Neue Glasfaserförderung – Graue Flecken im Bundesprogramm

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​veröffentlicht am 1. Juni 2021

 

BAnner Glasfasernetz 

Lange erwartet ist sie nun veröffentlicht, die Richtlinie zur „Förderung zur Unterstützung des Gigabitausbaus der Telekommunikationsnetze in der Bundesrepublik Deutschland” vom 26.4.2021. Zweck der Förderung ist der Ausbau von Glasfasernetzen in allen Gebieten, die derzeit nicht über ein Netz verfügen, das Endkunden zuverlässig eine Datenrate von mindestens 100 Mbit/s im Download zur Verfügung stellt. Gefördert werden Teile der sogenannten „grauen Flecken”. Dafür stehen deutschlandweit rund 12 Milliarden Euro bzw. je Projekt bis zu 150 Millionen Euro zur Verfügung. Wie läuft die Förderung konkret ab? Was bedeutet die neue Förderkulisse für Stadtwerke? Welche Chancen und Risiken ergeben sich für die Kommunalwirtschaft? Wir geben erste Antworten!

 

Neuerungen in der Breitbandförderung

Den grundlegenden Rahmen der neuen Bundesförderung haben wir bereits in der Dezember-Ausgabe unseres „Kursbuch Stadtwerke” vorgestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen wir auf den auch online abrufbaren Beitrag.

 

Verglichen mit dem bisher bekannten Verfahren der „Weiße-Flecken”-Förderung zeigt die neue Richtlinie einige prozessuale Anpassungen, im Grundsatz bleiben die einzelnen Bausteine aus Antragsstellung, Markterkundung, vorläufigen und endgültigen Zuwendungsbescheiden sowie Ausschreibungsverfahren jedoch ähnlich. Der Ablauf gestaltet sich zukünftig wie folgt: 


Dabei darf der Zeitraum zwischen dem Ende des Markterkundungsverfahrens und dem Beginn der Ausschreibung maximal 12 Monate betragen. Förderfähig sind weiterhin sowohl das Betreiber- als auch das Wirtschaftlichkeitslückenmodell sowie zusätzliche Beratungsleistungen. Die eigentliche Abwicklung erfolgt auf den Online-Portalen der beiden Projektträger. Erstzuwendungsempfänger sind weiterhin Gebietskörperschaften, in denen das Projektgebiet liegt (Kommunen, Stadtstaaten, rechtlich selbstständige Bezirke, Landkreise, kommunale Zweckverbände oder andere kommunale Gebietskörperschaften) bzw. Zusammenschlüsse. Außerdem können auch Unternehmen (auch GmbHs) in ausschließlich öffentlicher Trägerschaft als Zuwendungsempfänger auftreten.


Begünstigte werden wie gewohnt im Rahmen eines Vergabeverfahrens ausgewählt. Dabei handelt es sich um die Betreiber von Glasfasernetzen, die eine finanzielle Zuwendung in Anspruch nehmen (Wirtschaftlichkeitslückenmodell) oder die bereitgestellte passive Infrastruktur nutzen (Betreibermodell).
Je Projekt werden zukünftig Mittel bis zu einer maximalen Höhe von 150 Millionen Euro gewährt, wobei der Fördersatz in der Regel 50 Prozent beträgt. In Gebieten mit geringer Wirtschaftskraft gilt allerdings ein Fördersatz von 60 Prozent 1 oder gar 70 Prozent 2. Die Kombination mit anderen Förderprogrammen ist wie bisher möglich.


Chancen und Risiken für Stadt- und Gemeindewerke

Die Chancen für kommunale Versorgungsunternehmen liegen auf der Hand. Mit der geförderten Errichtung hochleistungsfähiger digitaler Infrastruktur besetzen Stadt- und Gemeindewerke ein weiteres leitungsgebundenes Medium in ihrem Netzgebiet. Neben wirtschaftlichen Erfolgen kann hierüber auch der Schutz vor tiefbauseitigen Eingriffen und möglichen Zwischenfällen sichergestellt und das Angebotsportfolio gegenüber dem Kunden abgerundet werden.

 

Während sich für Markteinsteiger eine neue, noch stärkere, aber vermutlich auch letzte Chance für einen umfassenden Einstieg in den lokalen und regionalen Glasfasermarkt bietet, können bereits am Markt aktive Unternehmen das eigene Netzgebiet erweitern, verdichten und das Gesamtnetz bestmöglich aufwerten. In der Risikobetrachtung jedoch zeigt sich die Förderung mancherorts als zweischneidiges Schwert: Mit der Anhebung der Aufgreifschwelle von 30 Mbit/s auf 100 Mbit/s werden zukünftig auch solche Gebiete förderfähig, in denen bereits heute ein FTTC-Netz vorhanden ist.


Da in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von (auch kommunalen) Unternehmen Kabelverzweiger (KVz) mit Glasfaserzuführungen angebunden und Kunden über die Anmietung der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) bzw. Bezug eines L2-BSA-Produktes versorgt hat, entfaltet die Förderrichtlinie hier eine besondere Wirkung.


Für diese Netze besteht auf Grundlage der neuen Richtlinie eine Überbaugefahr, könnten doch externe Dritte im Falle einer gewonnen Ausschreibung mithilfe von Fördermitteln die parallele Errichtung eines FTTB/H-Netzes umsetzen und damit den FTTC-Bestand entwerten. Hier sehen wir für die möglicherweise betroffenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Handlungsdruck zur Absicherung der bereits getätigten Investitionen.


Fazit

Prinzipiell halten wir die neue Förderkulisse für begrüßenswert. Mithilfe der zusätzlichen Gelder dürften viele Kommunen dem Ziel einer flächendeckenden Gigabitversorgung einen erheblichen Schritt näherkommen. Die Lehren aller bisherigen Förderprogramme werden hier einen positiven Effekt mit sich bringen. Für viele kommunale Unternehmen ergibt sich aus dem großvolumigen Förderprogramm ein neues Angriffsszenario. Die umfassenden Fördermittel ebnen den Weg zum Markteinstieg bzw. zur Erweiterung des Geschäftsfeldes.

 

Der eine oder andere mag hierin auch eine „zweite Chance” sehen. Bereits auf FTTC-Netzen operierende Telekommunikationsunternehmen sind mit einer Verteidigungssituation konfrontiert. Ein vollständiger Verzicht auf die Fördergelder des Bundes dürfte in vielen Fällen nicht akzeptabel sein, gleichzeitig bedeutet der Einstieg in das neue Programm eine Bedrohung für die Bestandsinvestitionen. Hier ist besondere
Umsicht von Nöten. Im Zweifel dürfte aber auch hier gelten: Angriff ist die beste Verteidigung!

 

 

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1 Geringe Wirtschaftskraft ist definiert als Abweichung von dem auf Gemeindeebene ermittelten einwohnerbezogenen Realsteuervergleich der Jahre 2015 bis 2019 von kleiner 2,68 Punkten von der Standardabweichung des Bundesdurchschnitts.
2 Bedingt eine negative Abweichung von mehr als 25,88 Punkten.

 

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Anton Berger

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