Die neue Trinkwasserverordnung – Sicherstellung der Trinkwasserqualität mit 42 zusätzlichen Paragrafen

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​veröffentlicht am 2. November 2023




Aus bislang 30 Paragrafen der alten Trinkwasserverordnung (nachfolgend TrinkwV) wurden in der am 24.6.2023 in Kraft getretenen neugefassten Trinkwasserverordnung 72 Paragrafen plus zusätzlich 2 neue Anlagen: 

Trinkwasser ist in Deutschland eines der kontrolliertesten Lebensmittel. Die Novelle der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) setzt wichtige europäische Vorgaben (Richtlinie (EU) 2020/2184 EU-Trinkwasserrichtlinie) für den Trinkwasserschutz in nationales Recht um. Sie sieht unter anderem die Einführung eines risikobasierten Trinkwasserschutzes vor, führt neue Parameter ein und legt niedrigere Grenzwerte für Schadstoffe wie Chrom, Arsen und Blei fest. Auch wenn diese Anforderungen in erster Linie die Wasserversorger treffen, setzen sie auch höhere Anforderungen für Eigentümer und Gebäudebetreiber. Die wesentlichen Neuerungen für diesen Adressatenkreis sind nachfolgend erläutert.  


Neue Rechtsbegriffe

Innerhalb der neuen Verordnung begegnen einem zunächst ein paar neue Begrifflichkeiten. Zum einen verändert die neue Verordnung den Begriff Trinkwasseranlage als Teil der gebäudetechnischen Ausstattung: Aus „Anlagen zur ständigen Wasserverteilung”, gem. § 3 Nr. 2 e TrinkwV (alte Fassung) wurde die „Gebäudewasserversorgungsanlage” gem. § 2 Nr. 2 e TrinkwV (neue Fassung). Eine Verbesserung der Lesbarkeit bringt aber insbesondere der Umstand, dass in den jeweiligen Paragrafen nicht mehr auf die Anlage nach § 3 Nr. 2 e verwiesen wird, sondern sich nun auch der Begriff der „Gebäudewasserversorgungsanlage” bzw. „Trinkwasserinstallation” verbal in allen Paragrafen findet, die Trinkwasserinstallationen in Gebäuden betreffen. 

Zum anderen wurde der mehr als sperrige Begriff des UsI (Unternehmer und sonstiger Inhaber einer Wasserversorgungsanlage) ersetzt durch den Betreiber, der uns im FM auch aus zahlreichen anderen Regelwerken hinreichend bekannt ist. Auch wenn der Betreiber in der TrinkwV weiterhin als „Unternehmer oder sonstiger Inhaber einer Wasserversorgungsanlage” definiert ist (§ 3 Nr. 3 TrinkwV) dient diese Änderung der allgemeinen Klarstellung und Vereinfachung bei der Wahrnehmung und Organisation der Anforderungen aus der TrinkwV.

Beschaffenheit des Trinkwassers

Anforderungen an die Beschaffenheit des Trinkwassers fanden sich auch in der alten TrinkwV und sind in der neuen TrinkwV in den §§ 5ff. mit allgemeinen, mikrobiologischen, chemischen und radiologischen Anforderungen inkl. der Anforderungen an Indikatorparameter unter Verweis auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik für die Einhaltung der Wassergüte formuliert.

Neu aufgenommen wurde bei den Anforderungen in Bezug auf Indikatorparameter allerdings die Anforderung in § 8 Abs. 3 TrinkwV (neue Fassung), dass Trinkwasser nicht korrosiv wirken soll. Allerdings kann dies ausschließlich Korrosionsarten betreffen, die die Wassergüte gefährden, da Korrosionsarten ohne Hintergrund der Trinkwasserhygiene auf der Grundlage der TrinkwV nicht ausgeschlossen werden könnten.

Technischer Maßnahmenwert 

Im Gesetzgebungsverfahren wurde erwogen, den technischen Maßnahmenwert von ursprünglich 100 KBE/100 ml auf 99 KBE/100 ml abzusenken. Zwar bleibt der technische Maßnahmenwert letztlich unverändert bei 100 KBE/100 ml, faktisch wurde er aber dennoch herabgesetzt, denn aus „Überschreiten” wurde „Erreichen”, sodass gemäß § 51 I TrinkwV (neue Fassung) nun bereits bei Erreichen des technischen Maßnahmenwerts (Anlage 3, Teil II) Maßnahmen zu ergreifen sind. Diese sind nach wie vor Untersuchungen zur Klärung des Ursachengrundes, Anzeige an das Gesundheitsamt sowie eine schriftliche Risikoabschätzung (aus Gefährdungsanalyse wurde Risikoabschätzung) unter Beachtung der Empfehlungen des Umweltbundesamtes sowie entsprechender Maßnahmen.
 

