Kommunale Beteiligungen bei Windprojekten

PrintMailRate-it

​​​​​​​​veröffentlicht am 1. April 2022​

 

Banner Wind 

 

Standortkommunen können in der Regel umfangreich von der kommunalen Wertschöpfung im Rahmen von Windprojekten profitieren, die von Wegenutzungs- bzw. Pachtentgelten über zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen bis hin zu passiven oder aktiven Beteiligungsgewinnen reicht. Da insbesondere direkte Beteiligungen eine attraktive Option zur Stärkung kommunaler Haushalte darstellen und auch für Projektentwickler zunehmend an Bedeutung gewinnen, geben wir Ihnen nachfolgend einen kurzen Überblick der wesentlichen Hintergründe und Fragestellungen derartiger Kooperationsprojekte.


Quo vadis, Windenergie?

In den vergangenen Jahren ist der Windenergieausbau aufgrund von langsamen Genehmigungsverfahren und geringer Flächenverfügbarkeit zunehmend ins Stocken geraten. Um Deutschlands ambitionierte Klimaziele dennoch zu erreichen, hat die neue Bundesregierung im Rahmen des Koalitionsvertrags ihre Absicht erklärt, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und über das Baugesetzbuch 2 Prozent der Landesflächen für Windenergie an Land auszuweisen. Zudem sollen die spezifischen Ausbauziele sowie die Ausschreibungsmengen im Rahmen der jüngst angekündigten EEG-Novelle (EEG 2023) weiter angehoben werden, um den Bruttostromverbrauch bis 2035 nahezu vollständig aus Erneuerbaren Energien zu decken. Die neue Bundesregierung schürt damit die Hoffnung, dass der Windenergieausbau künftig wieder an Fahrt gewinnt.
 

Hintergründe und Formen kommunaler Beteiligungen

Grundsätzlich kann ein Beteiligungsangebot gegenüber der Standortkommune verschiedene Hintergründe haben. Das wohl häufigste Argument ist dabei die Steigerung der Akzeptanz vor Ort, indem die kommunale Wertschöpfung über das übliche Maß von Pachtentgelten und Gewerbesteuerzahlungen hinaus ausgeweitet wird. Neben derlei freiwillig angebotenen Beteiligungen gibt es jedoch auch einige Gesetzesvorgaben, die Beteiligungsangebote bedingen können.

 

Die wesentliche Gesetzesgrundlage stellt § 36g EEG dar, der besondere Ausschreibungsbestimmungen für Bürgerenergiegesellschaften definiert. Sofern bestimmte Vorgaben hinsichtlich der Beteiligung natürlicher Personen sowie eines regionalen Bezugs der Anteilseigner eingehalten werden, gilt für Bürgerenergiegesellschaft stets der höchste bezuschlagte Gebotswert der Ausschreibungsrunde. Eine der Voraussetzungen ist, dass die Standortgemeinde mit einem Anteil von 10 Prozent an der Bürgerenergiegesellschaften beteiligt ist oder dass ihr dieser Anteil vor Gebotsabgabe zumindest angeboten wurde. Auch wenn der Anteil an Bürgerenergiegesellschaften aufgrund der Aufhebung der längeren Inbetriebnahmefrist sowie des geringeren Wettbewerbsdrucks bei Ausschreibungsverfahren zuletzt stark abnahm, ist eine Renaissance lokal verankerter Projektentwicklungen nicht unwahrscheinlich. Insbesondere die in der EEG-Novelle vorgesehene Befreiung von der Teilnahmepflicht an Ausschreibungsverfahren für Bürgerenergiegesellschaften könnte dabei eine entscheidende Rolle spielen.

 

  Installierte Windenergieleistung und aktualisierte Ausbauziele in Deutschland (Gigawatt)

 

 

Abbildung 1 - Installierte Windenergieleistung und aktualisierte Ausbauziele in Deutschland (Gigawatt)

 

Abseits der Regelungen für Bürgerenergiegesellschaften ermöglicht § 36g Abs. 5 EEG es Bundesländern zudem, eigene Regelungen hinsichtlich verpflichtender Bürger- und Gemeindebeteiligungen zu erlassen. Bis dato haben die Länder von dieser Möglichkeit nur vereinzelt Gebrauch gemacht, allen voran ist an dieser Stelle Mecklenburg-Vorpommern zu nennen. Das 2016 erlassene Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz sieht beispielsweise unterschiedliche Instrumente zur Gemeindebeteiligung vor, die entweder einer direkten oder äquivalenten finanziellen Beteiligung in Höhe von 10 Prozent des Eigenkapitals entsprechen.

Neben den genannten Vorgaben zur direkten Beteiligung gibt es zudem die Möglichkeit einer aus Betreibersicht kostenneutralen, finanziellen Beteiligung von Kommunen in Höhe von 0,2 ct/kWh, die in § 6 EEG verankert ist.

 

Während der rechtliche und organisatorische Rahmen bei gesetzlich verpflichtenden Beteiligungen vergleichsweise eng gestrickt ist, können von gewerblichen Projektentwicklern freiwillig angebotene Beteiligungen deutlich flexibler gestaltet und zu unterschiedlichen Zeitpunkten realisiert werden. Als Anhaltspunkt für potenzielle Startzeitpunkte einer kommunalen Kooperation dienen 3 wesentliche Meilensteine von Windenergieprojekten: die Flächensicherung, der Erhalt einer Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) sowie die Inbetriebnahme der Windenergieanlagen. Prinzipiell gilt, dass aus kommunaler Sicht zwar Aufwand und Risiko sinken, je weiter ein Projekt fortgeschritten ist. Im gleichen Zuge reduzieren sich jedoch auch die Wertschöpfung und die Möglichkeit der Einflussnahme.
 

