Soziales Engagement – Heute wichtiger denn je

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Antje Rempe kommentiert


Charkiw – die ehemalige ukrainische Hauptstadt nahe der Grenze zu Russland ist nach Kiew die zweitgrößte Stadt der Ukraine. In den vergangenen Monaten überschlugen sich die Meldungen um die Ereignisse in der Ukraine und insbesondere im Osten des Landes. Nürnbergs Partnerstadt Charkiw blieb bislang weitgehend von den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Aufständischen verschont. Das Leben in der „Frontstadt”, die in unmittelbarer Nähe zur russischen Grenze und dem umkämpften Gebiet liegt, ist jedoch angespannt.
 
Als stellvertretende Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Charkiw-Nürnberg e.V. reiste ich im September 2014 in die Ukraine, um Spenden zu überbringen, die Projekte vor Ort zu betreuen und mir einen Überblick über die aktuelle Situation in unserer Partnerstadt zu verschaffen. Charkiw zeigte sich friedlich und ruhig, im urbanen Zentrum gepflegt und lebendig. Doch der Strom von Flüchtlingen aus der ukrainisch-russischen Grenzregion Donbass reißt nicht ab und ist trotz eines enormen gesellschaftlichen Engagements für die Menschen in Charkiw kaum zu bewältigen. Zudem ist die Angst vor einer weiteren Destabilisierung der Lage, vor Krieg und russischer Besatzung nach wie vor groß. Der pro-ukrainische Patriotismus in Charkiw erstarkt derzeit beachtlich. 
 
Auch oder gerade in Zeiten politischer und wirtschaftlicher Unruhe ist es meiner Meinung nach umso wichtiger, Empathie und soziales Engagement zu zeigen. Humanitäre und karitative Unterstützung, wie z.B. die Finanzierung einer Armenküche und die Förderung bedürftiger Kinder, durch den Verein werden ergänzt von Projekten der Begegnung und des Austausches sowie der Vermittlung von Know-how, z.B. in Form von Sprachkursen, Vorträgen, kulturellen Veranstaltungen oder gemeinsamen Workshops für deutsche und ukrainische Jugendliche.
 
So ermöglichte bspw. eine Spende von Rödl & Partner die Verwirklichung des Projekts „Kriegsgewalt und Menschenrechte” mit Jugendlichen aus beiden Partnerstädten. Das Unternehmen mit seinem Stammhaus in Nürnberg verzichtete auf den Versand von Weihnachtskarten und spendete stattdessen 10.000 Euro für das Jugendprojekt des Partnerschaftsverein Charkiw-Nürnberg e.V. Nachdem im Jahr 2013 Jugendliche aus Nürnberg nach Charkiw gereist waren und dort gemeinsam mit Jugendlichen aus der Partnerstadt das Projekt starteten, waren in diesem Jahr nun 10 Charkiwer Schüler zu Gast in Nürnberg. Zusammen mit 13 Schülern des Sigmund-Schuckert-Gymnasiums begaben sie sich auf die Spuren des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs in Nürnberg und erstellten u.a. einen Blog, einen Film sowie eine Diashow. Eine Broschüre zum Projekt erscheint im Dezember. Für ihre herausragende Arbeit und die intensive Auseinandersetzung mit den Themen „Erinnerungskultur” und „Menschenrechte” erhielt die deutsch-ukrainische Schülergruppe den Hermann Kesten-Preis vom Verband der Schriftsteller Mittelfrankens. Aufgrund des Projekterfolgs wiederholt Rödl & Partner unter dem Motto „Spende statt Weihnachtskarten” die Aktion in diesem Jahr, um ein ähnliches Projekt auch im Jahr 2015 in Nürnberg zu ermöglichen.
 
Für die Jugendlichen und alle Beteiligten aus den Partnerstädten entstehen so einzigartige, unvergessliche Momente der Begegnung – nicht selten sogar langjährige Freundschaften, die die Partnerschaft auch im Kleinen lebendig halten. Angesichts der angespannten Situation in der Ukraine und unserer Partnerstadt Charkiw sind wir besonders glücklich darüber, die Menschen vor Ort so auch weiterhin unterstützen zu können. Denn sie erfahren auf diese Weise eine Solidarität, die ihnen im schwierigen Alltag in Charkiw eine Perspektive und neue Kraft geben kann – auch im Jahr 2015.
 

Antje Rempe / Partnerschaftsverein Charkiw-Nürnberg e.V.

Seit fast 25 Jahren pflegt Nürnberg eine lebendige Städtepartnerschaft mit der 1,5 Mio. Einwohner zählenden Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine. Anstoß für diesen Zusammenschluss war die Versöhnung und Annäherung nach dem Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Die Stadt wurde damals zu zwei Dritteln zerstört, 280.000 Menschen verloren in und um Charkiw ihr Leben. Nach der wiederholten Besetzung durch die deutschen Truppen wurde Charkiw schließlich am 23. August 1943 durch die Sowjetarmee befreit.
 
Um die persönliche Begegnung und interkulturelle Projekte zu fördern sowie Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, gründete sich im Jahr 1993 der Partnerschaftsverein Charkiw-Nürnberg e.V.
 
Seit 1995 ist Dr. Bernd Rödl Vorsitzender des Vereins, Antje Rempe ist stellvertretende Vorsitzende. Unlängst war sie in der Nürnberger Partnerstadt in der Ukraine zu Besuch, um sich persönlich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen.
 
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