§ 3 GrEStG: Grunderwerbsteuer bei (vorweggenommener) Erbfolge

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zuletzt aktualisiert am 26. Oktober 2021
 
Grundstückserwerbe von Todes wegen und Grundstücksschenkungen sind von der Grunderwerbsteuer befreit, so § 3 Nr. 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG). Auf den ersten Blick erscheint es daher müßig, sich über das Thema weitere Gedanken zu machen. Besonderheiten gelten aber bei gemischten Immobilienschenkungen oder Schenkungen unter Auflage. Und erst recht komplex wird es, wenn Grundstücke nicht unmittelbar übertragen werden, sondern Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft.

  

 

Teilentgeltliche Grundstücksübertragungen

Die Grunderwerbsteuer ist ebenso wie die Erbschaft- und Schenkungsteuer eine Verkehrsteuer. Beide besteuern die Übertragung von Gütern zwischen zwei Rechtsträgern. Eine doppelte Verkehrsteuerbelastung wollte der Gesetzgeber aber vermeiden und hat daher die Grunderwerbsteuerbefreiung für Erwerbe vorgesehen, die schon der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterlegen haben. Dabei schaut das Finanzamt sehr genau hin.

     

Beispiel 1:
Wenn ein Grundstück (Wert: 1 Mio. Euro) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen eine lebenslange Versorgungsrente (Kapitalwert: 300.000 Euro) übertragen wird, ist eine getrennte Betrachtung erforderlich. Der Schenkungsteuer unterliegt nur die echte Bereicherung, also 700.000 Euro (1 Mio. Euro abzüglich 300.000 Euro). Die Rentenverpflichtung, die der Beschenkte übernimmt, ist dagegen ein Entgelt für das Grundstück, sodass auf diese 300.000 Euro Grunderwerbsteuer anfällt. 


 
Dasselbe gilt übrigens, wenn sich der Schenker einen Nießbrauch an der Immobilie vorbehält oder im Erbfall das Testament eine Auflage vorsieht. Auch diese mindern die Bemessungsgrundlage bei der Schenkungsteuer und führen im Gegenzug zu einer Grunderwerbsteuerbelastung. Die Befreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG greift immer nur zu dem Prozentsatz, zu dem die Übertragung der Schenkungsteuer unterliegt.

Problematisch sind dabei glücklicherweise nur die selteneren Fälle, in denen der Schenker und der Beschenkte nicht in gerader Linie verwandt sind, also etwa bei Neffen oder Geschwistern. Grundstücksübertragungen bspw. zwischen Mutter und Sohn sind gemäß § 3 Nr. 6 GrEStG selbst dann steuerbefreit, wenn sie entgeltlich erfolgen.     


Schenkung von Gesellschaftsanteilen

 

Diese Überlegung zur Teilentgeltlichkeit kann besonders bei der Übertragung an Gesellschaftsanteilen zu unangenehmen Überraschungen führen. 
 
Die Besonderheit bei Anteilsübertragungen ist, dass sie nicht automatisch zur Entstehung von Grunderwerbsteuer führen. Der Erwerb von Anteilen an einer grundbesitzenden GmbH löst bspw. nur dann Grunderwerbsteuer aus, wenn mindestens 90 Prozent der Anteile an der Gesellschaft auf Neugesellschafter übergehen (dies innerhalb von 10 Jahren) oder sich in der Hand eines Erwerbers vereinigen. Bei Verkäufen unterscheidet man daher zwischen dem stets steuerbaren „asset deal”, bei dem die Immobilie selbst Kaufgegenstand ist, und dem „share deal”, für den nicht zwingend ein Grunderwerbsteuertatbestand greift (siehe auch „Unternehmenskauf: Share Deal versus Asset Deal”). 
 
Gemeinsam ist den Tatbeständen für die Übertragung von Gesellschaftsanteilen, dass eine „Alles oder Nichts”-Betrachtung stattfindet: Der Erwerb einer grundbesitzenden Gesellschaft kann in mehreren Schritten erfolgen, von denen erst der letzte Grunderwerbsteuer auslöst, dann aber das gesamte Grundvermögen der Gesellschaft betrifft. Wenn ein Gesellschafter, der bereits 89 Prozent an einer grundbesitzenden GmbH hält, nunmehr weitere 1 Prozent hinzuerwirbt, bemisst sich eine Grunderwerbsteuer für diesen Erwerb also nach 100 Prozent des Grundvermögens, sofern keine Befreiung greift.
 
Für eine vollständige Grunderwerbsteuerbefreiung ist allerdings nicht ausreichend, dass allein der letzte Schritt die Voraussetzungen erfüllt. Wenn nicht alle Anteile durch Schenkung oder Erbfall übergegangen sind, erfolgt nur eine anteilige Befreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG. Eine – eher überraschende – Grunderwerbsteuerbelastung ergibt sich daher auch in folgendem Fall:
 

    

Beispiel 2:

Vater und Sohn sind seit über 10 Jahren zu jeweils 50 Prozent am Familienbetrieb in der Rechtsform einer GmbH beteiligt. Im Jahr 2010 hat die GmbH ein neues Betriebsgrundstück (Wert mittlerweile 4 Mio. Euro) gekauft. Im Jahr 2021 schenkt der Vater seinen Anteil an den Sohn, der künftig zu 100 Prozent an der GmbH beteiligt ist.


