Klimaneutralität durch kommunale Wärmeplanung – Planungssicherheit für Wärmenetze

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​veröffentlicht am 2. Januar 2023




Mit dem novellierten Klimaschutzgesetz (KSG), das am 31.8.2021 in Kraft trat, hat der Bundesgesetzgeber erste Weichen auf dem Weg zur beschleunigten Klimaneutralität bis 2045 gestellt. In einem ersten Schritt sollen bis zum Jahr 2030 65 Prozent der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 gesenkt werden. Die Bundesregierung hat seit dem Frühjahr 2021 bereits eine Reihe an insbesondere energiepolitischen Gesetzesnovellen auf den Weg gebracht, die dazu beitragen sollen, die Erreichung der Klimaziele zu sichern.


Handlungsbedarf besteht insbesondere im Bereich der Wärmeversorgung. Der Anteil der Erneuerbaren Energien zur Deckung des Wärmebedarfs in Deutschland steigt seit den 1990er Jahren zwar kontinuierlich an. Gleichwohl sind jährlich rund 40 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen in Deutschland auf den Wärmesektor zurückzuführen. Die Ereignisse der vergangenen Monate insbesondere im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und den befürchteten Engpässen in der Gasversorgung haben zusätzlich verdeutlicht, dass die Wärmewende und die zunehmende Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen auch Fragen der öffentlichen Sicherheit betreffen.

Anders als Strom kann Wärme nicht ohne Weiteres über lange Strecken transportiert werden. Der Transformationsprozess muss daher vor Ort gestaltet werden. Neben der Senkung des Wärmebedarfs von Gebäuden durch hohe Effizienzstandards und energetische Sanierung gilt es, Erneuerbare Energien wie Solarenergie, Geothermie und Umweltwärme gezielt zu nutzen.

Welchen Beitrag können Kommunen leisten?

In der Transformation des Wärmesektors kommt den Kommunen eine Schlüsselrolle zu. Investitionsentscheidungen müssen überwiegend vor Ort und unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten getroffen werden. Erfolgreiche Transformationsstrategien können vor diesem Hintergrund auch nur unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Rahmenbedingungen und Potenziale erfolgreich entwickelt werden. Die Kommunen sind daher gefragt, durch eine strategische kommunale Wärmeleitplanung zum Gelingen der Wärmewende vor Ort beizutragen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat mit seinem am 28.7.2022 veröffentlichten Diskussionspapier einen Vorschlag zur Umsetzung einer flächendeckenden kommunalen Wärmeplanung vorgelegt. Damit sollen die entsprechenden Beschlüsse des Koalitionsvertrags und des zweiten Entlastungspakets vom 23.3.2022 umgesetzt werden. Zentrales Ziel einer einheitlich geregelten, verbindlichen kommunalen Wärmeplanung soll insbesondere sein, die Planungssicherheit für öffentliche und private Investitionen zu erhöhen.

Bislang haben nur wenige Bundesländer ihre Kommunen zur Durchführung einer kommunalen Wärmeplanung gesetzlich verpflichtet. Das BMWK möchte künftig bundesweit Kommunen ab einer Größe von rund 10.000 bis 20.000 Einwohnern verpflichten, eine kommunale Wärmeplanung vorzunehmen. Dabei soll zunächst eine Bestandsanalyse erfolgen, die von Potenzial- und Zielanalysen gefolgt in der Entwicklung einer Handlungsstrategie mündet.

Wie erfolgt die Umsetzung vor Ort?

Bei der konkreten Ausgestaltung der kommunalen Wärmeplanung vor Ort wird es nicht zuletzt darum gehen, bestehende Instrumente und Strukturen zu nutzen, um etwa den Ausbau und Absatz von Wärmenetzen zu sichern. Wärmenetze können effizient kleine Siedlungen bis hin zu ganzen Stadtteilen mit Wärme versorgen und bilden einen wesentlichen Baustein in der kommunalen Wärmeplanung. Bei der Umsetzung von Wärmeversorgungsvorhaben sehen sich Kommunen und Energieversorger regelmäßig mit Planungsunsicherheiten und erheblichen Investitionen konfrontiert. Hohe Anschlussdichten sind für die Wirtschaftlichkeit von Wärmenetzen unerlässlich. Bislang lässt sich jedoch feststellen, dass Kommunen von den ihnen zur Verfügung stehenden kommunal- und bauplanungsrechtlichen Instrumenten nur zurückhaltend Gebrauch machen.

