Öffentliche Beteiligungen und der kommunale Gesamtabschluss

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Der kommunale Gesamtabschluss kann für die in den Konsolidierungskreis einbezogenen Tochterunternehmen einen erheblichen Arbeitsaufwand verursachen. Das Tochterunternehmen muss der Kommune als Konzernmutter mitunter tiefe Einblicke in das Unternehmen gewähren.

Die öffentlichen Beteiligungen der Kommune müssen damit rechnen, dass sie in erheblichem Umfang einen Beitrag zur Aufstellung des kommunalen Gesamtabschlusses leisten müssen. Weiterhin erhält die Kommune mitunter tiefe Einblicke in die Unternehmen.
 
 

Was haben die öffentlichen Beteiligungen mit dem Gesamtabschluss zu tun?

Das Thema Gesamtabschluss entwickelt in den einzelnen Bundesländern nach und nach immer mehr Relevanz. So ist z. B. in Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2010, in Niedersachsen für das Haushaltsjahr 2012 und in Hessen für das Haushaltsjahr 2015 erstmals ein Gesamtabschluss von den Kommunen aufzustellen. In Nordrhein-Westfalen sind erhebliche Rückstände festzustellen, sodass dort mittlerweile Erleichterungen hinsichtlich der Prüfung der Gesamtabschlüsse für die Jahre 2011 bis 2014 eingeräumt wurden.
 
Grundsätzlich könnte man die Frage stellen, was die öffentlichen Beteiligungen der Kommune damit zu tun haben; schließlich handelt es sich um eine Pflicht der Kommunen, die sich aus den länderspezifischen Rechtsvorschriften ergibt. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Gesamtabschluss grundsätzlich mit dem handelsrechtlichen Konzernabschluss vergleichbar ist, wird schnell deutlich, dass die Aufstellung des Gesamtabschlusses ohne eine umfassende Mitarbeit der öffentlichen Unternehmen, an denen die Kommune beteiligt ist, gar nicht möglich ist. Schließlich müssen die Vermögensgegenstände, Schulden, Aufwendungen und Erträge der Tochterunternehmen, nach den für die Kommune geltenden Vorschriften gegliedert und bewertet, in den Gesamtabschluss aufgenommen werden.
 
Das führt mitunter dazu, dass der Gesamtabschluss der Kommune mit nicht unerheblichem Aufwand für die kommunalen öffentlichen Unternehmen verbunden ist und darüber hinaus der Kommune als „Konzernmutter” Einblicke in das Unternehmen zu gewähren sind, die vor Bestehen dieser Aufgabe in dieser Tiefe möglicherweise nicht vorhanden waren.
 

Die Grundlagen des Gesamtabschlusses

Die Grundlagen des kommunalen Gesamtabschlusses richten sich nach den Gemeindeordnungen bzw. Kommunalverfassungen der Länder (je nachdem, wie sie bezeichnet worden sind) und den hierzu erlassenen Gemeindehaushaltsverordnungen. Grundsätzlich gilt eine Aufstellungspflicht für den Gesamtabschluss, wenn mindestens ein Tochterunternehmen vorhanden ist und dieses für die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kommune nicht von untergeordneter Bedeutung ist, wobei die Definition der untergeordneten Bedeutung häufig nur aus den zum Gesamtabschluss von den zuständigen Ministerien zur Verfügung gestellten Arbeitshilfen ableitbar ist. Aus Sicht des Beteiligungsunternehmens der Kommune ist von erheblicher Bedeutung, ob eine Einbeziehung als Tochterunternehmen und damit eine Konsolidierung durchzuführen ist, oder ob nur eine sogenannte At-Equity-Bewertung für den Beteiligungsansatz in der Konzernbilanz vorzunehmen ist. Bei letzterer wird dieser lediglich entsprechend der Entwicklung des anteiligen Eigenkapitals fortgeschrieben.
 
Voraussetzung für das Vorliegen eines Tochterunternehmens ist, dass die Kommune unmittelbar oder mittelbar über ein anderes Tochterunternehmen Beherrschung an dem Beteiligungsunternehmen hat. Dies ist in der Regel dann anzunehmen, wenn die Kommune unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter innehat. Eine At-Equity-Bewertung ist bei solchen Beteiligungsunternehmen durchzuführen, bei denen die Kommune oder ein Tochterunternehmen der Kommune maßgeblichen Einfluss hat. Dieser wird grundsätzlich dann vermutet, wenn der Anteil an den Stimmrechten der Gesellschafter sich auf mehr als 20 Prozent und bis zu 50 Prozent beläuft. Die Unterscheidung der Art der Einbeziehung (Konsolidierung oder At-Equity-Bewertung) hat wesentliche Auswirkungen auf den Umfang der Zuarbeit des Beteiligungsunternehmens zum Gesamtabschluss. Folglich ist es für das Beteiligungsunternehmen wichtig zu wissen, ob es Tochterunternehmen oder „nur” Unternehmen unter maßgeblichem Einfluss der Kommune ist und ob es für den Gesamtabschluss wesentlich ist, d.h. ob es als Tochterunternehmen in den Konsolidierungskreis einbezogen wird, für die Beteiligung im Konzernabschluss lediglich eine At-Equity-Bewertung vorgenommen wird, oder aber (insbesondere bei Unwesentlichkeit und Verzicht auf Einbeziehung in den Gesamtabschluss) gar nichts veranlasst ist.
 
