Freiflächen-PV – Neue Chancen für Stadtwerke

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​veröffentlicht am 2. September 2016

 

Nachdem seit dem letzten Jahr nach der Freiflächenanlagenausschreibungsverordnung (FFAV) alle PV-Freiflächenanlagen ab 100 kWp an der Ausschreibung teilnehmen mussten, um eine feste Vergütung über 20 Jahre nach dem EEG zu erhalten, öffnet das EEG 2017 wieder neue Möglichkeiten. PV-Anlagen bis 750 kWp sind von der Ausschreibungspflicht befreit. Der Artikel gibt einen Überblick über Chancen und stellt die Besonderheiten dar.

 

​Freiflächenausschreibungsverordnung

Im April 2015 wurde die erste Ausschreibungsrunde für Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Rahmen der Freiflächenausschreibungsverordnung (FFAV) durchgeführt. Ab September 2015 wurde die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren für alle Freiflächen-Photovoltaikanlagen ab 100 kWp verpflichtend. Anlagenbetreiber, die im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens eine Förderung erhalten, sind dazu verpflichtet, den gesamten erzeugten Strom in das öffentliche Netz einzuspeisen. Somit werden keine Geschäftsmodelle ermöglicht, die auf Eigenverbrauch basieren.

  

Änderungen durch das EEG 2017

Mit dem EEG 2017 wird das Fördersystem für die meisten Erneuerbaren Energien auf Ausschreibungen umgestellt. Dies gilt allerdings erst für Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 750 kWp. In Folge sind PV-Anlagen mit einer Leistung von maximal 750 kWp von der Ausschreibungspflicht befreit und können – ohne an einer Ausschreibung teilgenommen zu haben – vergütet werden. Hierbei kann ein Teil des erzeugten Stroms auch für den Eigenverbrauch genutzt werden. PV-Anlagen ab einer Größe von 100 kWp fallen dabei nach wie vor unter die verpflichtende Direktvermarktung. Die Vergütung für Freiflächen- Photovoltaikanlagen beträgt dabei unabhängig von der Größe 8, 91 Cent/kWh (siehe §48 Abs.1 EEG 2017). Bei den sogenannten PV-Dachanlagen ist die Vergütung dagegen abhängig von der Größe der Anlage gestaffelt (siehe §48 Abs. 2 EEG 2017).

  
Die Flächenkulisse für Freiflächen-Photovoltaikanlagen richtet sich nach §48 Abs. 1 Nr. 3 c) und umfasst u.a.:

 

  • Flächen, die längs von Autobahnen oder Schienenwegen liegen und die Anlage in einer Entfernung bis zu 110 Metern, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn, errichtet worden ist,

  • Flächen, die zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Aufstellung oder Änderung des Bebauungsplans bereits versiegelt waren,

  • Konversionsflächen aus wirtschaftlicher, verkehrlicher, wohnungsbaulicher oder militärischer Nutzung.

 

Mögliche Vertriebsmodelle für Stadtwerke

Durch die Herausnahme von PV-Anlagen mit einer Anlagenleistung von bis zu 750 kWp aus dem Ausschreibungsverfahren geraten (wieder) verschiedene Geschäftsmodelle in den Fokus, die sowohl für den Kunden als auch für das Stadtwerk wirtschaftlich interessant sein können:
  
Das Paradebeispiel stellt die Verpachtung von Photovoltaikanlagen dar.

