Ein Erfolgsbericht – Mediation im Gewerbemietverhältnis

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​veröffentlicht am 2. November 2023




Getreu der Aussage von Henry Ford: „Zusammenkommen ist ein Beginn. Zusammenbleiben ist ein Fortschritt. Zusammenarbeiten ist ein Erfolg” – konnten die Parteien eines Gewerbemietvertrages im gerichtlichen Mediationsverfahren ihren teilweise sehr aggressiv geführten Konflikt beilegen.


Mit Abschluss der Mediation ist das Zusammenbleiben und Zusammenarbeiten auf einer neuen, konstruktiven Grundlage wieder möglich.



Der folgende Text soll anhand eines konkreten Fallbeispiels aufzeigen, was im Mediationsverfahren erreicht werden kann.

Die Ausgangssituation

Die Beteiligten sind Parteien eines Gewerbemietverhältnisses. Vermietet werden knapp 10.000 m2 zur Nutzung als Büroflächen. Das Mietverhältnis ist für sieben Jahre fest abgeschlossen. Gut die Hälfte der Laufzeit ist schon verstrichen. Gleich zu Beginn des Mietverhältnisses baut der Mieter die Mietflächen seinen Bedürfnissen entsprechend um.

Die Eskalationsspirale

Ebenfalls bereits zu Beginn des Mietverhältnisses macht der Mieter gegenüber dem Vermieter mehrfach schriftlich Mietmängel geltend. So sind aus seiner Sicht die brandschutztechnischen Anforderungen im Mietobjekt nicht erfüllt. Der Vermieter ignoriert die Mängelanzeigen.

Daraufhin beauftragt die Mieterseite einen Sachverständigen mit der Prüfung der brandschutztechnischen Situation. Seine Feststellungen ergeben, dass neben Brandschutzmängeln eventuell keine bauordnungsrechtliche Genehmigung für den aktuellen Zustand vorliegt.

Der Vermieter negiert diese Mängelanzeigen. Und selbst, wenn diese vorlägen, hätte der Mieter sie im Zuge seiner Umbaumaßnahmen selbst herbeigeführt und zu vertreten. Einen Nachweis für die bauordnungsrechtliche Genehmigungslage verweigert er.

Der Konflikt eskaliert, als die zuständige Behörde dem Mieter eine Untersagung der Nutzung in Aussicht stellt, sollten die vorhandenen Brandschutzmängel nicht unverzüglich behoben werden. 

Als der Vermieter, damit konfrontiert, immer noch nicht tätig wird, kommuniziert der Mieter, dass er alles tun werde, um sich vom Vertrag zu lösen. 

Diese Aussage bildet eine Zäsur im Verhalten des Vermieters. Die Vermieterseite spricht nunmehr von Vertragsbrüchigkeit und vorsätzlich schädigendem Mieterverhalten. 

Ein persönliches, zur Lösungsfindung anberaumtes Gespräch der Vertragsparteien scheitert nach wenigen Minuten. Das Gespräch verläuft latent aggressiv. Ein Zusammenbleiben und gar ein Zusammenarbeiten erscheint ausgeschlossen.

Aufgrund der festen Vertragslaufzeit ist eine vorzeitige Kündigung nicht möglich. Deshalb stellt die Mieterseite – um den Druck zu erhöhen - die hundertprozentige Minderung der Miete wegen der drohenden Nutzungsuntersagung in Aussicht. Der Mieter zahlt ab diesem Zeitpunkt keine Miete mehr.

Der Vermieter klagt daraufhin vor dem zuständigen Landgericht auf Zahlung der rückständigen Miete. Der Mieter beruft sich auf die aus seiner Sicht berechtigte Mietminderung. 

Das gerichtliche Mediationsverfahren

Aufgrund der vielschichtigen und verfahrenen Problematik regt die zuständige Kammer des Landgerichts die Durchführung eines gerichtlichen Mediationsverfahrens an, das sog. Güterichterverfahren gem. § 278 Abs. 5 ZPO.

Ein Güterichter versucht hierbei, die Parteien zu einer gütlichen Einigung anzuregen. Hierzu kann er u. a. ein Mediationsverfahren durchführen. Vom streitig entscheidenden Richter ist er unabhängig. 

Da das Verfahren für die Parteien freiwillig ist, müssen sie der Verweisung an den Güterichter ausdrücklich zustimmen. Beide Parteien stimmen der gerichtlichen Mediation zu, jedoch vor allem um ihren guten Willen gegenüber dem Streitgericht zu zeigen. An eine Lösung im Mediationsverfahren glaubt angesichts der hochexplosiven Gesamtsituation keiner der Beteiligten.

Der erste Mediationstermin

Die Streitparteien treffen sich zu insgesamt zwei Mediationsterminen mit der Güterichterin. 

Der Start im ersten Termin gestaltete sich sehr angespannt und verkrampft. Die Beteiligten können oder wollen möglichst keinen Blickkontakt mit der jeweils anderen Partei herstellen.

