Herausforderungen im Themenfeld ESG für Telekommunikationsunternehmen

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​veröffentlicht am 1. September 2023




ESG (Environment, Social, Governance) hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen und ist zu einem wichtigen Thema für Stadtwerke geworden. Diese Entwicklung betrifft auch die Telekommunikationsbranche, die sich mit Umweltauswirkungen, sozialer Verantwortung und Corporate Governance auseinandersetzen muss.


ESG-Faktoren und ihre Auswirkungen auf Telekommunikationsunternehmen (TKU)

Die neue Gigabitstrategie, die letztes Jahr im Juli veröffentlicht wurde, hat den Bedarf von ESG-Maßnahmen in der Telekommunikationsbranche aufgezeigt und die Einführung eines Gütesiegels für die Verwendung nachhaltiger Baumaßnahmen angekündigt. Dies verdeutlicht, dass ESG-Maßnahmen auch in der Telekommunikation an Bedeutung gewinnen. TKUs haben hierbei eine Vielzahl an Handlungsmöglichkeiten, um die bevorstehenden Herausforderungen zu bewältigen. 

Energieverbrauch und Emissionsausstoss 

Der stetig steigende Bandbreitenbedarf stellt TKUs vor neue Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf den Energieverbrauch der Netze und Rechenzentren sowie die damit verbundenen Emissionen. Eine Studie der Technischen Hochschule Mittelhessen konnte nachweisen, dass „Fibre To The Home” (FTTH)-Anschlüsse im laufenden Betrieb bis zu sechsmal weniger Strom verbrauchen als die gängigen TV-Kabelnetze.1 Somit ist bereits die Umstellung auf ein FTTH-Netz als Beitrag zum Klimaschutz zu werten. Abbildung 1 stellt den Emissionsausstoß je Streamingstunde der verschiedenen Übertragungsmedien dar. 



Abbildung 1: Emissionsausstoß je Streamingstunde


Dennoch sind bei der Errichtung und im laufenden Betrieb von Glasfasernetzen weitere Aspekte zu beachten, die als ESG-Beitrag einzuordnen sind. Beispiele sind dabei die Mitverlegung von Leerrohren bei Tiefbaumaßnahmen oder der Einsatz alternativer Verlegetechniken, die zu einer Reduktion von Baustellen und der damit verbundenen Umwelt- und Verkehrsbelastung beitragen. Insbesondere untiefe Verlegetechniken sind dabei durchaus umstritten. So steht einer angestrebten Kostenreduktion beim eigentlichen Ausbau oft die Befürchtung gegenüber, dass aufgrund der mindertiefen Verlegung (2 bis 30 cm Tiefe anstatt mindestens 60 cm) höhere Instandhaltungs- oder Folgekosten bei der Instandsetzung darunterliegender Netze anfallen. Wie ESG-konform eine Maßnahme also letztendlich ist, muss im Einzelfall mehrdimensional beurteilt werden.

Recycling und Abfallmanagement

Im Rahmen des Betriebs und Ausbaus von Breitbandnetzen werden teils endliche sowie in der Entsorgung spezielle Ressourcen eingesetzt. TKUs sind daher verpflichtet, ihre Endkunden über die ordnungsgemäße Entsorgung defekter oder veralteter Geräte zu informieren. Die Implementierung von Programmen und Partnerschaften, um Elektroschrott zu sammeln, zu recyceln und umweltgerecht zu entsorgen ist hierbei eine von vielen Handlungsmöglichkeiten. Des Weiteren ist beim Ausbau der Netze eine konsequente Netz- und damit verbundene Mengenplanung notwendig, um diese ressourcenschonend umzusetzen. Hierdurch kann das ungewollte Entstehen und die damit verbundene Entsorgung von zusätzlichen Bauabfällen vermieden werden. Um eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung sicherzustellen, wurden z. B mit dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz, der Elektro- und Elektronikgeräte-Stoff-Verordnung und der Elektro- und Elektronik-Altgeräte-Behandlungsverordnung, die alle ihren Ursprung im Unionsrecht haben, gesetzliche Regelungen entwickelt, die von TKUs zu beachten sind.

