Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor für Stromnetzbetreiber – Bundesnetzagentur startet Konsultation zur Festlegung

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​​​​​​​​veröffentlicht am 26. August 2024

Der generelle sektorale Produktivitätsfaktor (GSP) für Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen soll für die vierte Regulierungsperiode (2024-2028) festgelegt werden. Die Konsultationsphase dieser Festlegung hat kürzlich begonnen, Stellungnahmen nimmt die Bundesnetzagentur (BNetzA) noch bis zum 18.09.2024 entgegen1. Der Festlegungsentwurf zeigt, dass die BNetzA beabsichtigt, einen höheren Wert für den GSP festzusetzen als für die dritte Regulierungsperiode. Der Festlegungsentwurf weist einen GSP i.H.v. 0,91 % aus, welcher den Wert der dritten Regulierungsperiode (0,90 %) überschreitet. Dieses Ergebnis belastet die Erlösentwicklung der Stromnetzbetreiber in den kommenden Jahren und erschwert somit die Umsetzung der Energiewende.

Die Anreizregulierungsverordnung (ARegV) bliebt in der vierten Regulierungsperiode relevant für die Ermittlung des GSP.

Die Festlegung des GSP erfolgt auch in der vierten Regulierungsperiode nach Maßgabe des § 9 ARegV. Die nach § 59 Abs. 3 S. 3 EnWG zuständige Große Beschlusskammer der BNetzA hat die Zuständigkeit für die Festlegung des GSP für die vierte Regulierungsperiode auf die Beschlusskammer 4 übertragen. Mit anderen Worten: Es bleibt im Wesentlichen beim Vorgehen der dritten Regulierungsperiode.

Auch dass die Festlegung des GSP erst während der bereits laufenden Regulierungsperiode erfolgt, veranlasst die BNetzA zu keinem abweichenden Vorgehen. Unter Verweis darauf, dass die zeitlichen Vorgaben in § 9 ARegV keine Ausschlussfristen seien und im Lichte einer richtlinienkonformen Auslegung der BNetzA ein möglichst großer Spielraum zu gewähren sei, beabsichtigt die BNetzA den neu ermittelten Wert einheitlich für die gesamte vierte Regulierungsperiode festzusetzen.

Der GSP misst die Effizienz der Stromnetz-Branche im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Die Berechnung erfolgt analog zum Vorgehen in der dritten Regulierungsperiode.

Mit dem GSP verfolgt die BNetzA das Ziel, die Stromnetz-Branche als Ganzes zu einer Effizienzsteigerung anzuhalten. Ein GSP von 0,00 % bedeutet in diesem Kontext, dass die Stromnetz-Branche genauso produktiv ist wie die gesamte Wirtschaft. In diesem Fall dürfen die Kosten der Netzbetreiber analog zum VPI ansteigen. Nimmt der GSP einen positiven Wert an, so steht dies für eine produktive Stromnetz-Branche, deren Kosten im Lauf der Regulierungsperiode in geringerem Maße als der VPI ansteigen dürfen. Kurz und knapp: Je höher der GSP, desto produktiver wird die Stromnetz-Branche eingeschätzt und desto weniger Kostensteigerungen werden ihr im Rahmen der Berechnung der Erlösobergrenze zugestanden. Der GSP wirkt somit in der Regulierungsformel dem VPI entgegen.

Wie schon in der dritten Regulierungsperiode wird der GSP mit verschiedenen Varianten der Törnquist- und der Malmquist-Methode berechnet. Zum Tragen kommt der niedrigste Wert, der sich bei diesen Berechnungen ergibt. Im Festlegungsentwurf ergibt sich aus der Berechnung via Törnquist ein Wert von 1,20 %, via Malmquist ein Wert von 0,91 %. Der niedrigere der beiden – wie auch in der vorherigen Regulierungsperiode der Wert, der aus dem Malmquist-Verfahren hervorgeht – zählt.

Eine kursorische Berechnung auf Basis der Erhebungsbögen zum GSP zeigt die finanziellen Auswirkungen des GSP auf die gesamte Stromnetz-Branche.

Auf Basis der den Berechnungen der BNetzA zugrunde liegenden Berechnungsgrundlage – den Erhebungsbögen zum GSP – kann der kalk. Restwert des gesamten Stromverteilnetzes bestimmt werden. Dieser liegt zum 31.12.2021 bei 73,9 Mrd. €. Einen branchenüblichen durchschnittlichen Kapitalkostensatz von 10 % unterstellend liegt der Kapitalkostenanteil in den Netzkosten über alle Stromnetzbetreiber somit bei 7,4 Mrd. €. Davon ausgehend, dass das Verhältnis aus Kapitalkosten und Ausgangsniveau der Erlösobergrenze (ohne Kosten für vorgelagerte Netze und vermiedene Netzentgelte) durchschnittlich 40 % beträgt, ergibt sich somit ein Schätzwert für das Ausgangsniveau der „Gesamt-Erlösobergrenze“ des deutschen Stromnetzes i.H.v. ca. 18,5 Mrd. €.

Im Folgenden Diagramm ist isoliert die Wirkung des GSP auf dieses Ausgangsniveau, welches bei einem GSP von 0,00 % konstant fortgeschrieben werden würde, dargestellt.



Abb. 1 – Einfluss des GSP auf das Ausgangsniveau der Erlösobergrenze

Kumuliert ergibt sich durch den GSP eine Belastung der Erlöse der Stromnetzbetreiber i.H.v. 2,6 Mrd. € (ca. 3 % der Erlöse ohne GSP-Einfluss) im Lauf der vierten Regulierungsperiode. Geld, das für die Herausforderungen im Kontext der Energiewende sicher gut gebraucht werden könnte: Aus den Erhebungsbögen zum GSP geht hervor, dass sich der Restwert des deutschen Stromnetzes in den letzten 10 Jahren um ca. 80 % gesteigert hat – es ist also in den letzten Jahren bereits ein Anstieg des Investitionsumfangs zu erkennen, der sich in Zukunft weiter fortsetzen dürfte.

Erneut beschäftigt der GSP die Stromnetz-Branche. Bei der Ausarbeitung einer Stellungnahme zum Festlegungsentwurf können Sie auf unsere Unterstützung zählen!

Die Belastung durch den GSP wurde durch die Stromnetzbetreiber schon in der Vergangenheit adressiert und wird auch aktuell wieder diskutiert. In einer Pressemitteilung am 21.08.2024 erläutert BDEW-Hauptgeschäftsführungsvorsitzende Kerstin Andreae, der GSP stünde dem Bedarf eines attraktiven und verlässlichen Regulierungsrahmens entgegen, obwohl ein solcher gerade angesichts des energiewendebedingten Investitionsprogramms von besonderer Bedeutung sei2.

Unsere kursorische Analyse bestätigt die große Belastung, die durch den GSP auf die Stromnetzbetreiber wirkt. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Festlegung betont den Handlungsbedarf der Stromnetzbetreiber, die bis zum 18.09.2024 Zeit haben, eine Stellungnahme zum aktuellen Entwurf der GSP-Festlegung einzureichen. 

Gerne unterstützen wir Sie bei der Erarbeitung einer Stellungnahme!

Quellen:


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