Prozesse in der Vollstreckung mit der Digitalisierung klarer regeln und vereinfachen

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​veröffentlicht am 4. Januar 2020

 

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Ein professionelles Forderungsmanagement ist für die Kommunen, nicht anders als für Unternehmen in der Privatwirtschaft, ein wichtiger Faktor für die Sicherung der Liquidität. Die Vollstreckung stellt dabei am Ende des Prozesses den entscheidenden Faktor dar, der die letztendliche Realisierung oder Niederschlagung von offenen Forderungen beeinflusst.


Die Bedeutung einer effektiven und effizienten Beitreibung für die Liquidität der öffentlichen Kassen liegt aber nicht erst seit dem Jahr 2020 entsprechend hoch; im Jahr 2009 hat Rödl & Partner das Gutachten „Status quo und Perspektiven des kommunalen Forderungsmanagements in Deutschland” veröffentlicht.

 

Ein guter Zeitpunkt, um zu rekapitulieren, was sich getan hat, wie der aktuelle Stand ist und welche Entwicklungsmöglichkeiten sich zeigen.


Nicht alles war schlecht – Trotzdem gab es Handlungsbedarf!

Der grundsätzliche Erkenntnisgewinn aus der Umfrage, an der sich 600 Kommunen beteiligt haben, war, dass die Kommunen ein insgesamt positives Bild des Forderungsmanagements erreichen konnten. Die Schwankungsbreiten zwischen Minimum, Mittelwert und Maximum im Bereich der geschäftsbestimmenden Kennzahlen im Forderungsmanagement indizierten allerdings weitergehendes Verbesserungspotenzial, v. a. durch Binnenoptimierung im Rahmen der bestehenden Strukturen. Was waren die wesentlichen Themen?

 

  1. Optimierung der Geschäftsprozesse: Nur bei 20 Prozent der Vollstreckungsbehörden existierten über die gesetzlichen Regelungen hinausgehende, verbindliche und dokumentierte Vorgaben für die Vorgehensweise betreffend Bearbeitungsdauer, Abfolge von Prüfaktionen, Maßnahmenplanung und -durchführung etc. Die bestehenden Regelungen zeigten ein breites Spektrum.
  2. Softwareunterstützung des Vollstreckungsverfahrens: Eine professionelle Vollstreckungssoftware, optimalerweise ergänzt durch ein Dokumentenmanagementsystem, ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Verbesserung der Prozesseffizienz. Die hohen Fallzahlen und die Komplexität der Fallbearbeitung in der Vollstreckung machen den Einsatz von Vollstreckungssoftware zwingend notwendig. Jedoch verfügten 41 Prozent der befragten Vollstreckungsstellen nicht über ein entsprechendes Fachverfahren.
  3. Verhältnis von Innendienst zu Außendienst: Die als unwirtschaftlich zu bewertende Praxis, Vollstreckungstitel zunächst dem Außendienst zur Bearbeitung zu geben, bevor der Innendienst Maßnahmen, wie Forderungspfändungen, einsetzt, konnte noch gehäuft als Ist-Situation in den Kommunen vorgefunden werden.
  4. Zentralität des Forderungsmanagements und der Vollstreckung: Während bei den Kommunalverwaltungen der GK 5 der Prozess des Forderungseinzugs praktisch vollständig bei der Kasse gebündelt ist, waren bei den größeren Kommunen neben der Kasse überwiegend noch weitere Stellen mit diesem Geschäft befasst. Das verwaltungsinterne Verfahren bei Niederschlagungen war oftmals aufwändig und abstimmungsintensiv organisiert.
  5. Forderungscontrolling: Die Ergebnisse der Umfrage zeigten, dass insgesamt bei rund 60 Prozent der Verwaltungen mittlerer bis hoher Handlungsbedarf bei Steuerungsunterstützung, Controlling und Berichtswesen im Forderungsmanagement besteht. Steuerungsrelevante Informationen standen überwiegend nicht oder nur auf Basis manueller Auswertungen zur Verfügung.

 

Vieles ist verbessert, aber noch nicht optimal!

Seit der Studie hat Rödl & Partner viele Kommunen bei der Optimierung des Forderungsmanagements und der Vollstreckung beraten und begleiten dürfen. In Verbindung mit der Digitalisierung nimmt der Beratungsbedarf in der kommunalen Vollstreckung sogar weiter zu. An den Themen von vor 11 Jahren haben die Kommunen weitergearbeitet und Fortschritte erzielt. Doch wo sind noch Potenziale?

 

  1. Prozesse detaillieren, digitalisieren und optimieren: Den meisten bestehenden Prozessdarstellungen mangelt es an Klarheit und Detailtiefe. Medienbrüche und papierbezogenes Arbeiten sind noch weit verbreitet. Prozessdarstellungen als Hilfsmittel für den Einarbeitungsprozess sind eher selten vorhanden.