Die kommunale Wärmeplanung hängt wesentlich mit der städtebaulichen Planung zusammen und sollte daher etwa im Rahmen der Bauleitplanung stets Berücksichtigung finden. Kommunen haben die Möglichkeit, in Bebauungsplänen verbindliche Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen zu treffen. Durch entsprechende Festsetzungen können in Bebauungsplänen die Grundlagen für energieeffizientes Bauen und den Ausbau der Erneuerbaren Energien geschaffen sowie Flächen für Heizzentralen und Versorgungstrassen für Wärmenetze gesichert werden. Darüber hinaus können im Rahmen der verbindlichen Bauleitplanung Gebiete festgesetzt werden, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht bzw. nur beschränkt verwendet werden dürfen oder in denen bei der Errichtung von Gebäuden bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus Erneuerbaren Energien getroffen werden müssen. Ein Anschluss- und Benutzungszwang der Eigentümer geht mit diesen Festsetzungen allerdings nicht einher.

Ergänzend zu den Festsetzungsmöglichkeiten im Rahmen der Bauleitplanung können daher Vereinbarungen zur Umsetzung von Wärmeversorgungslösungen sowie bezüglich des Energiestandards der zu errichtenden Gebäude im Rahmen von städtebaulichen Verträgen oder Kaufverträgen über die Veräußerung städtischer Grundstücke getroffen werden.

Einen hohen Anschlussgrad an örtliche Wärmenetze können Kommunen sich und den örtlichen Energieversorgern im Übrigen durch einen Anschluss- und Benutzungszwang sichern. Die Gemeindeordnungen der Länder sehen die Möglichkeit vor, einen Anschluss- und Benutzungszwang für Wärmenetze durch Satzung festzusetzen. Solche Nah- oder Fernwärmesatzungen können ein wirkungsvolles Instrument in der Umsetzung kommunaler Wärmewendestrategien sein. Gleichwohl bedarf es zu ihrer rechtssicheren Ausgestaltung der Beachtung verschiedener rechtlicher Anforderungen. Wärmeanschluss- und Benutzungszwangsatzungen sind in der Regel nur dann zulässig, wenn es sich bei der Wärmeversorgung um eine öffentliche Einrichtung der Kommune handelt. Auch ist ihr Erlass je nach landesrechtlicher Ausgestaltung nur bei Vorliegen eines öffentliches Bedürfnisses oder besonderer städtebaulicher Gründe möglich.

In der Ausgestaltung ihrer Satzungsregelungen sind kommunale Satzungsgeber im Übrigen stets an die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie an höherrangiges Recht gebunden. Eine fehlerhafte Ausgestaltung etwa im Zusammenhang mit den vorzusehenden Befreiungsmöglichkeiten kann zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung führen. (Wir berichteten hierzu: Rechtliche Hürden bei der Ausgestaltung von Wärmeversorgungsansätzen mit Anschluss- und Benutzungszwang2)

Gibt es auch zivilrechtliche Absatzsicherungsinstrumente?

Auch in zivilrechtlicher Hinsicht gibt es zahlreiche Möglichkeiten zur Absatzsicherung. Diese können insbesondere dann interessant für Wärmeversorgungsunternehmen sein, wenn entweder keine rechtliche Möglichkeit besteht, die öffentlich-rechtlichen Instrumente zu nutzen oder politische Gründe der Einführung öffentlich-rechtlicher Instrumente entgegenstehen.

Zu den privatrechtlichen Absatzsicherungsinstrumenten zählen neben der klassischen Versorgungsdienstbarkeit die Unterlassungsdienstbarkeit sowie die Wärmelieferungs- oder Entgeltreallast. In der Regel bieten sich solche grundbuchbezogenen Sicherungsinstrumente dann an, wenn ein kommunaler Zwischenerwerb stattfindet oder im Rahmen eines Umlegungsverfahrens die Möglichkeit besteht, entsprechenden Zugriff auf die Grundstücke zu erhalten.

Welche Bedeutung hat die beschränkte persönliche Dienstbarkeit?

Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit in Form einer Unterlassungsdienstbarkeit dürfte das wohl bekannteste Absatzsicherungsinstrument im zivilrechtlichen Bereich sein. In diesem Fall wird das Grundstück, das versorgt werden soll, zugunsten des Betreibers der Fernwärmeversorgungsanlagen (§ 1090 BGB) mit faktischen Bezugspflichten belastet. Derartige Dienstbarkeiten müssen lediglich vom Grundstückseigentümer bewilligt werden und gelten im Anschluss zulasten jedes weiteren Grundstückseigentümers, bis eine Löschung der Dienstbarkeit erfolgt. Soweit die Dienstbarkeit erstrangig eingetragen ist, bleibt diese auch im Fall einer Zwangsversteigerung aufgrund von nachrangigen Grundschulden bestehen. Problematisch im Hinblick auf das Instrument der persönlichen Dienstbarkeit ist allerdings, dass die Belastung nicht in einem aktiven Tun (z. B. dem Fernwärmebezug an sich) bestehen darf, sondern lediglich eine Beschränkung bestimmter Nutzungen erfolgen darf (sog. „Unterlassungsdienstbarkeit”). Üblich ist deshalb, dass im Rahmen einer solchen Unterlassungsdienstbarkeit alle anderen Formen der Wärmeversorgung, wie Eigenversorgung oder Bezug von Dritten für das betroffene Grundstück ausgeschlossen werden, was zu einer faktischen Bezugspflicht der Wärme durch den Begünstigten führt.

