Die Ausschreibung von Wasserkonzessionen – Auswahlkriterien

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veröffentlicht am 2. Januar 2024



Im Rahmen einer Ausschreibung ist die Abgabe vergleichbarer Angebote durch die Festlegung von gleichermaßen verständlichen Kriterien sicherzustellen. So schlicht und einfach die Aussage, so kompliziert kann es im Detail werden. 


Ausschreibung von Wasserkonzessionen: Warum?

Die europäische Konzessionsvergabe-RL regelt einen diskriminierungsfreien Zugang aller Unternehmen zu den Konzessionsmärkten im europäischen Binnenmarkt. Sie gewährleistet damit Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Konzessionen für die Trinkwasserversorgung sind jedoch ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen.1 Hintergrund ist die Tatsache, dass Konzessionen in der Wasserwirtschaft häufig spezifischen und komplexen Regelungen unterliegen, die besondere Aufmerksamkeit bedürfen, da Wasser als öffentliches Gut für alle Bürger der Union von grundlegendem Wert ist.2 Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Richtlinienvorgabe in § 149 Nr. 9 GWB entsprechend umgesetzt. Demnach ist der vierte Teil des GWB über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen nicht anzuwenden auf „Konzessionen im Bereich Wasser, die die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, dem Transport oder der Verteilung von Trinkwasser oder die Einspeisung von Trinkwasser in diese Netze betreffen.” Trinkwasserkonzessionen unterfallen somit zwar nicht dem vierten Teil des GWB. Sie sind dennoch in keinem rechtsfreien Raum zu vergeben. Der EU-Vertrag (AEUV) fordert immer dann die Einhaltung der Grundsätze der Gleichbehandlung, Diskriminierungsfreiheit, Transparenz und Verhältnismäßigkeit, sofern ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse3 (sog. Binnenmarktbezug) besteht. Dies hat auch der deutsche Gesetzgeber bei der Schaffung von § 149 Nr. 9 GWB in Bezug genommen, indem er in seiner Gesetzesbegründung ausführt, dass „gleichwohl im Vergabeverfahren für Konzessionen im Wasserbereich die durch das Europäische Primärrecht gebotene Transparenz, Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit zu beachten”4 ist.

Zudem ergibt sich eine Pflicht5 zur Ausschreibung des Wasserkonzessionsvertrages im Wettbewerb aufgrund des kartellrechtlichen Diskriminierungs- und Behinderungsverbotes. Die Auswahlentscheidung bei der Vergabe von Konzessionen muss verfahrensbezogene und materielle Anforderungen erfüllen. Genügt die Konzessionsvergabe diesen Anforderungen nicht, liegt eine unbillige Behinderung derjenigen Bewerber vor, deren Chancen auf die Konzessionen dadurch beeinträchtigt worden sind.6  Die Grundlagen für die an die Auswahlentscheidung zu stellenden verfahrensbezogenen und materiellen Anforderungen sind das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot, der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG in Form des Willkürverbots und – bei Binnenmarktbezug – die primärrechtlichen Grundsätze des AEUV, insbesondere Art. 49 AEUV („Niederlassungsfreiheit”) und Art. 56 AEUV („Dienstleistungsfreiheit”), sowie die sich daraus ergebenden allgemeinen Grundsätze der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung, Transparenz und Verhältnismäßigkeit.7 

Ausschreibung von Wasserkonzessionen: Was nun?

Soweit der aufmerksame Leser die vorgenannte Hausaufgabenliste verinnerlicht hat, mag er sich fragen, wie nun das Verfahren konkret zu gestalten ist, damit alle Anforderungen an das Verfahren gewahrt sind. Im Folgenden wollen wir die Auswahlkriterien in den Blick nehmen, die die Vergleichbarkeit der Angebote und damit eine „faire” Auswahlentscheidung sicherstellen sollen. 

