Schadensersatz für WEG nach unberechtigtem Baustopp

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veröffentlicht am 15.8.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 21. April 2023. Az.: V ZR 86/22

Erwirkt ein Wohnungseigentümer zu Unrecht die Aussetzung eines Beschlusses, steht seit WEG-Reform der Schadensersatzanspruch der Eigentümergemeinschaft zu.

 
Die streitenden Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung wurde ein ordnungsgemäßer Beschluss über Sanierungsarbeiten an den Balkonen der Wohnungen gefasst. Kurz nachdem die Unternehmen mit der Sanierung der Balkone beauftragt wurden, erwirkte eine Wohnungseigentümerin im Wege einer einstweiligen Verfügung einen Baustopp der Arbeiten. Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten erhobene Beschlussanfechtungsklage wies das Amtsgericht jedoch als unbegründet ab und hob die einstweilige Verfügung auf. Die hiergegen eingelegte Berufung der Wohnungseigentümerin wurde durch das Landgericht ebenfalls abgewiesen. Anschließend wurden die Sanierungsarbeiten durchgeführt, wobei die beauftragten Unternehmen wegen der Verzögerung Mehrkosten in Höhe von mehreren tausend Euro in Rechnung stellten, welche von der Wohnungseigentümergemeinschaft bezahlt wurden. Die übrigen Wohnungseigentümer klagten nun gegen die Eigentümerin, die die einstweilige Verfügung erwirkte, auf Erstattung der gezahlten Mehrkosten. Amts- und Landgericht gaben der Klage statt. Der BGH bestätigte nun diese Entscheidung:

  
Erweist sich die Anordnung einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, nach § 945 ZPO verpflichtet, dem Gegner unter anderem den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der angeordneten Maßregel entsteht. Vorliegend steht aufgrund rechtskräftiger Abweisung der Beschlussanfechtungsklage der Beklagten Wohnungseigentümerin rechtskräftig fest, dass der Sanierungsbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung wirksam war, der von der Beklagten geltend gemachte Verfügungsanspruch nach § 21 Abs. 4 WEG a.F. von Anfang an nicht bestand und sie folglich zum Ersatz der verzögerungsbedingten Mehrkosten verpflichtet ist. Die Schadensersatzpflicht bzw. der ihr zugrundeliegende Schaden entfällt auch dann nicht, wenn die von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aufgewandten Sanierungskosten samt der Mehrkosten entsprechend des internen Kostenverteilungsschlüssels bereits vollständig gegenüber den Wohnungseigentümern abgerechnet und von diesen auch tatsächlich gezahlt wurden. Da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer rechtlich über eigenes Vermögen verfügt, ist ein bei Vermögensabflüssen entstehender Schaden auch ihr selbst zuzurechnen. Die Frage nach der Umlage der Kosten auf die jeweiligen Wohnungseigentümer betrifft dabei lediglich das Innenverhältnis der Gemeinschaft und lässt die Entstehung des Schadens im Außenverhältnis zu etwaigen Schädigern unberührt.

 
Vor der WEG-Reform zum Dezember 2020 entstand der Schaden der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, Inhaber des Schadensersatzanspruches waren jedoch die übrigen Wohnungseigentümer, da gegen diese der Antrag auf die einstweilige Verfügung zu richten war. Da es unbillig wäre, dem Wohnungseigentümer, der die später aufgehobene einstweilige Verfügung erwirkt hatte, nur deswegen aus der Haftung zu entlassen, weil Anspruch und Schaden nach gesetzlicher Wertung auseinanderfallen, waren vorliegend die Grundsätze der Drittschadensliquidation anzuwenden.

 

Dies hat sich im Zuge der WEG-Reform geändert. Inhaber des Schadensersatzanspruchs ist nun die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, denn nach dem reformierten WEG ist eine Anfechtungsklage bzw. eine einstweilige Verfügung gegen einen Wohnungseigentümerbeschluss nunmehr ausdrücklich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Zu einem Auseinanderfallen von Schaden und Anspruch kann es daher nicht mehr kommen.

  

Fazit:

Ein mit dem Sanierungsbeschluss nicht einverstandener Wohnungseigentümer kann gegen diesen gerichtlich vorgehen und durch Erwirken einer einstweiligen Verfügung verhindern, dass die Bauarbeiten gestoppt werden, bevor sie nicht mehr rückgängig zu machende Fakten schaffen. Ein solches Vorgehen sollte allerdings gut überlegt sein, denn erweist sich die einstweilige Verfügung als ungerechtfertigt, so drohen Wohnungseigentümer Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die seit der WEG-Reform berechtigt ist, den hieraus entstehenden Schaden selbst zu fordern.

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