Arbeitgeber unterschätzen die gesetzlichen Regelungen zu einer Massenentlassung

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Mit dem vorliegenden Artikel weisen wir auf das Rechtsinstitut der Massenentlassung hin, das durch Personalabteilungen von Unternehmen oft nicht beachtet wird. Massenentlassungen werden nicht nur durch das tschechische Recht, sondern auch das europäische Recht detailliert geregelt. ​
​Massenentlassungen bedeuten erhebliche administrative Hürden für Arbeitgeber. Gleichwohl treffen wir in unserer Praxis bei HR-Abteilungen unserer Mandanten oft auf Unverständnis, wenn wir bei der Erstellung von Unterlagen im Zuge einer Beendigung von Arbeitsverhältnissen einer größeren Anzahl an Arbeitnehmern (z.B. bei Aufhebung ganzer Abteilungen) auch Informationen zur Gesamtanzahl der Arbeitnehmer anfragen. Verwundert zeigen sich die Verantwortlichen oft auch ob der Frage, ob im Zusammenhang mit der Massenentlassung gegebenenfalls auch weitere Maßnahmen getroffen wurden, wie Lohnminderungen oder verkürzte Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern.

Diese unsere Neugier hat einen Grund: die Regelung einer Massenentlassung laut dem tschechischen Arbeitsgesetzbuch (§ 62 ff.). Der tschechische Gesetzgeber implementierte die entsprechende europäische Richtlinie in einer deutlich restriktiveren Form in das nationale Recht. Nach tschechischem Recht gilt als eine Massenentlassung die Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Laufe von 30 Kalendertagen auf Grundlage einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers (in der tschechischen Terminologie: „Kündigung aus organisatorischen Gründen”) [§ 52 lit. a) bis c)] von mindestens:

a) 10 Arbeitnehmern bei einem Arbeitgeber, der zwischen 20 und 100 Arbeitnehmer beschäftigt,
b) 10 % der Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber, der zwischen 101 und 300 Arbeitnehmer beschäftigt, oder
c) 30 Arbeitnehmern bei einem Arbeitgeber, der mehr als 300 Arbeitnehmer beschäftigt.
 
Endet unter den oben angeführten Bedingungen ein Arbeitsverhältnis aus sog. organisatorischen Gründen für mindestens 5 Arbeitnehmer, werden in die Gesamtzahl an Arbeitnehmern auch solche Arbeitnehmer einbezogen, mit denen der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in diesem Zeitraum aus denselben Gründen durch eine Vereinbarung beendete.
 
Die europäische Richtlinie verwendet – anders als der tschechische Gesetzgeber – nicht den Begriff Arbeitgeber, sondern Betriebe, der in der europäischen Rechtsprechung als eigenständige Einheit im Rahmen eines Arbeitgebers verstanden wird. Hätte der Gesetzgeber die Richtlinie wortwörtlich in das tschechische Recht übertragen, wären die Bedingungen einer Massenentlassung bei einer weitaus geringeren Anzahl an Fällen erfüllt, da ein Betrieb des Arbeitgebers die festgelegte Gesamtanzahl an beschäftigten oder zu entlassenden Arbeitnehmern oftmals nicht erreichen würde. Wenn z.B. ein Arbeitgeber zwei unabhängige Supermärkte mit 19 Arbeitnehmern betreibt und er einen davon schließt, sind gemäß tschechischem Recht die Bedingungen einer Massenentlassung (er entließ die Hälfte seiner Arbeitnehmer) erfüllt – nach europäischem Recht gälte dies jedoch nicht (vgl. Urteil des EuGH: C-80/14).
 
Die neueste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) führt aus, dass ein Arbeitgeber die Merkmale einer Massenentlassung noch eher erfüllen kann. Der EuGH ging nämlich von der Voraussetzung aus, dass auch eine Änderung der wesentlichen Erfordernisse des Arbeitsvertrages eines Arbeitnehmers aus Gründen, die nicht mit der Person dieses Arbeitnehmers zusammenhängen, unter den Begriff einer „Entlassung” fällt. Unter diese Definition kann also auch eine Lohnsenkung oder eine Verkürzung der Arbeitszeit fallen, wenngleich auch unter Heranziehung der Bestimmungen über die „Kurzarbeit” bei einer kurzzeitigen Einschränkung der Nachfrage nach den Erzeugnissen des Arbeitgebers in Einklang mit dem tschechischen Arbeitsgesetzbuch.
 
Eine begrüßenswerte Änderung ist in dieser Hinsicht der Entwurf einer Novelle des tschechischen Arbeitsgesetzbuches, die neu die Regel eines „in Teile aufgeteilten Arbeitgebers” einführt, mit der die tschechische Regelung grundsätzlich mit der europäischen Regelung in Einklang gebracht wird.

Wie wir oben angeführt haben, sind mit dem Institut der Massenentlassung erhebliche bürokratische Hürden verbunden.
 
In unserer Praxis empfehlen wir daher unseren Mandanten vorab jedwede tieferen Einschnitte in die Arbeitnehmerstruktur ihrer Unternehmen mit Rechtsanwälten zu besprechen. Der Arbeitgeber kann so erhöhte Kosten und Risiken in Verbindung mit einer Massenentlassung vermeiden. Falls der Arbeitgeber unüberlegt handelt und er die gesetzlichen Anforderungen einer Massenentlassung vernachlässigt, kann es passieren, dass sich die Kündigungsfrist und selbstverständlich das Arbeitsverhältnis der jeweiligen Arbeitnehmer verlängert – Arbeitsverhältnisse enden frühestens 30 Tage nach der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen.

Kontakt

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JUDr. Thomas Britz

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

Associate Partner

+420 236 1637 70

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