Anforderungen

Die Auswahlkriterien sind nebst ihrer Gewichtung im Rahmen des Auswahlverfahrens den Bietern bekannt zu machen, bevor sie ihr Angebot abgeben. Die Kriterien müssen dabei hinreichend bestimmt formuliert und sachlich gerechtfertigt im Ausschreibungsgegenstand sein. Anders als für den Bereich der Strom- und Gaskonzessionen, in denen die Kriterien an der Zielsetzung des EnWG zu orientieren sind, gibt es für den Bereich der Wasserkonzessionen keine Vorgaben. Eine Analogie zum EnWG verbietet sich.8 Die fehlenden Vorgaben im Bereich der Wasserkonzessionen ermöglichen jedoch auch einen großen Ermessensspielraum der ausschreibenden Stelle. Abgefragt werden darf das Wissen und gestalterische Potenzial im Rahmen eines Ideenwettbewerbs.9

Auswahlkriterien

Bei den Auswahlkriterien ist zwischen den eigenen Interessen der ausschreibenden Stelle (Kommune) und den fremdnützigen Interessen der Wasserkunden oder weiterer Anspruchsgruppen abzuwägen. Das kommunale Eigeninteresse hat insbesondere Gestaltungsmöglichkeiten im Konzessionsvertrag und Konzessionsabgabe im Fokus. Dem sind allerdings durch das Konzessionsabgabenrecht und das darin verankerte Nebenleistungsverbot Grenzen gesetzt.

Im Hinblick auf die Auswahlkriterien bietet es sich an, Zielsetzungen zu formulieren und auf deren Grundlage Haupt- und Unterkriterien zu definieren, um ihren Inhalt zu beschreiben. Aus dem Wortlaut des § 31b Absatz 4 GWB lässt sich das „Ziel einer möglichst sicheren und preisgünstigen Versorgung” ableiten. Weitere Zielsetzungen können bspw. der Umweltschutz durch einen sorgsamen Umgang mit Wasser sein.10 Insoweit ist neben dem Konzessionsvertrag mit der Versorgungssicherheit, der Preisgünstigkeit und der Umweltverträglichkeit ein Rumpf für Auswahlkriterien vorhanden. Dieser kann nach den individuellen Anforderungen im Einzelfall ausgestaltet und ergänzt werden.

Sofern im Rahmen eines Ideenwettbewerbs Konzepte abgefragt werden, sollten formale Vorgaben gemacht werden, um eine Vergleichbarkeit von Konzepten im Rahmen der Wertung zu ermöglichen. Gerade für das Ziel der Versorgungssicherheit bietet sich auch die Abfrage von Konzepten an. Denkbare Teilkonzepte bzw. Unterkriterien sind insbesondere:

  • Personelle Ausstattung (z. B Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter, Fachkunde-Schulungen),
  • Netzbewirtschaftung (z. B Ausführungen zu Asset-Management-System, Instandhaltungsmanagement sowie technischen Einrichtungen und Maßnahmen),
  • Hygienekonzept (z. B Maßnahmen über das gesetzliche Maß hinaus, Materiallagerung),
  • Störfallkonzept (z. B Prozess der Störungsmeldung, technische Ausstattung) und
  • Notversorgungskonzept (z. B Ersatzversorgung und Notstromabsicherung sowie Verpflichtungen Dritter).

Fazit 

Die Ausschreibung einer Wasserkonzession und Aufstellung von Anforderungen an die Auswahlkriterien bedarf aufgrund der wenigen Vorgaben mehr Know-how durch die ausschreibende Stelle, da anders als bspw. im Hinblick auf die Ausschreibung von Strom- und Gaskonzessionen, nicht zwingend ein ähnlicher Empfängerhorizont bei den Bietern vorausgesetzt werden kann. Stehen Sie vor der Aufgabe, eine auslaufende Wasserkonzession auszuschreiben oder ggf. vergabrechtskonform „direkt zu vergeben”, dann unterstützen wir Sie im Ausschreibungsverfahren. Sprechen Sie uns gerne an!

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1 Art. 12 RL 2014/23/EU.
2 Erwägungsgrund 40 RL 2014/23/EU.
3 EuGH, Urteil vom 5.4.2017, C-298/15, «Borta». 
4 BT-Drs. 18/6281, Seite 128. 
5 vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.3.2018, VI-2 U (Kart) 6/16.
6 OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.3.2018, VI-2 U (Kart) 6/16.
7 OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.6.2018, VI-2 U 7/16 (Kart). 
8 OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.3.2018, 2 U (Kart) 6/16. 
9 OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.3.2022, VI-2 U (Kart) 5/21. 
10 § 50 Abs. 3 WHG.






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