Stadtwerke und Elektromobilität – Geht da (endlich) was?

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​veröffentlicht am 1. Juni

 

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Die Elektromobilität boomt und das nicht erst seit gestern. Trotz der vorherrschenden Corona-Krise hat sich die Branche im vergangenen Jahr hervorragend entwickelt. Steigende Zulassungszahlen sind dabei nicht nur auf neue Modelle, die die Reichweitenproblematik vergessen machen, oder staatliche Subventionen zurückzuführen, sondern auch auf neue Player und neue Produkte, die die Branche beleben und Schwung in den Markt bringen. Für Stadtwerke stellt sich die Frage, ob und inwieweit sie an dem Markt partizipieren wollen bzw. können. Diese und weitere Fragen rund um das Produkt Elektromobilität für Stadtwerke sollen im folgenden Artikel untersucht und Rückschlüsse für die Zukunft der lokalen Energieversorger gestellt werden.


Elektromobilität – Wo wir aktuell stehen

 

Grafik zugelassene Elektrofahrzeuge Deutschland

Abbildung 1 Zugelassene batteriebetriebene Elektrofahrzeuge in Deutschland1

 

Mit über 190.000 Neuzulassungen reiner Batterieelektrofahrzeuge im Krisenjahr 2020 sind die Zahlen gegenüber dem Vorjahr um über 200 Prozent gestiegen.2 Dabei rückten neben der Klasse der Kleinwagen und der Kompaktklasse insbesondere Elektro-SUVs zunehmend in den Fokus der Käufer. Inzwischen bieten nahezu alle großen Automobilhersteller reine Elektrofahrzeuge in jeder Klasse an und konnten durch die Optimierung des Speichersystems die Reichweiten derart ausbauen, dass sich hieraus nur für die wenigsten Nutzer ein regelmäßiges Problem ergibt.


International haben sich bereits eine Vielzahl von Ländern zur Elektromobilität bekannt. Einige Fahrzeughersteller, darunter Audi und General Motors, sind dem gefolgt und haben den Ausstieg aus dem Geschäft mit Verbrennungsmotoren nach 2035 bekannt gegeben. Aus rein umwelttechnischer Betrachtung macht dieser Wandel durchaus Sinn, wie die neueste Publikation der University of Eindhoven aufzeigt. Demnach liegen die Emissionen von Elektroautos bei – einer Fahrdauer von 250.000 km, – CO2-Emissionen des eingesetzten Stroms in Höhe von 250 Gramm pro kWh und – Emissionen der Batterieherstellung in Höhe von 75 kg CO2 pro kWh, in allen betrachteten Kategorien unterhalb vergleichbarer Verbrenner.3 Setzt man zudem Strom aus regenerativen Quellen ein, verstärkt sich dieser Vorteil noch erheblich.


Während die Fahrzeughersteller einerseits in Bezug auf ihre Vertriebszahlen und andererseits in Bezug auf die Forderungen der Emissionsreduktion (Stichwort Flottenverbrauch) bestrebt sind, die Zahl der verkauften Elektrofahrzeuge in den kommenden Jahren hoch zu halten, kommt der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur dieser Entwicklung nicht hinterher.


Beim vieldiskutierten „Henne-Ei-Dilemma” der Elektromobilität liegt das Ei nun zunehmend im Bereich der Ladeinfrastruktur. Zum einen verläuft der Zuwachs der zugelassenen Fahrzeuge exponentiell, zum anderen entwickelt sich der Ausbau der öffentlichen Ladepunkte eher linear. Mit rund 34.000 öffentlichen Ladepunkten zu Beginn des Jahres 2021 entsprach das Verhältnis von zugelassenem Elektrofahrzeug zu öffentlicher Ladeinfrastruktur zwar noch dem langfristigen Ziel, könnte sich allerdings bei weiterhin schleppendem Zubau in naher Zukunft deutlich verschlechtern. Es ergibt sich somit der Bedarf, diese Lücke durch den geeigneten Einsatz von Ladeinfrastruktur, sei es im öffentlichen, gewerblichen oder privaten Bereich, zu decken.

 

Der Markt der Elektromobilität

Wie bereits im oberen Abschnitt erwähnt, finden sich im Markt der Elektromobilität und insbesondere im Umfeld der Ladeinfrastruktur eine Vielzahl neuer Player. Die Schnittmenge zwischen dem klassischen Bereich der Fahrzeugindustrie und der Stromversorgung ermöglicht es branchenfremden Akteuren am Markt zu partizipieren. Am Beispiel der Automobilhersteller, die mit der Vermarktung von Strom in das klassische Geschäft der Energieversorger einsteigen, lässt sich dies am einfachsten darstellen. Umgekehrt haben aber Energieversorger ebenso die Chance, durch den Strombedarf der Mobile neue Geschäftsfelder zu gewinnen. Unberührt davon versuchen innovative Start-ups genauso wie Ölkonzerne den Markt für sich zu erobern. Letztere besitzen dabei insbesondere aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten eine besondere Durchschlagskraft.


Nichtsdestotrotz bieten Stadtwerke als Ansprechpartner vor Ort und als vertrauter Partner entscheidende Vorteile gegenüber der übermächtig wirkenden Konkurrenz. Umfragen haben zudem gezeigt, dass eine Vielzahl der Bürger in erster Linie ihre Stadtwerke als Ansprechpartner rund um das Thema Elektromobilität betrachten. Eine Chance, die es zu nutzen gilt.