Die Güterichterin erleichtert den Einstieg dadurch, dass sie jeder Partei zunächst die Möglichkeit einräumt, auszuführen, mit welcher Erwartung und mit welcher Mediation sie zum Termin gekommen ist. Das Geäußerte wird auf einem Flipchart notiert. Auffällig ist, dass die Motivlage der Beteiligten in weiten Teilen nicht unähnlich ist. So äußern beide Seiten, dass sie gerne Ruhe, Frieden und ein Ende der Querelen hätten.

Der Vermieter führt aus, dass er ein hohes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat. Der Mieter trägt vor, dass es aus seiner Sicht dringend einer Klärung der Brandschutz- und Genehmigungsthematik bedarf. Grundsätzlich würde auch er das Mietverhältnis gerne fortsetzen.

In einem nächsten Schritt erhält jede Streitpartei die Möglichkeit, ausführlich ihre Sicht auf die Dinge zu schildern. Beide legen zudem dar, in welchen Zwängen sie sich befinden. Der Vermieter äußert, dass ihm aufgrund der Nichtzahlung der Miete ein Liquiditätsengpass drohe. Der Mieter führt aus, ihm sitze die Behörde im Nacken. Zudem sorge man sich um die Sicherheit der Arbeitnehmer.

Es kristallisiert sich in diesem ersten Termin nach langem Ringen heraus, dass eine Verständigung über die brandschutztechnischen Fragen gefunden werden muss. Es ist zu klären, ob überhaupt Mängel vorhanden sind, ob diese eine Nutzungsuntersagung rechtfertigen würden und wer für diese etwaigen Mängel verantwortlich ist.

Die Parteien einigen sich, dass jede Seite einen Sachverständigen beiziehen wird, um die oben genannten Fragen im Rahmen einer gemeinsamen Ortsbegehung zu klären.

Außerdem wird der Vermieter dem Mieter die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Baugenehmigungsunterlagen ermöglichen, sodass beurteilt werden kann, ob für das Gebäude im bestehenden Zustand eine Genehmigung vorliegt.

Im Gegenzug zu diesem Einlenken des Vermieters wird der Mieter 50 Prozent des Mietrückstands bis zu einem bestimmten Stichtag zum Ausgleich bringen.

In einem zweiten Termin sollen die Erkenntnisse der Sachverständigen gewertet und eine abschließende Vereinbarung getroffen werden.
 

Der zweite Mediationstermin

Trotz der konstruktiven Erkenntnisse im ersten Termin und der Teilzahlung des Mieters gestaltet sich der zweite Mediationstermin schwierig. 

Die Ortsbegehung durch die Sachverständigen hat zwar wie geplant stattgefunden und die Zusammenarbeit der Sachverständigen war übereinstimmend konstruktiv. Allerdings liegen deren Ergebnisse noch nicht vor.

Der Vermieter versucht diese Unsicherheit mit aggressivem Verhalten zu füllen. Zwischenzeitlich versucht er mit gezielten Schlägen unter die Gürtellinie das Gegenüber zu treffen. Hinzu kommt, dass der Vermieter seine weitere Gesprächsteilnahme unter die Bedingung stellt, dass der Mieter den vollständigen Ausgleich der Mietrückstände zusichere. 

Der Mieter führt erbost aus, dass es nicht sein Verständnis von Mediation sei, dass einer der Beteiligten dem anderen Bedingungen stelle. 

Das Verfahren droht zu scheitern. 

Die Güterichterin greift zu ihrem stärksten Interventionswerkzeug. Sie führt Einzelgespräche und bringt die Parteien wieder auf Einigungsspur. Die Fortsetzung des Verfahrens gelingt.

In langwierigen Gesprächen kann herausgearbeitet werden, dass eine Baugenehmigung für den aktuellen Gebäudestand vorliegt. 

Hinsichtlich der Brandschutzmängel wurden von den Sachverständigen dabei Feststellungen zum Ob und zur Verantwortlichkeit getroffen. Man einigt sich darauf, dass sich der Vermieter um die Beseitigung der festgestellten Mängel kümmern werde. Die Kosten sollen sodann, wie von den Sachverständigen festgestellt, verteilt werden.

Der Mieter sichert im Gegenzug den vollständigen Ausgleich sämtlicher Rückstände sowie vollständige Mietzahlung nach Behebung sämtlicher Mängel zu.

Die Parteien schließen zu den getroffenen Vereinbarungen einen Prozessvergleich. Das Verfahren ist damit zur Zufriedenheit aller beendet. Das Mietverhältnis wird vertragsgemäß fortgesetzt.

Fazit

Das Mediationsverfahren war ein voller Erfolg. Die Parteien haben zwar hart gerungen, aber schlussendlich ein nachhaltiges Ergebnis erzielt. Sie haben es geschafft, ihr Verhältnis zu normalisieren und so eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erst möglich gemacht. Zudem wurden alle Problemfelder geklärt. Beides wäre bei einer Fortsetzung des streitigen Verfahrens nicht möglich gewesen.



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Ester Thanner LL.M.

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Wirtschaftsmediatorin (MuCDR), Zertifizierte Mediatorin

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