Datenschutz und Datensicherheit 

TKUs verarbeiten große Mengen sensibler Daten. Der Schutz dieser Daten ist auch im ESG-Kontext von entscheidender Bedeutung. Werden diese Daten nicht in angemessener Weise geschützt, drohen nicht zu verachtende Sanktionen insbesondere nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und dem Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG). So sieht die DSGVO etwa eine Haftung und einen Anspruch auf materiellen und immateriellen Schadensersatz (Art. 82 DSGVO) sowie Geldbußen (Art. 83 DSGVO) von bis zu 20 Millionen Euro oder 4 Prozent des weltweiten Vorjahresumsatzes des Unternehmens vor. Überdies sieht § 28 TTDSG ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro vor, z. B. bei Verarbeitung von Verkehrsdaten entgegen § 9 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Satz 1 TTDSG oder bei nicht bzw. nicht rechtzeitiger Löschung von Verkehrsdaten.

Diensteverhältnisse und Verpflichtungen:

Für die Errichtung von Glasfasernetzen bedienen sich Stadtwerke regelmäßig Zulieferern und Subunternehmern, die global agieren. Es ist wichtig, sich potenzieller Haftungsrisiken in Lieferketten bewusst zu sein und geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen, um keine Geldbußen zu riskieren. Seit dem 1.1.2023 ist das deutsche Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Es verpflichtet Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitern (ab 1.1.2024 ab 1.000 Mitarbeitern), nicht nur im Inland, sondern auch bei ihren Auslandsgeschäften und in ihren direkten Lieferketten Verantwortung für die Wahrung von Menschenrechten und Umweltbelangen zu übernehmen. 

Bevorstehende ESG-Regulierung für TKUs

EU-Lieferkettenrichtlinie: 

Auf europäischer Ebene ist man der EU-Lieferkettenrichtlinie einen Schritt nähergekommen. Die EU-Kommission hat am 23.2.2022 ihren Legislativvorschlag (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, kurz CSDDD2) veröffentlicht. Die CSDDD würde Unternehmen dazu verpflichten, negative Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt im Rahmen ihrer Wertschöpfungskette zu ermitteln und zu vermeiden. Dies würde für Unternehmen mit Sitz in der EU mit mehr als 250 Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro sowie für Muttergesellschaften mit mehr als 500 Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro gelten und beträfe damit auch mittelgroße Stadtwerke. Am 24.4.2023 haben die Fraktionen im Europäischen Parlament eine erste Einigung erzielt. Mit der Verabschiedung der Verhandlungsposition des Parlaments im Plenum am 1.6.2023 beginnen nun die Trilogverhandlungen zwischen Rat und Parlament unter Vermittlung der EU-Kommission. Es ist davon auszugehen, dass das deutsche Lieferkettengesetz durch die europäische Gesetzgebung verschärft wird, auch wenn intensive politische Verhandlungen bevorstehen.

Energieeffizienzgesetz

Darüber hinaus hat die Bundesregierung am 25.5.2023 den Entwurf eines neuen Energieeffizienzgesetzes (EnEfG-E)3 beschlossen, das unter anderem Anforderungen an die Effizienz von Rechenzentren stellt. Neue Rechenzentren sollen danach verpflichtet werden, Energieeffizienzstandards einzuhalten, eine minimale Temperatur für die Luftkühlung zu gewährleisten und Abwärme zu nutzen. Betreiber von Rechenzentren würden aufgefordert, künftig verstärkt Strom aus Erneuerbaren Energien zu nutzen.

