Rechtsanspruch auf private Ladestation: Gesetzgeber möchte Elektromobilität für Mieter und Wohnungseigentümer fördern

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veröffentlicht am 02. Mai 2019

 

Elektroladestation ​Ziel der Bundesregierung ist es, dass bis zum Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge zugelassen sein sollen. Der Trend zur Anschaffung eines Elektrofahrzeugs steigt in Deutschland immer mehr. Doch nicht jeder, der sich diesem Hype anschließt, kann sein E-Auto zu Hause laden. Besonders für Mietparteien oder Wohnungseigentümer in einem Mehrfamilienhaus stellt sich immer wieder die Frage, wer den Zugang zu privater Ladeinfrastruktur zu gewährleisten hat. Eine wichtigere Frage ist jedoch: Wer trägt die Kosten für Installation und Abbau einer solchen Ladestation? Mit einem Gesetzesentwurf zur Anpassung von Wohnungseigentums- und Mietrecht möchte der Gesetzgeber alle Regelungslücken beim Ausbau privater Lademöglichkeiten schließen, die seit ca. 2010 existieren. Dieser Beitrag gibt einen kurzen Ausblick über das Gesetzgebungsverfahren.

 

Ein neuer § 554 B BGB soll mehr Rechtsklarheit im Verhältnis zwischen Wohnraummietrecht und Elektromobilität schaffen

Wer Eigentümer eines Einfamilienhauses ist, kann grundsätzlich problemlos eine eigene Ladeeinrichtung auf seinem Grundstück installieren, soweit die technischen Voraussetzungen erfüllt sind. Problematisch wird es hingegen bei Eigentümergemeinschaften und Mietshäusern bzw. Mietwohnungen. Die gegenwärtige Rechtslage im Wohnungseigentumsrecht und im Mietrecht ist hinsichtlich der Möglichkeit, private Kfz-Stellplätze mit Ladestationen auszustatten, unbefriedigend. Bislang hat man versucht, die allgemeinen, nicht gesetzlich niedergelegten Grundsätze zur Vornahme von Maßnahmen an der Mietsache durch den Mieter anzuwenden (sogenannte „Mietermodernisierung” = Investitions- oder Modernisierungsmaßnahmen auf eigene Kosten des Mieters), die jedoch im Wege der beidseitigen Interessenabwägung meist nicht durchsetzbar sind. Eine gesetzliche Regelung ist deshalb notwendig, um mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Insbesondere müssen Vermieter ihre Kostenrisiken besser abschätzen können, wenn auf Mietseite der Wunsch nach Installation einer hauseigenen Ladestation besteht. Denn nicht nur die Ladeanlage an sich löst Kosten aus, sondern auch die möglicherweise erforderliche Verstärkung des Netzanschlusses, für deren Bereitstellung in jedem Fall der Vermieter oder die Wohnungseigentümergemeinschaft verantwortlich ist.

 

Mit dem geplanten Gesetz möchte der Gesetzgeber dieser auf hohem Niveau geführten Diskussion über Unklarheiten im Bereich der Elektromobilität nun ein Ende setzen. Der Entwurf BT-Drs.19/401 liegt seit Anfang 2018 dem Bundestag vor.

 

Demzufolge soll im BGB für das Wohnraummietrecht ein neuer § 554b BGB eingefügt werden. Der Wortlaut des neuen Gesetzes soll – in etwa – wie folgt lauten:

 

§ 554b Elektromobilität - § 554a gilt entsprechend für „bauliche Veränderungen oder sonstige Einrichtungen, die für die Installation einer Ladeeinrichtung für ein elektrisch betriebenes Fahrzeug im Sinne des § 2 des Elektromobilitätsgesetzes erforderlich sind.”

 

Hierbei soll also die Vorschrift des § 554a BGB mit der amtlichen Überschrift „Barrierefreiheit” sinngemäß Anwendung finden. Gemäß § 554a Abs.1 S.1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wenn der Mieter ein berechtigtes Interesse daran hat. Nach Satz 2 kann der Vermieter seine Zustimmung verweigern, wenn sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung der Mietsache überwiegt. Hierbei sollen ebenfalls die berechtigten Interessen anderer Mieter in dem Gebäude Berücksichtigung finden, so Satz 3 der Vorschrift.