Bleileitungen 

Besonders einschneidende Änderungen für Eigentümer und Betreiber von Gebäudewasserversorgungsanlagen sind jedoch mit Abstand die Änderungen zum Umgang mit Bleileitungen.

Gem. § 17 TrinkwV (neue TrinkwV) hat der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage (die Anforderung trifft also auch die Wasserversorger), Trinkwasserleitungen oder Teilstücke von Trinkwasserleitungen aus dem Werkstoff Blei bis zum Ablauf des 12.1.2026 nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu entfernen oder stillzulegen. Hintergrund ist die erhebliche Gesundheitsgefährdung bereits bei sehr niedrigen Aufnahmemengen und der Umstand, dass der niedrige Grenzwert von maximal 10 µg/l bei Trinkwasser, das durch Bleirohre fließt, in der Regel nicht eingehalten werden kann.

Interessant ist allerdings, dass der deutsche Gesetzgeber bei dieser Anforderung deutlich über die EU-Trinkwasserrichtlinie hinausgeht, die lediglich einen Austausch unter Bedingungen fordert (Austausch bei Reparatur oder Sanierung) und den Mitgliedsstaaten empfiehlt, Maßnahmen zum Austausch zu erwägen und gegebenenfalls zu ergreifen, sofern dies wirtschaftlich und technisch machbar ist.

Unser deutscher Gesetzgeber hat erwogen und die Maßnahme ergriffen, einen bedingungslosen Austausch der Leitungen zu fordern – unabhängig von einer wirtschaftlichen oder technischen Machbarkeit.

Unabhängig von der enormen Kostenbelastung, die diesbezüglich auf Teile der Wohnungswirtschaft sowie andere Eigentümer von historischen ggf. denkmalgeschützten Gebäuden zukommt, ist fraglich, ob der Umfang von den Installationsunternehmen überhaupt bewerkstelligt werden kann. Aber auch hierfür hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen. Vom Gesundheitsamt kann eine Ausnahme zur Fristverlängerung gewährt werden, wenn 

a) der Betreiber vor dem 12.1.2026 einem in ein Installateur- Verzeichnis eines Wasserversorgungsunternehmens eingetragenen Installationsunternehmen einen Auftrag zur Entfernung oder zur Stilllegung der Trinkwasserleitungen oder Teilstücke erteilt hat und

b) das Installationsunternehmen bescheinigt, dass der Auftrag aus Kapazitätsgründen voraussichtlich erst bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nach dem 12.1.2026 abgeschlossen werden kann.

Aufbereitung von Trinkwasser

Die Aufbereitung von Trinkwasser ist in der neuen TrinkwV in einem eigenen Abschnitt geregelt, wonach eine Aufbereitung nur zu den in § 18 TrinkwV (neue Fassung) genannten Aufbereitungszwecken erlaubt ist und gem. § 20 TrinkwV (neue Fassung) nur die vom Umweltbundesamt gelisteten Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren eingesetzt werden dürfen.

Neu ist dabei insbesondere, dass wenn der Zustand einer Trinkwasserinstallation die Ursache dafür ist, dass im Trinkwasser mikrobiologische Anforderungen nicht eingehalten werden, einerseits nur dann eine Desinfektion erfolgen darf, wenn das zuständige Gesundheitsamt dies anordnet und andererseits der Betreiber der betroffenen Wasserversorgungsanlage dann eine Sanierung der Trinkwasserinstallation vorzunehmen hat. Hiernach besteht in derartigen Fällen also keine Entscheidungsfreiheit, sondern eine konkrete Handlungsanforderung.

Fazit

Auch wenn die wesentlichen Neuerungen der neuen TrinkwV unsere Wasserversorger betreffen, setzen sie auch höhere Anforderungen für Trinkwasserinstallationen in Gebäuden. Darunter auch vorbeugende Maßnahmen, die bereits ohne eine Überschreitung von Grenzwerten oder Beschaffenheitsanforderungen zu erfüllen sind, sodass die Betreiber mehr denn je auf einen ordnungsgemäßen Betrieb ihrer Trinkwasserinstallationen unter Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik achten sollten.



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