Nachteile dieses Sicherungsinstruments sind allerdings, dass der Eigentümer des zu belastenden Grundstücks mit der Eintragung der Dienstbarkeit einverstanden sein muss oder ein kommunaler Zwischenerwerb erfolgen muss. Zudem erfordert die notarielle Beurkundung der Dienstbarkeiten einen hohen Aufwand und zusätzliche Kosten. Auch die sich aus entsprechenden Dienstbarkeiten ergebenden Pflichten sind für Verbraucher oftmals nur schwer nachvollziehbar. Bei privaten Fernwärmeversorgungsunternehmen kommen kartellrechtliche Risiken aufgrund des Ausschlusses jeglichen Wettbewerbs im betroffenen Gebiet hinzu. Kommunen und Energieversorger sollten sich daher über die rechtlichen Anforderungen im Vorfeld informieren.

Gibt es Koppelungsangebote bei kommunalem Zwischenerwerb?

Eine weitere Möglichkeit, einen entsprechenden Anschlussanreiz beim Immobilienerwerb zu setzen, stellt der „Wärmeerschließungsbeitrag” dar. Einrichtungen der leitungsgebundenen Versorgung sind in der Regel keine Erschließungsanlagen im Sinne von § 127 Abs. 1 BauGB. Allerdings sind gem. § 127 Abs. 4 Satz 2 BauGB bei öffentlich-rechtlicher Wärmeversorgung Erschließungsbeiträge für Wärmeinfrastrukturanlagen vertretbar (so auch VG Schwerin, Urteil vom 15.3.2012 – 8 A 547/11). Damit ist es grundsätzlich denkbar, dass die Kommune bei privatrechtlicher Wärmeversorgung neben dem Grundstückskaufpreis auch „Erschließungskosten” als Grundstückskaufpreiskomponenten zur Refinanzierung der Verteilnetz- und Hausanschlussanlagen der Fernwärmeversorgung unter Einräumung einer privatrechtlichen Anschlussoption vereinbart. Dabei ist zu beachten, dass die Höhe der Erschließungskosten im Verhältnis zu den Grundstückskosten – vor allem bei preisgünstigen Zwischenerwerbsmodellen – von untergeordneter Bedeutung sein dürfte, sodass die Lenkungswirkung unter Umständen begrenzt ist. Dennoch schafft die Vorleistung von Baukostenzuschüssen und der Hausanschlusskosten einen Anreiz für Erwerber, sich auch ohne weitere Absatzsicherung vonseiten des Fernwärmeversorgers an die Fernwärmeversorgung anschließen zu lassen.

In der Regel wird diese wärmerechtliche Bindung auch nicht als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch die Kommune anzusehen sein, da eine solche im Immobilienmarkt üblicherweise nicht bestehen dürfte (BGH, Urteil vom 9.7.2022, KZR 30/00, Rn. 29).

Welche vergaberechtlichen Aspekte sind zu berücksichtigen?

Im Hinblick auf den abzuschließenden Gestattungsvertrag mit Wärmeversorgern haben Kommunen im Übrigen das Vergaberecht zu beachten. Grundsätzlich haben Kommunen auf dem „Markt für Leitungs- und Wegerechte” eine marktbeherrschende Stellung inne. Deshalb müssen diese im Regelfall durch Ausschreibung befristeter Wegenutzungsverträge sicherstellen, dass weder (kommunale) Unternehmen bevorzugt, noch andere Unternehmen im Wettbewerb behindert werden (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB). Bei der Ausgestaltung von Gestattungsverträgen und der vergaberechtlichen Einordnung ist deshalb ein sorgfältiges Vorgehen erforderlich.

Wir unterstützen bei der Realisierung

Wir beraten Kommunen, Energieversorger und Industrieunternehmen zu allen rechtlichen Fragestellungen ebenso wie zur wirtschaftlichen Umsetzbarkeit und Finanzierung anspruchsvoller Wärmeversorgungsvorhaben. Kommen Sie bei Fragen gerne auf uns zu.




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