 

Das könnte also für die Zukunft bedeuten, dass Mieter, die ein berechtigtes Interesse haben, die erforderliche Zustimmung ihres Vermieters verlangen und durchsetzen können und so die Installation einer Ladestation auf eigene Kosten erreichen könnten, es sei denn, das Interesse des Vermieters an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes oder die berechtigten Interessen anderer Mieter im Gebäude würden überwiegen.

 

Auch Wohnungseigentümer sollen durch die Anpassung im Wohnungseigentumsrecht hinsichtlich der Elektromobilität gefördert werden

Im Wohnungseigentumsrecht (WEG) ist die Konstellation ähnlich wie im Wohnraummietrecht. Für Elektrowagen-Fahrer beginnen die Rechtsfragen häufig in der Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses, die zum Gemeinschaftseigentum gehört. Deshalb ist zur Installation einer Ladeeinrichtung üblicherweise die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich. Der Gesetzgeber möchte auch hier eine Anpassung des § 22 Abs. 1 WEG vornehmen. Nach der Vorstellung soll Folgendes angefügt werden:


„Die Zustimmung ist ferner nicht erforderlich zu baulichen Veränderungen, die für eine behindertengerechte Nutzung des Sonderund Gemeinschaftseigentums oder für die Installation einer Ladeeinrichtung für ein elektrisch betriebenes Fahrzeug im Sinne des § 2 des Elektromobilitätsgesetzes erforderlich sind, wenn ein berechtigtes Interesse an der Maßnahme besteht und die Maßnahme nicht die Eigenart der Wohnanlage ändert; dies gilt nicht, wenn das Interesse an der unveränderten Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oder der Wohnanlage das Interesse an der Maßnahme überwiegt. Satz 3 kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.”


Auch hier soll also künftig die Einholung der Zustimmung aller Eigentümer hinsichtlich der Installation einer Ladeinfrastruktur entbehrlich werden. Das soll aber nur gelten, wenn ein berechtigtes Interesse besteht und die Installation zu keiner erheblichen Veränderung in der Eigenart der Wohnanlage führt.

 

Bedeutung für die Zukunft

Mit den entsprechenden Anpassungen sowohl im Wohnraummietrecht (BGB) als auch im Wohnungseigentumsrecht (WEG) zur Förderung der Elektromobilität beabsichtigt der Gesetzgeber, einen möglichst weitgehenden Gleichlauf in beiden Rechtsgebieten zu erzeugen.

 

Doch alle Regelungslücken wird der Gesetzgeber mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf nicht schließen können. Zum einen wurde bisher noch nicht geklärt, ob Gewerberaummietverhältnisse auch unter die neue „Elektromobilitäts” -Vorschrift des BGB fallen. Zum anderen bleibt die am häufigsten gestellte Frage, wer nach Ende des Mietverhältnisses überhaupt für den Rückbau der privaten Ladestation verantwortlich ist, weiterhin offen und damit im Ergebnis nach wie vor ein Thema für die Vertragsverhandlung für jeden individuellen Mietvertrag. Ebenfalls ungelöst bliebe mit der angedachten Regelung, ob und inwieweit Vermieter, die ihre hauseigenen Stellplätze oder Tiefgaragen mit Ladestationen ausstatten möchten, die Kosten dafür später auf die Mieter umlegen können. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, endlich eine „lückenschließende” Regelung zu schaffen, die diese Unsicherheit auf beiden Seiten beendet. Denn das macht die Rechtsbeurteilung in diesen Fällen weiterhin sehr kompliziert und erfordert unbedingt fachanwaltliche Beratung.

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Hilâl Özdemir

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Wirtschaftsjuristin (Univ. Bayreuth), Wirtschaftsmediatorin (MuCDR)

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