BFH: Kein Abzug von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen

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In einem heute veröffentlichtem BFH-Urteil vom 1. Juli 2014 (Az. VIII R 53/12) hatte der BFH darüber zu entscheiden, ob Schuldzinsen, die nach dem Verkauf einer Beteiligung anfielen, als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind.
 
Der Kläger veräußerte steuerpflichtig im Jahr 2001 eine umfangreiche GmbH-Beteiligung. Der Veräußerungserlös reichte nicht aus, um die im Wege der Finanzierung der Beteiligung aufgenommenen Darlehen vollständig zu tilgen. Der Kläger musste nach Veräußerung der Beteiligung in den Folgejahren Schuldzinsen aus den Darlehen begleichen. Auch nach Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 machte der Kläger die gezahlten Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten geltend.
 
Das Finanzamt erkannte den Abzug dieser Werbungskosten nicht an, da mit Einführung der Abgeltungsteuer für nach dem 31. Dezember 2008 zugeflossene Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 9 EStG Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht mehr zu berücksichtigen sind. Es sei lediglich der Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 Euro bzw. bei zusammenveranlagten Ehegatten in Höhe von 1.602 Euro anzusetzen. Der Abzug von tatsächlichen Werbungskosten sei ausgeschlossen.
 
Nach erfolglosem Einspruch und Einreichung einer Klage entschied das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 14. November 2012 (Az. 2 K 3893/11 E), dass in dem Sachverhalt die Vorschrift § 20 Abs. 9 EStG nicht anwendbar sei und ein Abzug der nachträglichen Werbungskosten möglich sei. Die Regelungen des § 20 Abs. 9 EStG seien erstmals auf nach dem 31. Dezember 2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden. In diesem Fall konnten die Kapitalerträge nur bis zur Veräußerung im Jahr 2001 zufließen. Auf das Jahr des Abflusses von mit den Erträgen zusammenhängenden Aufwendungen komme es nach Auffassung des Finanzgerichtes nicht an. Daher sei die Vorschrift § 20 Abs. 9 EStG zeitlich nicht anwendbar und der Abzug der Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten im Jahr 2009 und ebenfalls in den Folgejahren anzuerkennen.
 
Der vom Finanzamt angerufene BFH fällte nun in dem heute veröffentlichten Urteil eine von der Vorinstanz abweichend Entscheidung:
 
Der BFH führt zunächst aus, dass das Gericht an der Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbotes von Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen keinen Zweifel hat. Es würde zwar durch das Abzugsverbot der Werbungskosten unter Umständen ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit möglich sein. Jedoch hat der Gesetzgeber mit dem Sparer-Pauschbetrag und der gleichzeitigen Einführung eines pauschalen Steuersatzes von 25 Prozent bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zugleich eine verfassungsrechtliche Typisierung der Werbungskosten und eine Entlastung der Steuerpflichtigen vorgenommen. Im Ergebnis sei das Abzugsverbot von Werbungskosten mit der Verfassung vereinbar.
 
Es bestehe nach Meinung des BFH für die nach der Veräußerung der Beteiligung im Jahr 2001 anfallenden Schuldzinsen grundsätzlich nach wie vor ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Beteiligung. Die Schuldzinsen stellen daher nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dar. Jedoch gelte entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf hier das Abzugsverbot von Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG.
 
Aus der Regelung, dass die Abgeltungsteuer erstmals auf nach dem 31. Dezember 2008 zugeflossenen Kapitalerträgen anwendbar ist, könne keine Verbindung hergestellt werden zu Fällen, in denen aufgrund der vorherigen Veräußerung keine Erträge mehr zufließen. Die zeitliche Anwendungsgrenze könne nicht auf den Abflusszeitpunkt von Aufwendungen übertragen werden.
 
Eine solch einschränkende Betrachtung rein auf den Zufluss von Kapitalerträgen erst nach dem 31. Dezember 2008 würde weder dem Wortlaut der Regelung noch den Besonderheiten der Abgeltungsteuer gerecht. Für Fälle, in denen nach dem 31. Dezember 2008 keine Kapitalerträge mehr zufließen, gäbe es keine Aussagen in der Regelung.
 
Daher gelte hier der Grundsatz des § 2 Abs. 2 EStG, wonach die Einkünfte aus Kapitalvermögen wie die anderen Überschusseinkünfte als Überschuss der Einnahmen über den Werbungskosten zu ermitteln ist. Allerdings wird bei Einkünften aus Kapitalvermögen der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten nach § 2 Abs. 2 EStG erstmals ab den Veranlagungszeitraum 2009 ausgeschlossen. In diesem Sachverhalt sei für den Ausschluss des Werbungskostenabzugs nicht der Zeitpunkt des Zuflusses von Kapitalerträgen maßgeblich. Vielmehr wären die Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten im Veranlagungszeitraum 2009 zu berücksichtigen und damit greife das Abzugsverbot gemäß § 2 Abs. 2EStG.
 
Daher schließe diese Regelung den Werbungskostenabzug für die vom Kläger geltend gemachten nachträglichen Schuldzinsen aus. Es können ab dem Veranlagungszeitraum 2009 keine (nachträglichen) Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden.

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Daniel Griep

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