 

Business Case für Stadtwerke

Stadtwerke befinden sich aktuell noch in der komfortablen Situation, entscheiden zu können, ob sie am Markt Elektromobilität teilnehmen möchten oder nicht. Wenngleich die Zeit, aufgrund des zunehmenden Bedarfs und der vermehrten Konkurrenz zwar knapper wird, besteht weiterhin die Möglichkeit, durch die intelligente Vermarktung von Ladeinfrastruktur und gegebenenfalls weiterführender Dienstleistungen zusätzliche Gewinne zu erzielen. Bei der Entwicklung eines Produkts stellen sich dabei zunächst folgende wesentliche Fragen:

 

  • Welcher Markt soll bedient werden?
  • Öffentlich, Gewerbe/Immobilien oder privat?
  • Welche Fähigkeiten sind bereits im Unternehmen vorhanden?
  • Welche Wertschöpfungsstufen sollen abgedeckt werden?

Die Wertschöpfung gliedert sich dabei in folgende Teilbereiche:

 

Grafik Wertschöpfungskette

 

Dabei unterscheiden sich die Bedarfe je nach Marktsegment (öffentlich, Gewerbe/Immobilien, privat) deutlich voneinander. Während der private Bereich nur wenige Stufen, wie Beratung, Planung und Bereitstellung, abdeckt, können im öffentlichen Bereich, im Gewerbe sowie im Immobiliensegment weite Teile vermarktet werden. Die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit hat gezeigt, dass der Gewinn mit zunehmender Abdeckung der Wertschöpfungskette und somit der Komplexität steigt. Je nach vorhandenem Wissen und Auslastung der Mitarbeiter müssen für Teile Kooperationen und Partnerschaften mit externen Unternehmen eingegangen werden.

 

Während die ersten Stufen wie Beratung und Planung meist mit den Kompetenzen des Unternehmens abgedeckt werden können, erfordern insbesondere die softwareseitigen Stufen externes Wissen.  Grundsätzlich stehen hinsichtlich der Kooperationsmöglichkeiten 2 verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Zum einen können Stadtwerke in Eigenregie Verträge mit den nötigen Partnern schließen oder eine Vereinbarung mit einem Full Service Provider eingehen. Letztere erfordert zwar wenig Aufwand, senkt allerdings auch die Marge. Dem Endkunden kann so ein vollumfängliches Produkt aus einer Hand angeboten werden. Diese Bündelung von Wissen und Fähigkeiten rechtfertigt am Ende die Marge, die auf den Endkundenpreis aufgeschlagen wird.


Für die Stadtwerke ergeben sich daraus mehrere Vorteile. Zum einen können sie nach erfolgter  Produktdefinition die Kundenbedürfnisse und Ansprüche umfänglich abdecken und zum anderen kann das Produkt, nach erstmaliger Definition und nach Abschluss der nötigen Kooperationsvereinbarungen, für eine Vielzahl von Kunden ohne großen Mehraufwand bereitgestellt werden. Aufgrund der höheren Komplexität und der Vielzahl zusätzlicher rechtlicher Anforderungen empfiehlt es sich dabei zunächst den Fokus auf das Gewerbe- und Immobiliensegment anstelle des öffentlichen Sektors zu setzen. 

 

Grafik Kooperationsmöglichkeiten

 

 

Abbildung 3 Kooperationsmöglichkeiten 

 

 

Fazit

Es zeigt sich, dass Stadtwerke, trotz der hohen Konkurrenz, durchaus in der Lage sein können sich in dem Markt zu behaupten. Dabei gilt es Geschäftsmodelle zu entwickeln, die einen möglichst umfangreichen Teil der Kundenwünsche abdecken. Und somit die Stadtwerke bei allen Fragen der Elektromobilität (und letztendlich natürlich auch der Energieversorgung) beim Endkunden aktiv platzieren. Um dies zu  ermöglichen, sind Kooperationen mit externen Unternehmen erforderlich.


Langfristige Verträge und vereinbarte Abnahmemengen können zudem Kosten drücken und die Marge somit steigen lassen. Aufgrund des zeitlichen Drucks sollte die Entwicklung der Geschäftsmodelle möglichst frühzeitig umgesetzt werden. Dabei gilt es den Wandel in der Fahrzeugindustrie nicht nur als Chance zu erkennen, sondern auch als Risiko Stromkunden langfristig an neue Player zu verlieren. Bezüglich der langfristigen Strategieentwicklung zur Elektromobilität und des Aufbaus von gewinnbringenden Geschäftsmodellen beraten wir Sie gerne.

 

 

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1 Kraftfahrtbundesamt - Pressemitteilung Nr. 8/2021 - Der Fahrzeugbestand am 1. Januar 2021 10.5.2021.
2 Kraftfahrtbundesamt - Pressemitteilung Nr. 02/2021 - Fahrzeugzulassungen im Dezember 2020 – Jahresbilanz 10.5.2021

3 University of Eindhoven - Vergleich der lebenslangen Treibhausgasemissionen von Elektroautos mit den Emissionen von Fahrzeugen mit Benzin- oderDieselmotoren 10.5.2021

 

 

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