Pflegepersonalkosten – Die praktische und wirtschaftliche Vorbereitung auf die Ausgliederung

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veröffentlicht am 10. Dezember 2019, Autoren: Tim Schilling, Daniel Finsterer

 

 

Eines der Topthemen der letzten Monate im Bereich der Krankenhauswirtschaft ist das Pflegebudget 2020. Mittlerweile dürfe es jedem bekannt sein, dass die Paradigmen einem Wechsel unterzogen und die Karten neu gemischt werden. Plankrankenhäuser stehen unter massivem Handlungsdruck den neuen Berechnungsgrundlagen personell und wirtschaftlich gerecht zu werden, um auch zukünftig erfolgreich sein zu können.


Eine kurze Zusammenfassung: Ab dem Budgetjahr 2020 wird der Pflegekostenanteil für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen aus der DRG-Fallpauschale ausgegliedert und unabhängig von der Fallpauschale vergütet. Grundsätzlich folgt die Bewertung des Pflegeentgeltwertes einer ähnlichen Systematik. Es wird zukünftig einen Pflegeentgeltkatalog geben, der pro stationärer Fallpauschale eine Bewertungsrelation nur für die Pflege ausweist. Diese Pflegebewertungsrelation wird, um das gültige Pflegebudget der DRG zu berechnen, mit der Anzahl der Belegungstage multipliziert.

 

Grundsätzlich gilt jedoch, wie bereits bei dem stationären Leistungsbudget, dass zuerst eine Verhandlung notwendig ist, bevor sachgerecht vergütet werden kann. Um den Zeitraum bis zu einer erfolgreichen Pflegebudgetverhandlung zu überbrücken, wird die Pflege pro Behandlungstag mit einem gesetzlich geregelten Pauschalbetrag vergütet. Das folgende Beispiel erläutert vereinfacht die Ausgliederung der Pflegeanteile aus den DRG, um die wirtschaftlichen Auswirkungen bewerten zu können:


Patient Max Mustermann unterzieht sich einer stationären Behandlung im Muster-Krankenhaus und bleibt aufgrund seiner Schmerzen im Unterbauch und der vorherrschenden Co-Morbiditäten 5 Tage in stationärer Behandlung. Nach der DRG-Systematik des Kataloges 2019 wird diese Leistung fiktiv mit der DRG 1234, der eine Bewertungsrelation von 1,000 hinterlegt ist, vergütet. Unter der Zuhilfenahme eines fiktiven Landesbasisfallwerts in Höhe von 3.500 Euro entspräche die Behandlung in diesem Beispiel einem stationären Erlös von 3.500 Euro. Bei einem durchschnittlichen Pflegekostenanteil von ca. 20 Prozent entspräche es einem Erlös zur Refinanzierung der Pflegekosten von 700 Euro.


Nach dem neuen Fallpauschalenkatalog werden die DRG um diesen Pflegeanteil gemindert, damit der Pflegeanteil über eine tagesbezogene separierte Bewertungsrelation und eine Tagespauschale, die mit den Kostenträgern verhandelt werden muss, zukünftig vergütet wird.


In Bezug auf die Ausgliederung der Personalkosten aus der DRG-Fallpauschale, ist die derzeitige Situation von Kliniken für den weiteren Verlauf relevant. Die aktuelle Differenz zwischen der Personalausstattung und dem durch die InEK kalkulierten Pauschalbetrag wird sich in Zukunft angleichen. Um zukunftssicher Ihre derzeitige Personalstruktur bewerten zu können und für die bevorstehenden Pflegebudgetverhandlungen gut vorbereitet zu sein, sollten Sie sich 6 grundsätzliche Fragen stellen und beantworten können:

 

1. KÖNNEN SIE IHRE PFLEGEKOSTEN KLAR ABGRENZEN?

Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen werden ab dem Jahr 2020 in voller Höhe und ohne Überprüfung der Wirtschaftlichkeit erstattet. Deshalb ist es wichtig, dass die Kosten vollumfänglich und klar nachgewiesen beziffert werden können.

