Nachhaltige Geldanlage für Kommunen und Non-Profit-Organisationen – Offenlegungsverordnung – Welche ESG-Fonds passen zu Ihren Nachhaltigkeits- präferenzen – Ein erneuter Appell an mehr Transparenz und Information

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​veröffentlicht am 4. Oktober 2022


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Derzeit ist oft die Rede von Artikel-6-, Artikel-8- oder Artikel-9-Fonds. Diese Kennzeichnung soll es Anlegern wie beispielsweise Kommunen, Stiftungen, kirchlichen Einrichtungen, Verbänden etc. erleichtern, nachhaltige Investmentfonds bei ihrer Geldanlage zu identifizieren. Jedoch stellt die Kennzeichnung noch lange kein Nachhaltigkeits-Güte-Siegel dar. Die Deutsche-Bank-Tochter DWS und weitere Fondsgesellschaften kämpfen derzeit gegen den Vorwurf, ihre Fondsprodukte zu schnell als nachhaltig klassifiziert zu haben (Greenwashing). 


Die EU-Offenlegungsverordnung (kurz OffenlegungsVO1) bildet die Klassifizierungsgrundlage und verpflichtet die Fondsanbieter zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen für alle Fondsprodukte, egal ob nachhaltig oder nicht. Die Verordnung unterscheidet drei Kategorien:

  • Artikel 6 – Nicht-nachhaltige oder sonstige Finanzprodukte, die keinen besonderen Wert auf Nachhaltigkeit legen. Es ist offenzulegen, ob und wie Nachhaltigkeitsrisiken im Investmentprozess Berücksichtigung finden, sowie deren Auswirkung auf die Rendite des Fonds.
  • Artikel 8 – ESG-Strategieprodukte „hellgrüne Fonds”, die mit ökologischen/sozialen Merkmalen werben. Es ist offenzulegen, wie diese Merkmale erfüllt werden. 
  • Artikel 9 – Impact-Produkte „dunkelgrüne Fonds”, die darüber hinaus mindestens ein nachhaltiges Anlageziel anstreben. Es ist offenzulegen, wie der Fonds die nachhaltige Investition erreicht. Bei dem angestrebten Ziel der Reduzierung von CO2-Emissionen ist eine ausführliche Erläuterung notwendig, wie die Ziele zur Verwirklichung der langfristigen Erderwärmungsziele des Übereinkommens von Paris gewährleistet werden. 

Mithilfe dieser Klassifizierung und den verbundenen Transparenzvorschriften soll der Anleger einschätzen können, wie nachhaltig ein Produkt ist und welchen Einfluss Nachhaltigkeitsrisiken auf die Rendite haben könnten. Das Analysehaus Morningstar berichtete, dass zum Ende des zweiten Quartals 2022 über die Hälfte des gesamten EU-Fondsvermögens als Artikel-8- und Artikel-9-Fonds deklariert wurde. 

Jedoch stellt die Einstufung als Artikel-8- oder Artikel-9-Fonds kein Nachhaltigkeits-Güte-Siegel dar, denn die OffenlegungsVO verpflichtet, wie der Name bereits vermuten lässt, zur Offenlegung von Informationen, schreibt für eine entsprechende Einstufung aber keinerlei Mindestquoten für nachhaltige Investitionen o. ä. vor. Die Folge: Insbesondere im Bereich der Artikel-8-Fonds reicht die Quote nachhaltiger Investitionen von allenfalls hellgrün bis hin zu dunkelgrünen Überzeugungstätern. Thomas Richter, der Hauptgeschäftsführer des Fondsverbands BVI2 mahnte deshalb in seinem BVI-Podcast an, dass die EU es versäumt habe, von Anfang an strengere Kriterien für Artikel-8-Fonds zu definieren, um den inflationären Gebrauch von Artikel-8-Fonds und damit verbundene Unsicherheiten zu vermeiden. Die europäischen Regulierungsbehörden veröffentlichten bereits Konkretisierung, wie beispielsweise wann ein Fonds als "nachhaltig" bezeichnet werden darf, und kündigten weitere Nachschärfungen an. Morningstar berichtete bereits über 16 herabgestufte Fonds, die im zweiten Quartal 2022 von Artikel 9 in Artikel 8 umklassifiziert wurden. In Zukunft dürften weitere folgen. 