Möchte ein Kunde einen Teil seines Strombezugs durch PV-Strom decken, scheut aber die Investitionskosten für eine PV-Anlage, bietet sich die Verpachtung durch das Stadtwerk an. Eine solche Situation ist nicht unüblich, da viele Unternehmen ihre liquiden Mittel nicht langfristig in einem Bereich binden wollen, der nicht ihrer Kernunternehmenstätigkeit entspricht. Das Stadtwerk tritt hierbei als Verpächter der PV-Anlage, das Unternehmen als Pächter auf. Es wird ein meist 20-jähriger Pachtvertrag mit einem festen monatlichen Pachtzins geschlossen. Die Ermittlung der Höhe der Ratenzahlung erfolgt anhand einer Wirtschaftlichkeitsberechnung. Durch die Verpachtung wird aus EEG-rechtlicher Sicht die Personenidentität zwischen Anlagenbetreiber und Letztverbraucher erreicht und der Kunde wird zum Eigenverbraucher (§ 3 Nr. 19 EEG 2017). Der Vorteil ist, dass auf die eigenerzeugten und selbstverbrauchten Strommengen im Jahre 2017 nur die verringerte EEG-Umlage in Höhe von 40 Prozent anfällt (§ 61 Abs. 1 EEG 2017). Aus Sicht des Stadtwerks wird die PV-Anlage vorfinanziert und mit Eigenkapitalverzinsung, quasi als Kapitalanlage, mittels der Pachtzahlung refinanziert. Die Strommenge, die nicht selbst durch den Kunden verbraucht werden kann, wird ins öffentliche Netz eingespeist, wobei dies (außer bei Kleinanlagen) über einen Direktvermarkter erfolgt. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit dieser Konzepte ist der substituierte Strombezugspreis des Kunden und eine möglichst hohe Eigenverbrauchsquote.

   

Um diese zu erreichen, muss die Anlagengröße auf den Verbrauch des Stromabnehmers (Kunde) ausgelegt werden. Der Anteil, der ins Netz eingespeist wird, sollte aus wirtschaftlichen Gründen so gering wie möglich gehalten werden, da die Vergütung für diese Strommenge je nach Anlagenkonfiguration nicht die Stromgestehungskosten deckt. Um eine hohe Eigenverbrauchsquote zu erzielen, könnte auch eine Ost-West-Ausrichtung der Anlage zu empfehlen sein, um die typische Erzeugungsspitze einer Anlage mit Südausrichtung zur Mittagszeit zu begrenzen und eine gleichmäßigere Erzeugung über den Tag hinweg zu ermöglichen. Es ist auch möglich, mehrere Anlagenteile an verschiedene Kunden zu verpachten. Sobald mehr als ein Abnehmer für den erzeugten Strom der PV-Anlage vorgesehen ist, sollte die Anlage durch Nutzung von dezentralen Wechselrichtern aufgegliedert werden. Die Größe der einzelnen Teilanlagen sollte dann wiederum an den Verbrauchsmengen (Lastprofilen) der entsprechenden Abnehmer orientiert sein.
  

Fazit

Geschäftsmodelle außerhalb des Ausschreibungsverfahrens sind wirtschaftlich weiterhin interessant. Die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren ist mit hohen Projektentwicklungskosten verbunden, da insbesondere monetäre Sicherheiten (Bid Bonds) gestellt werden müssen. Des Weiteren kann die Wirtschaftlichkeit des Projektes erst nach erfolgreicher Teilnahme am Ausschreibungsverfahren abschließend ermittelt werden, da erst zu diesem Zeitpunkt die Vergütung bekannt ist. Das Pilotausschreibungsverfahren für Freiflächen-Photovoltaikanlagen hat ebenfalls gezeigt, dass ein starker Wettbewerb bei den Ausschreibungen herrscht. Dadurch sind die Vergütungssätze bei den einzelnen Ausschreibungsrunden kontinuierlich gesunken. Sollte bei einer Ausschreibungsrunde kein Zuschlag für das Projekt erteilt werden, muss bis zur nächsten Ausschreibungsrunde gewartet werden und das Projekt liegt für mehrere Monate auf Eis. Außerhalb des Ausschreibungsverfahrens wird der Vergütungssatz dagegen nicht wettbewerblich ermittelt, sondern hängt lediglich vom Inbetriebnahmezeitpunkt der Anlage ab. Hier ist zeitiges Handeln zu empfehlen, da wie zuvor auch die Vergütungssätze einer ausbauabhängigen Degression unterliegen.
  
Gerne unterstützt Sie Rödl & Partner bei allen Projektschritten – von der ersten Wirtschaftlichkeitseinschätzung bis zur Ausgestaltung der Pachtverträge.

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