 

2. IST IHR PFLEGEPERSONAL VERURSACHUNGSGERECHT ZUGEORDNET?

Ausschließlich die Pflege am Bett wird nach dem Pflegeerlöskatalog vergütet. Der Kostensplit muss nach Qualifikation der Mitarbeiter gewährleistet sein, um eine Zuordnung grundsätzlich möglich zu machen. Dabei tritt häufig die Problematik auf, dass nicht umfassend bekannt ist, welche Fachkräfte tatsächlich in der Pflege am Bett arbeiten und wie bei besonderen Fällen die Abgrenzung erfolgen soll.


3. KENNEN SIE IHREN PFLEGEANTEIL PRO DRG?

Im G-DRG-Katalog ist der Anteil der Pflegekosten nicht unmittelbar als konkrete Zahl beziffert. Durch die aG-DRG fallen wesentliche Anteile der Vergütung weg. Nur wer das Delta kennt, kann Auswirkungen und Ausgangsbasis für die Verhandlungen kalkulieren.


4. REICHT IHNEN DER GESETZLICH FESTGELEGTE PAUSCHALBETRAG ZUR VERGÜTUNG DER PFLEGE?

Gerade Häuser, die in der Vergangenheit sehr wirtschaftlich gearbeitet haben, bekommen über das Pflegebudget möglicherweise weniger Kosten finanziert als bisher. Dies kann nachhaltig zu nicht ausreichenden Erträgen führen.

 

5. SIND IHRE PERSONELLEN RESSOURCEN AUSREICHEND, UM DAS PFLEGEBUDGET ZU ERMITTELN?

Die Ermittlung des Pflegebudgets und der Pflegepersonalkosten erfordert umfassende Kenntnisse, tiefgreifende Analysen sowie übergreifendes Zusammenwirken von Pflegedienstleitung, Controlling und Geschäftsführung. Diese zeitintensive Herausforderung gilt es – parallel zum Tagesgeschäft – zu bewältigen.


6. WIE WIRKT SICH DAS ZUKÜNFTIGE PFLEGEBUDGET AUF IHRE LIQUIDITÄT AUS?

Solange die Verhandlungen für das Pflegebudget nicht abgeschlossen sind, wird für die Abrechnung ein festgelegter Pauschalbetrag vergütet. Wenn die tatsächlichen Pflegekosten pro Tag höher sind als der Pauschalbetrag, kann das ein Liquiditätsrisiko darstellen.

 

WIE LÄSST SICH EINE MÖGLICHE LÜCKE SCHLIESSEN?

Eine der ersten Prämissen ist es, die Kosten für die Pflege am Bett klar nach KHBV und den Dienstarten zu trennen, lediglich die Dienstart 01 wird durch das zukünftige Pflegebudget refinanziert werden. Somit ist es von großer Relevanz, nach gültigen Stellenplänen die einzelnen Mitarbeiter ihrer Tätigkeit zuzuordnen, damit jede erfassbare Tätigkeit in Bezug auf die Pflege am Bett dokumentiert werden kann. Im Rahmen der Ermittlung der Pflegepersonalkosten sind zudem die Aufwendungen für Leiharbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerüberlassung gesondert zu ermitteln und aufzuteilen. Eine Refinanzierung erfolgt nur in Höhe des Tariflohns, darüber hinausgehende Kosten werden durch die Kostenträger nicht refinanziert.


Darauf aufbauend können nicht über das Pflegebudget vergütete Leistungsbereiche, wie beispielsweise Funktionseinheiten separiert werden. Denn es gilt eine nachweisbare Nutzung der zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel für die Pflege niederzulegen. Nicht zweckentsprechend verwendete Mittel müssen laut aktueller Gesetzeslage an die Kostenträger rückgeführt werden.


Dennoch fällt es Kliniken schwer, sich mit anderen Einheiten zu benchmarken und Vergleichsgrößen zu nutzen, da in der Regel die Pflegeintensität und Struktur der einzelnen Fachbereiche variiert und somit keine hundertprozentige Übereinstimmung geschaffen werden kann. Demnach muss eine vergleichbare Einheit virtuell erstellt werden, um detailgetreu einzelne Bereiche zu vergleichen.

 

Kontakt

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Daniel Finsterer

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, IT-Auditor IDW

Partner

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