Den länderspezifischen Regelungen ist in der Regel gemein, dass der Gesamtabschluss grundsätzlich aus der Gesamtbilanz, der Gesamtergebnisrechnung, Anhang und Lagebericht bzw. Konsolidierungsbericht mit vergleichbarer Funktion besteht. Je nach den bundeslandspezifischen Regelungen sind noch Anlagenübersicht, Forderungsübersicht, Verbindlichkeitenübersicht und Kapitalflussrechnung hinzuzufügen.
 
Die Aufstellung des Gesamtabschlusses erfolgt technisch in der Weise, dass die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der (in den Konsolidierungskreis einbezogenen) Tochterunternehmen zunächst nach den für die kommunale Konzernmutter geltenden Vorschriften zu gliedern sind, ggf. (je nach bundeslandspezifischer Regelung) Bilanzierungs- und Bewertungsanpassungen vorzunehmen sind und die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen sodann zu einer Summenbilanz bzw. Summen-GuV zusammenzufassen sind. Anschließend erfolgen die Kapitalkonsolidierung, die Schuldenkonsolidierung, die Aufwands- und Ertragskonsolidierung und ggf. die (im kommunalen Bereich eher seltene) Zwischengewinneliminierung.
 
Bei der Kapitalkonsolidierung wird der beim „Mutterunternehmen” ausgewiesene Beteiligungsbuchwert des „Mutterunternehmens” mit dem Eigenkapital des Tochterunternehmens aufgerechnet. Konsolidierungstechnisch ist dies unproblematisch, es ergibt sich entweder ein aktiver oder passiver Unterschiedsbetrag, für deren Behandlung die üblichen Regelungen vorhanden sind. Schwieriger sind in diesem Zusammenhang die Schuldenkonsolidierung und die Aufwands- und Ertragskonsolidierung. Diese setzen grundsätzlich voraus, dass sich Forderungen und Verbindlichkeiten, Aufwendungen und Erträge im Wesentlichen aufrechenbar gegenüberstehen, was häufig nicht der Fall ist.
 

Länderspezifische Regelungen und deren Auswirkungen

Erstaunlich ist, welch unterschiedliche Regelungen die Länder zum Gesamtabschluss getroffen haben. So unterscheidet sich z.B. ein Gesamtabschluss in Nordrhein-Westfalen fundamental von einem Gesamtabschluss in Schleswig-Holstein. In Nordrhein-Westfalen waren im Rahmen der kommunalen Eröffnungsbilanz die Beteiligungen bei Ertragszielorientierung nach dem Ertragswertverfahren und bei Sachzielorientierung nach dem Substanzwertverfahren zu bewerten. Das führt bei der Erstkapitalkonsolidierung häufig zu sehr hohen aktiven Unterschiedsbeträgen, weil der ausgebuchte Beteiligungsbuchwert bei der Mutter wesentlich höher ist als das eingebuchte Nettovermögen. Folglich muss man sich Gedanken darüber machen, ob und inwieweit stille Reserven in den Vermögensgegenständen vorhanden sind. Das wiederum stellt sich häufig als eine Frage heraus, die aus verständlichen Gründen nicht so gerne von den Geschäftsführungen der Tochterunternehmen beantwortet wird, schließlich gewährt dies einen aufschlussreichen Einblick in das tatsächlich vorhandene Vermögen, kann Begehrlichkeiten wecken und ist letztendlich auch eine Frage, bei der erhebliche Unsicherheit und wesentlicher Ermessenspielraum bestehen. Weiterhin sind in Nordrhein-Westfalen in der Regel Bewertungsanpassungen vorzunehmen, häufig bei den Pensionsrückstellungen, den sonstigen Rückstellungen und den Sonderposten. Darüber hinaus ist in NRW eine Kapitalflussrechnung aufzustellen, die mitunter erheblichen Arbeitsaufwand verursachen kann.
 
Nichts dergleichen dagegen in Schleswig-Holstein: Als Wert der Beteiligung in der kommunalen Eröffnungsbilanz konnte das anteilige Eigenkapital angesetzt werden, was in aller Regel zu überschaubaren Unterschiedsbeträgen in der Kapitalkonsolidierung führt. Ferner sind die Vermögensgegenstände und Schulden im Gesamtabschluss mit den Buchwerten aus den Jahresabschlüssen anzusetzen. Das heißt im Klartext: Keine Hebung stiller Reserven und keine Bewertungsanpassungen. Weiterhin ist keine Kapitalflussrechnung aufzustellen. Dies führt zu einer praktikableren Handhabung im Vergleich zum nordrhein-westfälischen Gesamtabschluss. Es stellt sich dann nur die Frage, inwieweit die Gesamtabschlüsse aus den unterschiedlichen Bundesländern vergleichbar sein sollen.
 