Lösung: Es fällt Grunderwerbsteuer auf 2 Mio. Euro an. Die Schenkung führt zu einer grunderwerbsteuerbaren Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG. Besteuert wird dabei grundsätzlich der gesamte Grundbesitz der Gesellschaft, also nicht nur die erworbene Quote, sondern 100 Prozent. Schenkungsteuerpflichtig ist aber freilich nur der 50 Prozent-Anteil, den der Vater geschenkt hat. Nur zu diesen 50 Prozent greift also die Befreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG.
 
Der Bundesfinanzhof hat dieses Ergebnis so bestätigt (Urteil vom 23. Mai 2012, Az. II R 21/10). Er hat bei dieser Gelegenheit auch klargestellt, dass kein anderer Befreiungstatbestand greift, etwa nach § 3 Nr. 6 GrEStG wegen der Verwandtschaft zwischen Vater und Sohn in gerader Linie, weil die Anteilsvereinigung eine Übertragung zwischen GmbH und Gesellschafter fingiert. Noch weiter geht das BFH-Urteil vom 15. Oktober 2014, Az. II R 14/14: Danach wird die Grunderwerbsteuerbefreiung zusätzlich eingeschränkt, wenn das Immobilienvermögen zwischen verschiedenen Übertragungsschritten im Wert gestiegen ist oder inzwischen neue Immobilien durch die Gesellschaft erworben wurden. Im Endeffekt ist sowohl relevant, ob sämtliche Übertragungsschritte begünstigt sind, als auch ob die Immobilie bereits in jedem Schritt enthalten war und ihr Wert in die Schenkungsteuer eingeflossen ist.
 
Im Blick behalten sollte man auch die grunderwerbsteuerlichen Folgen eines Widerrufes einer Schenkung von Gesellschaftsanteilen, wenn die betroffene Gesellschaft grundbesitzend ist. Bereits die Erklärung des vorbehaltenen freien Widerrufs, und nicht erst die Anteilsübertragung, kann bei Erreichung der 90 Prozent-Quote Grunderwerbsteuer auslösen. 
 
Mit Urteil v. 4.3.2020, Az. II R 2/17 hatte der BFH entschieden, dass der einseitige Widerruf ein Rechtsgeschäft i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG sein kann, wenn das Recht zum Widerruf in einem schuldrechtlichen Geschäft (hier: Schenkungsvertrag) angelegt ist.  
  
Beispiel 3:
Der Vater ist zu 100 Prozent an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt. Er überträgt jeweils 50 Prozent schenkweise an seine beiden Söhne unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchs und unter jederzeitigem, freien Widerrufs- und Rückgaberecht. Außerdem behielt er sich eine jeweils unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht vor. Aufgrund von Differenzen innerhalb der Familie verlangt der Vater nun die Rückübertragung. 

 

 

Lösung: Der Widerruf der Schenkung löst Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG aus, unabhängig davon, ob der Vater tatsächlich Inhaber der Anteile wird. 
 
Auch eine grunderwerbsteuerliche Zurechnung der Anteile an den Vater aufgrund des andauernden Vorbehaltsnießbrauches und der vorbehaltenen Stimmrechte lehnt die Rechtsprechung im Urteil II R 2/17 ab.
   
Ob eine Nichtfestsetzung der Steuer nach § 16 GrEStG aufgrund der Rückgängigmachung des Schenkungsvertrages denkbar ist, wäre auf Basis der Konstellation des Einzelfalls zu prüfen. Oft kommt sie deshalb nicht in Betracht, weil bspw. ein vorheriger schenkweiser Erwerbsvorgang gar nicht dem Finanzamt angezeigt wurde oder die 2-Jahres-Frist abgelaufen ist. 
  

Grunderwerbsteuerfreiheit auch bei Schenkungen ohne Steuerbelastung

 

Für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer ist dabei nicht nötig, dass tatsächlich Schenkungsteuer gezahlt wird. Die Befreiungsvorschrift soll eine Doppelbelastung mit Erbschaft- und Grunderwerbsteuer abstrakt vermeiden. Es reicht deshalb aus, wenn der Erwerb dem Grunde nach einen Tatbestand des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes erfüllt hat.  
 
So kann eine Immobilienschenkung bspw. im Rahmen einer Betriebsübertragung schenkungsteuerlich nach §§ 13-13c, 28a ErbStG befreit sein – die Grunderwerbsteuerbefreiung greift trotzdem. Es kommt nicht darauf an, ob überhaupt oder in welcher Höhe Schenkungssteuer festzusetzen oder festgesetzt ist (FG Düsseldorf, Urteil vom 21. August 2017, Az. 7 K 471/17 GE, rechtskräftig).

  

Zusammenfassung

Die Grunderwerbsteuer versteckt sich bei (vorweggenommener) Erbfolge oft im Detail. Insbesondere wenn Personen bedacht werden, die nicht in gerader Linie verwandt sind, oder wenn es um Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften geht, darf man sich nicht vom charmanten Wortlaut der Befreiungs­vorschriften täuschen lassen. Eine sichere Nachfolgeplanung umfasst dann zwingend auch eine fundierte grunderwerbsteuerliche Beurteilung, die bei der Ausgestaltung von Schenkung oder Testament berücksichtigt wird. Sonst kann es am Ende leicht sein, dass sich der Fiskus mehr über die Zuwendung freut als der Erbe oder Beschenkte.   

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