Fazit

Ob das Fondsportfolio den eigenen Nachhaltigkeitspräferenzen entspricht, kann der Fondsanleger allein anhand der Einstufung nach der Offenlegungsverordnung nicht erkennen. Um Klarheit zu gewinnen, gilt es, den Investmentfonds mit all seinen Produktinformationen und -dokumentationen auf Nachhaltigkeitsaspekte zu durchleuchten. Hierzu gehören u. a. folgende Fragestellungen: 

  • Welche Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken finden Einzug in die Investmentstrategie des Fonds? 
  • Wie hoch ist der Mindestanteil der sozial nachhaltigen Investitionen bzw. Investitionen mit einem EU-Taxonomie-konformen Umweltziel?
  • Leistet der Investmentfonds bereits heute einen substanziellen Beitrag zu diesen Zielen oder befinden sich die im Portfolio enthaltenen Unternehmen aktuell in der Transformationsphase, also werden dank Investitionen künftig einen substanziellen Beitrag leisten?
  • Inwiefern wirken sich die Investitionsentscheidungen des Investmentfonds auf bestimmte ökologische oder soziale Nachhaltigkeitsfaktoren nachteilig aus? 
  • Wie werden die beworbenen ökologischen und sozialen Eigenschaften bzw. das beworbene Nachhaltigkeitsziel erreicht? 
  • Welche Nachhaltigkeitsindikatoren werden zur Messung herangezogen?
  • Stehen die Investitionen des Investmentfonds im Einklang mit den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte?
  • Inwiefern werden die angegebenen Nachhaltigkeitsziele durch den Einsatz von Derivaten erreicht?

Um als Anleger seinen Nachhaltigkeitspräferenzen und Anlagerichtlinien gerecht zu werden und somit besser begründete Entscheidungen zu treffen, ist eine größtmögliche Transparenz unabdinglich.

Unser Transparenzbericht für Publikums- und Spezialfonds dokumentiert als unabhängige Instanz seit Jahren die Vorgänge innerhalb des Fonds und bricht diese ins Allgemeinverständliche herunter. Um dem Anleger noch mehr Orientierung in der Einschätzung nachhaltiger Anlageaspekte zu geben, wird der Transparenzbericht ab 2023 um noch tiefergehende Informationen zu Nachhaltigkeitskriterien und -risiken erweitert. In diesem Zusammenhang plausibilisiert der Transparenzbericht auch die Einstufung eines Investmentfonds gemäß OffenlegungsVO, d. h. die Begutachtung der internen Prozesse und der Governance eines Investmentfonds, um der Einstufung auch qualitativ gerecht zu werden.   

Semi-institutionelle Anleger, wie Stiftungen, Kommunen, Verbände, kirchliche Einrichtungen etc., nutzen diese zusätzlichen Informationen aus den Transparenzberichten, um ihren Anforderungen an eine sachgerechte Kontrolle und Überwachung, insbesondere ihrer Geldanlagen in Investmentfonds, gerecht zu werden. 

Vor diesem Hintergrund statten immer mehr Fondsgesellschaften/Fondsinitiatoren ihre Produkte mit wertvollen zusätzlichen Informationen – überprüft und plausibilisiert durch unabhängige Dritte – aus, die weit über die Mindestanforderungen der gesetzlich geregelten Fondsberichterstattung hinausgehen. Für die Fondsanleger eine willkommene Entwicklung. 

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1 Sustainable Finance Disclosure Regulation, kurz SFDR, Verordnung (EU) 2019/2088.
2 Bundesverband Investment und Asset Management e. V.



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