Wesentliche Aspekte in der Umsetzung

Die Umsetzung kommunaler Beteiligungen konfrontiert die involvierten Akteure häufig mit komplexen Fragestellungen, die den Erfolg der Beteiligung bei fehlender Vorerfahrung schnell gefährden können. Um eine reibungslose Umsetzung zu gewährleisten, sollten daher bereits zu Beginn die grundlegenden Rahmenbedingungen in einer Kooperationsvereinbarung zwischen Projektentwickler und Kommune fixiert werden. Im späteren Verlauf sind zudem unterschiedlichste Prüfungen wirtschaftlicher und rechtlicher Natur durchzuführen.

 

Aus wirtschaftlicher Sicht sind insbesondere die Plausibilisierung des Kaufpreises und des Kapital- bzw. Finanzierungsbedarfs von wesentlicher Bedeutung, um die langfristigen Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt zu ermitteln. Dies geschieht in der Regel auf Basis einer fundierten Wirtschaftlichkeitsberechnung, mithilfe derer die benötigten Kapitaleinlagen und künftigen Ausschüttungen prognostiziert werden. Des Weiteren ist eine Financial Due Diligence unerlässlich, um die aktuelle Finanzlage sowie bestehende Zahlungsverpflichtungen der Projektgesellschaft gründlich zu prüfen.

 

Aus rechtlicher Sicht sind stets die länderspezifischen Gemeindeordnungen zu berücksichtigen, die Anforderungen an kommunale Beteiligungen stellen. Ferner müssen einerseits der Kaufvertrag als Grundlage der Transaktion und andererseits die wesentlichen Projektverträge im Rahmen einer Legal Due Diligence geprüft werden.

 

Startzeitpunkte für kommunale Beteiligungen anhand der wesentlichen Meilensteine 

Abbildung 2 –Startzeitpunkte für kommunale Beteiligungen anhand der wesentlichen Meilensteine

 

 

Kommunalrechtlich ist die Beteiligung einer Kommune an einer Projektgesellschaft in privatrechtlicher Form im Rahmen eines Windprojekts grundsätzlich zulässig. Gemäß vieler Gemeindeordnungen dient die gemeindewirtschaftliche Betätigung in den speziellen Bereichen der Strom-, Gas- und Wärmeversorgung stets einem öffentlichen Zweck. Voraussetzung ist jedoch insbesondere, dass die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Kommune steht sowie, dass eine Haftungsbegrenzung der Kommune und ihr angemessener Einfluss in Bezug auf grundlegende Entscheidungen der Projektgesellschaft gewährleistet werden. Nicht alle Rechtsformen sind für diese Zwecke geeignet. In der Praxis stellt die GmbH & Co. KG eine gängige Rechtsform für Wind-Projektgesellschaften dar. Die Beteiligung der Kommune erfolgt hier an der Kommanditgesellschaft und ist für die Kommune auf die Kommanditeinlage beschränkt. Zu beachten gilt, dass Drittsicherheiten nur im Umfang der Beteiligungsquote und unter Ausschluss der gesamtschuldnerischen Haftung bestellt werden (z. B. Zahlungssicherheiten zur Absicherung der Kaufpreiszahlung für die Windenergieanlage, Rückbaubürgschaften etc.).

 

Außerdem bedarf es der Klärung der Finanzierungsform (Eigenfinanzierung oder Fremdfinanzierung der Kommune). Im Rahmen der Fremdfinanzierung durch Kreditaufnahme spielt der Gedanke der Generationengerechtigkeit eine nicht unbedeutende Rolle. Letztlich sollte eine Abwägung erfolgen, ob zukünftige Generationen von der geplanten Investition profitieren oder übermäßig belastet werden.

 

Schließlich müssen zudem die formellen Regelungen der jeweilig einschlägigen Landesvorschriften befolgt werden. Vor der Entscheidung der Kommune ist grundsätzlich der Rat über die Chancen und Risiken des Vorhabens zu unterrichten und außerdem die Entscheidung innerhalb einer bestimmten Frist vor Beginn des Vollzugs der Aufsichtsbehörde anzuzeigen.

 

Fazit

Beteiligungen an Windprojekten stellen für Kommunen eine echte Chance dar, die stockende Energiewende aktiv mitzugestalten und gleichzeitig den kommunalen Haushalt langfristig zu stärken. Da derartige Kooperationen jedoch mit vergleichsweise großen Investitionsvolumina einhergehen und aus kommunaler Sicht häufig eine Ausnahmesituation darstellen, ist eine detaillierte Prüfung der Beteiligungsoption unabdingbar.

 

 

 

aus dem newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Anton Berger

Diplom-Ökonom, Diplom-Betriebswirt (FH)

Partner

+49 911 9193 3601

Anfrage senden

Contact Person Picture

Michael Eckl

Diplom-Energiewirt (FH)

Associate Partner

+49 911 9193 3608

Anfrage senden

Wir beraten Sie gerne!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu