäft

Der Gasvertrieb und das Gasnetz sind bis heute bei vielen Stadtwerken die lukrativsten Sparten und tragen zu einem wesentlichen Teil zum Gesamtergebnis der Stadtwerke bei. Mit dem angestrebten Ausstieg aus der fossilen Erdgasnutzung wird dieser Beitrag mehr oder weniger wegfallen. Ob und in welchem Umfang gasförmige Energieträger (Wasserstoff, Biomethan) in Verteilnetzen für die Wärmeversorgung zukünftig genutzt werden, ist mehr als unsicher. Dass Wasserstoff für zahlreiche industrielle Prozesse benötigt wird, ist weitgehend unstreitig. Nur für industrielle Anwendungen würde aber kein umfangreiches Gasverteilnetz benötigt.

Ausbau des Stromnetzes

Der Ausbau der Elektromobilität und die Elektrifizierung der Wärme werden einen umfangreichen Ausbau der Stromverteilnetze erfordern, da die Stromnetze für diese hohen Lasten nicht ausgelegt sind. Für die Wärme spielt die Auslegung der Stromnetze bei kalten Wintertagen die entscheidende Rolle. Bei Elektromobilität kann Lastmanagement einen wesentlichen Beitrag zur Begrenzung der Investitionsbedarfe darstellen. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass sich die Investitionsvolumina der Stromverteilnetze zukünftig im Vergleich zur Vergangenheit mindestens verdoppeln, wenn nicht vervielfachen werden. 

Auf-/Ausbau klimaneutrale Wärmeversorgung

Bei Stadtwerken mit einer Wärmeversorgung oder auch Unternehmen, bei denen Stadtkerne mit hohen Wärmedichten noch nicht wärmetechnisch erschlossen sind, bestehen entsprechende Potenziale, die Wärmenetze auszubauen, Quartierskonzepte zu entwickeln und klimaneutrale Wärmequellen zu erschließen. Entscheidend ist für diese Projekte, einen konkurrenzfähigen Wärmepreis anbieten zu können und zeitnah nach Inbetriebnahme einen ausreichenden Anteil der anschließbaren Kunden als Anschlussnehmer zu gewinnen. Denn für schlecht ausgelastete Projekte summieren sich ansonsten Anfangsverluste, die ggf. erst nach langer Zeit durch zukünftige Erträge ausgeglichen werden können. Auch müssen wir davon Abschied nehmen, dass klimaneutrale Wärme zu Preisen von fossilem Erdgas verfügbar ist.

Ausbau der regenerativen Stromerzeugung

Bei einer massiven Ausweitung der Stromnutzung muss auch die regenerative Stromerzeugung entsprechend ausgebaut werden. Zahlreiche Stadtwerke haben sich schon umfangreich beim Ausbau der Photovoltaik und der Windkraft engagiert. Um die Ausbauziele zu erreichen, sollten auch Stadtwerke ihren Beitrag leisten. Mit einer höheren Marge aber mehr Risiken ist zu rechnen, wenn die Projekte von den Stadtwerken selbst entwickelt werden. Ansonsten verbleibt beim Kauf fertig entwickelter Projekte vom Projektentwickler oft ein Großteil der Marge, beim Verkäufer. Jedenfalls besteht für diese Aktivitäten zukünftig auch ein höherer Finanzierungsbedarf, der ggf. in Projektgesellschaften ausgelagert werden kann.

Woher kommt das erforderliche Kapital?

Die klassische Fremdkapitalfinanzierung stößt bei diesen Investitionsvolumina schnell an ihre Grenzen. Zur Vorbereitung von Bankengesprächen mit Investitionsplänen, die eine Verdoppelung oder sogar Vervielfachung des Bilanzvolumens vorsehen, ist eine intensive Auseinandersetzung mit den Auswirkungen auf das eigene Unternehmen und eine hohe Transparenz hinsichtlich der zukünftigen Cashflows empfehlenswert. Auf Basis dieser Analyse ist ein auf die individuelle Situation abgestimmter Finanzierungsmix abzuleiten, der tendenziell keine vollständige Fremdfinanzierung vorsehen wird. Sofern eine Stärkung der Eigenkapitalbasis erforderlich ist, sind als erstes die kommunalen Gesellschafter gefragt. Neben alternativen Finanzierungsformen kann in diesem Zusammenhang ebenfalls über Kooperationen oder die Einbindung privater Investoren nachgedacht werden.

Fazit

Das Erreichen der Klimaziele stellt Stadtwerke vor immense Herausforderungen: Die operative Umsetzung, die Verfügbarkeit von Anlagen und Material aber insbesondere auch die finanziellen Ressourcen. Die Versorgungssparten werden mit dem Austrocknen von bewährten Geschäftsmodellen und dem Auf- und Ausbau CO2-freier Geschäftsmodelle als Cashcow nicht mehr in dem Umfang wie in der Vergangenheit zur Verfügung stehen können. Kommunale Gesellschafter sollten sich intensiv mit den aktuellen Herausforderungen auseinandersetzen und dabei auch neue Wege der Zusammenarbeit und der Finanzierung prüfen, um wichtige klimapolitische Ziele auch wirklich erreichen zu können.




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