    Bei der Modellierung der Prozesse gilt es, Prozessabläufe mit den Mitarbeitern bewusster zu machen, Optimierungsmöglichkeiten zu reflektieren, Digitalisierungsmöglichkeiten zur Optimierung zu nutzen und die Prozesse ganzheitlich d. h. auch unter Einbeziehung der Schnittstellen Buchhaltung, Fachämter etc., zu betrachten.
  2. Professionelle Fachsoftware vollständig nutzen: Eine Fachsoftware ist in den meisten Kommunen inzwischen zum Standard geworden. Das Ausmaß dieser Unterstützung unterscheidet sich allerdings erheblich: Häufig wird die Software für einzelne Funktionen, wie das Anstoßen von Maßnahmen unter Nutzung hinterlegter Vordrucke, verwendet, während die Papierakte weiterhin als Hauptinstrument zur Dokumentation von Schuldnerinformationen verwendet wird. Die digitale Akte und die digitale Bearbeitung sind dabei zwei unterschiedliche Elemente und haben in den meisten Vollstreckungsbehörden noch Projektcharakter. Eine Prozessverbesserung durch medienbruchfreie und digital vorliegende Informationen wird mit den bestehenden Strukturen noch nicht ermöglicht. Hier gilt es für die Vollstreckung, mutig den nächsten Schritt in Richtung digitaler Prozesse zu wagen.
  3. Innendienst im Vollstreckungsprozess eine aktivere Rolle geben: Das Personalverhältnis von Innendienst zu Außendienst hat sich deutlich Richtung Innendienst verschoben. Dennoch fällt auf, dass der Außendienst mit Verwaltungstätigkeiten (z. B. Bürotätigkeiten) beschäftigt ist und der Innendienst in vielen Kommunen immer noch einen hohen Anteil an nicht wertschöpfenden Tätigkeiten (Ablage, Dokumentation etc.) übernimmt. Hier gilt es den Innendienst im Vollstreckungsprozess weiter zu stärken und feste Regelungen für die Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen zu treffen.
  4. Abstimmungswege regeln und vereinfachen: Wenig verändert hat sich bei der organisatorischen Ausgestaltung von Niederschlagung, Stundung und Erlass innerhalb der Kommunen. Noch immer sind die Prozesse geprägt von dezentraler Entscheidungshoheit und somit langen Durchlaufzeiten, die in der Konsequenz potenziell zu einer weiteren Erhöhung der Altforderungen beitragen. Fachliche Entscheidungen sollten dort verortet werden, wo die Fachlichkeit sitzt und damit z. B. im Bereich der Niederschlagung „Genehmigungsverfahren” durch „Widerspruchsmöglichkeit” ersetzen.
  5. Wirkungsorientiertes Controlling aufbauen: Der Bedarf, Kennzahlensysteme in der Vollstreckung aufzubauen und weiter zu entwickeln, ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Konsequente Nutzung und Pflege der eingesetzten Vollstreckungssoftware und die Kenntnis über die Auswertungsmöglichkeiten aus den vorhandenen Programmen stellen sich derzeit noch als die häufigsten Umsetzungshürden heraus. Dies kann nur mit konsequenter „Arbeit“ in der Software durch alle Mitarbeiter und die gezielte Qualifizierung im Programm gelöst werden. Die Mühen lohnen sich jedoch, um die Wirksamkeit der Vollstreckungsmaßnahmen überprüfen und nachsteuern zu können.


Herausforderungen zu Möglichkeiten machen!

Die kommunale Vollstreckung bleibt von der Corona-Pandemie nicht unbeeinflusst. Jetzt zeigt sich, wie hoch die „Readyness” für mobiles Arbeiten ist und wie digital Prozesse gestaltet sein müssen, sodass auch Arbeiten von zu Hause möglich ist. Manche Mitarbeiter wollen die in der Pandemie gewonnenen digitalen Möglichkeiten auch in einen regulären Arbeitsalltag übernehmen.


Aufgrund von Corona ist zu erwarten, dass die Zahl der Insolvenzen in 2021 steigen wird und die Zahlungswilligkeit der Schuldner weiter abnimmt. Gleichzeitig hält der demografische Wandel in der kommunalen Vollstreckung Einzug. Wir erleben das u. a. in aktuellen Projekten. Diese Herausforderungen sollten aber nicht zu einem pessimistischen Blick in die Zukunft verleiten. Stattdessen sollte der „Schwung” als Chance genutzt werden. Die historisch gewachsenen Prozesse können neu gedacht und die Digitalisierungsvorhaben in der Vollstreckung vorangetrieben werden. Wenn die Corona-Pandemie die Verwaltung eines gelehrt hat, dann ist es die Tatsache, dass neue Wege und digitale Lösungen schneller entwickelt und umgesetzt werden können als bisher gedacht.


Mit einem unserer erfahrenen, interdisziplinären und eingespielten Beratungsteams für das kommunale Finanzwesen unterstützen wir Sie gerne bei diesen Herausforderungen.

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Christian Griesbach

Diplom-Volkswirt

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