Wann sind öffentliche Beteiligungen betroffen und was sind die Konsequenzen

Grundsätzlich sind also öffentliche Beteiligungen betroffen, die wesentliche Tochterunternehmen der Kommune sind.
 
Für diese gilt es, die handelsrechtlichen Zahlen an das jeweilige Bilanzschema nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften der Kommune anzupassen und die Konten entsprechend zuzuordnen. Unabhängig von der Frage, ob man sich Gedanken über stille Reserven und/oder Bewertungsanpassungen machen muss, kommt als wesentliche Aufgabe die Abstimmung der Forderungen, Verbindlichkeiten, Aufwendungen und Erträge mit der Kommune und den übrigen Tochterunternehmen des Konsolidierungskreises auf diese Unternehmen zu.
 
Hier ergeben sich häufig Schwierigkeiten. Bei sogenannten echten Aufrechnungsdifferenzen, wie z.B. der Gewerbesteuer, bei der die Geschäftsvorfälle nach HGB und kommunalen Rechtsvorschriften zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu erfassen sind, kann man sich in der Regel mit vergleichsweise einfachen Bewertungsanpassungen oder schlichtweg mit dem Argument der untergeordneten Bedeutung behelfen.
 
Anders sieht das bei unechten Differenzen, elegant auch „zeitliche Buchungsunterschiede” genannt, aus. Hier hat eine Konsolidierungseinheit den betreffenden Geschäftsvorfall schlichtweg in die falsche Periode gebucht. Das sollte nach Möglichkeit nicht häufig vorkommen. Abhilfe schafft hier eine regelmäßige routinemäßige Abstimmung zwischen den Unternehmen des Konsolidierungskreises. Eine besondere Herausforderung stellen mitunter auch Energielieferungen der Stadtwerke an die anderen Konsolidierungseinheiten dar, weil die Geschäftsvorfälle häufig nicht nach rechtlichen Einheiten, sondern nach Abnahmestellen erfasst werden. In solchen Fällen hilft in der Regel, von den Aufwendungen der leistungsempfangenden Konsolidierungseinheiten auszugehen und ggf. die Umsatzsteuer vor der Aufwands- und Ertragskonsolidierung herauszurechnen.
 
Insgesamt lässt sich feststellen, dass häufig innerkonzernliche Leistungsbeziehungen in erheblichem Umfang bestehen und somit ein nicht unwesentlicher Aufwand bei der Identifizierung und Abstimmung dieser Geschäftsvorfälle entsteht.
 
Letztendlich bedarf die Aufstellung des Gesamtabschlusses einer laufenden Kommunikation, insbesondere zwischen der Kommune als Konzernmutter und ihren Tochterunternehmen, aber auch zwischen den Tochterunternehmen.
 
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in aller Regel in der Kommune eine Gesamtabschlussrichtlinie oder aber eine Dienstanweisung zum Gesamtabschluss vorhanden ist, in der Informationen hinsichtlich der geltenden gesetzlichen Grundlagen, des Konsolidierungskreises, der Vorgehensweise bei der Aufstellung des Gesamtabschlusses, der Zuständigkeiten und Termine geregelt sein können. Insoweit ist ein solches Dokument für die Mitarbeiter in den öffentlichen Beteiligungen, die sich mit dem Thema Gesamtabschluss auseinanderzusetzen haben, sicherlich hilfreich.
 

Beteiligungssteuerung

Für die Kommune als Konzernmutter können sich ganz neue Perspektiven im Hinblick auf eine Beteiligungssteuerung ergeben. So sind, insbesondere bei Einsatz einer entsprechenden Konsolidierungssoftware, die wesentlichen Zahlen zu den Tochterunternehmen, einschließlich wesentlicher Kennzahlen, auf Knopfdruck verfügbar. Das ist für die Kommune komfortabel, für die Tochterunternehmen möglicherweise ein wenig „gewöhnungsbedürftig“. Weiterhin erhält die Kommune einen Überblick darüber, welche Leistungsbeziehungen zwischen den Tochterunternehmen bestehen. Mit Blick in die Zukunft ist festzustellen, dass den Kommunen ggf. auch ein zeitnaher Einblick in die Entwicklung ihrer Tochterunternehmen möglich wird. So ist denkbar, dass z. B. quartalsweise Zwischenabschlüsse erstellt werden können, wenn die entsprechende Datenbasis vorhanden ist.
 

Fazit

Als Fazit ist festzustellen, dass der kommunale Gesamtabschluss für die in den Konsolidierungskreis einbezogenen Tochterunternehmen einen erheblichen Arbeitsaufwand verursachen kann, das Tochterunternehmen der Kommune als Konzernmutter mitunter tiefe Einblicke in das Unternehmen gewähren muss und ein erhebliches Maß an Kommunikation erforderlich ist. Deshalb sollten frühzeitig die technischen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden, um eine schnelle und effiziente Erstellung des Gesamtabschlusses zu ermöglichen.
 
zuletzt aktualisiert am 28.10.2015

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Oliver Quost

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