Strategien und Lösungsansätze für TKUs

Die Integration von ESG in die Unternehmensstrategie und -kultur ist für Unternehmen, die langfristigen Erfolg und nachhaltige Entwicklung anstreben, von entscheidender Bedeutung. ESG-Prinzipien werden zunehmend zu einem integralen Bestandteil der Geschäftsstrategie, da Unternehmen erkennen, dass sie über die finanzielle Performance hinausgehen und ihre Strategie nachhaltig ausrichten müssen. Durch die Offenlegung in einem Nachhaltigkeitsbericht können Stakeholder informiert werden. Dies ermöglicht ihnen, nachhaltige Geschäftsmodelle zu erkennen. So bezieht die KfW bereits seit 2008 eine Nachhaltigkeitsbewertung auf Basis von ESG-Kriterien in ihre Investitionsentscheidungen ein. 

Um die erfolgreiche Implementierung und Umsetzung von ESG-Maßnahmen sicherzustellen, können sog. ESG-Managementsysteme genutzt werden. Diese ermöglichen dem Anwender, die Wirksamkeit seiner Maßnahmen nachzuvollziehen und entsprechend anzupassen, sollten sie nicht zielführend sein. Mittels Durchführung regelmäßiger Audits und Erstellung von Berichten können Fortschritte festgehalten und an Stakeholder kommuniziert sowie die Nachhaltigkeitsstrategie weiterentwickelt werden.

Im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen steht es den Auftraggebern frei, ESG-Kriterien als besondere zusätzliche Bedingungen für die Vergabe festzulegen, sofern diese Bedingungen bereits in der Bekanntmachung der Ausschreibung genannt werden.4 Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien kann auch über die Vergabeordnung einer Stadt vorgeschrieben werden (z. B bei der Stadt Düsseldorf 5). 

Des Weiteren können ESG-Kriterien in Verträge mit Zulieferern und Subunternehmern in Form spezifischer Klauseln, die die Lieferanten oder Subunternehmer zur Einhaltung bestimmter ESG-Standards verpflichten, aufgenommen werden. Denkbare Klauseln in diesem Zusammenhang wären dabei die Verpflichtung zu:

  • Umweltverträglichkeitsprüfungen
  • sozialen Arbeitsstandards
  • Anforderungen an die Unternehmensführung
  • Monitoring und Berichterstattung

Es ist auch denkbar, eine ESG-Risikobewertung des Lieferanten oder Subunternehmers durchzuführen, um sicherzustellen, dass sie die eigenen ESG-Standards einhalten. Die Ergebnisse dieser Bewertung können in Verträge einfließen und als Grundlage zur Festlegung von Anforderungen und Verpflichtungen dienen.

Fazit

Die Herausforderungen im ESG-Bereich für TKUs sind vielfältig, erfordern aber einen proaktiven Ansatz. Indem die TKUs sich den Herausforderungen stellen, können sie ihre ESG-Performance verbessern und langfristigen Unternehmenserfolg erzielen. Ein umfassendes Verständnis des regulatorischen Umfelds sowie die Implementierung geeigneter Strategien und Lösungsansätze sind der Schlüssel, um diese Herausforderungen erfolgreich zu meistern.

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1 Abrufbar unter https://www.brekoverband.de/site/assets/files/18892/gutachten_thm_nachhaltigkeit_zugangstechnologien.pdf (zuletzt am 24.1.2023).
2 Abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:bc4dcea4-9584-11ec-b4e4-01aa75ed71a1.0007.02/DOC_1&format=PDF.
3 BT-Drs. 20/6872, abrufbar unter: https://dserver.bundestag.de/btd/20/068/2006872.pdf; Beschlussfassung im Bundestag ist im Herbst 2023 erwartet.
4 Vgl. EuGH, Urteil vom 20.9.1988, Gebroeders Beentjes BV gegen Königreich der Niederlande, Rs. 31/87.
5 Abrufbar unter: https://www.aktiv-gegen-kinderarbeit.de/files/2011/02/D%C3%9CSSELDORF-VERGABEORDNUNG.pdf.



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